Economy | Handelsbereich

Neue Zuständigkeiten für das Land?

Die Note von Kompatscher und Rossi an Gentiloni und an Dellai für eine Durchführungsbestimmung im Bereich Handel findet unsere volle Unterstützung.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Fabio Petrini

Die Liberalisierung des Handelssektors durch die Regierung Monti wurde von der Gewerkschaft stets mit Misstrauen betrachtet, insbesondere jene im Bereich der Öffnungszeiten der Geschäfte. Wir haben immer wieder eine regionale Regelung gefordert, da es in diesem Bereich aufgrund von Traditionen, bestehenden Strukturen und kulturellen Gegebenheiten regionale Unterschiede gibt. Leider hat das Verfassungsgericht einige entsprechende Bestimmungen anderer Regionen aufgrund von Kompetenzüberschreitung für nichtig erklärt, was auch den lokalen Gesetzgeber zu mehr Vorsicht veranlasst hat.

Es geht nicht um eine ideologische Auseinandersetzung, sondern um grundlegende Entscheidungen, die das Leben und die Gewohnheiten vieler Menschen betreffen. Dabei sind auch wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen, allen voran die strukturellen Veränderungen der Handelsstruktur.

Die gesellschaftlichen Auswirkungen liberalisierter Öffnungszeiten, sind nicht kurzfristig ersichtlich, aber Ruhezeiten gehören ebenso zur Lebensqualität, wie die Möglichkeit, Einkäufe zu tätigen. Dies gilt vor allem für jene Angestellten, die in der heutigen 24-Stunden-Gesellschaft Auswirkungen auf ihr familiäres und soziales Umfeld in Kauf nehmen müssen. Sonntagsarbeit wirkt sich besonders auf den Familien- und Freundesbereich negativ aus. Der freie Sonntag ist eine Errungenschaft der Arbeiterbewegung und darf nicht einfach aufgrund fraglicher wirtschaftlicher Interessen aufgegeben werden.  

Die Regierung Monti wollte mit der Liberalisierung das Brutto-Inlandsprodukt steigern. Durch eine Art neuen Konsumrausch sollte die Wirtschaft angekurbelt werden. Ob dies gelungen ist, kann jeder für sich selbst entscheiden. Eines ist allerdings sicher: das Konsumverhalten hängt direkt mit der Kaufkraft der Familien zusammen und diese stagniert seit geraumer Zeit. In einigen Bereichen, wie im öffentlichen Dienst, ist sie aufgrund der fehlenden Erneuerung der Kollektivverträge sogar gesunken. Der Konsum wird nicht nur durch das Angebot allein beeinflusst. Es braucht auch eine angemessene Nachfrage, die hauptsächlich von der Brieftasche des Einzelnen abhängt.  

Auch kann man durch längere Öffnungszeiten dem Online-Handel sicherlich nicht die Stirn bieten und einige Handelsketten haben dies rechtzeitig erkannt. Die Möglichkeit, von zu Hause vom Computer aus Einkäufe zu erledigen und die Möglichkeit, in Echtzeit Vergleiche über die günstigsten Angebote anzustellen, sind die wichtigsten Argumente für das Wachstum in diesem Bereich. Die Sonntagsöffnung hat in dieser vernetzen und globalen Welt wenig Einfluss auf den Umsatz dieser Unternehmen.

Die Nahversorgung spielt in unseren alpinen Regionen eine noch wichtigere Rolle. Um die Abwanderungstendenzen zu bremsen, braucht es auch im Handel geeignete Maßnahmen. Kein Familienbetrieb, insbesondere in der Peripherie, kann mit den großen nationalen und internationalen Ketten mithalten, die über konkurrenzlose Verkaufsflächen, Parkplätze und Öffnungszeiten verfügen. In Deutschland, wo diese Entwicklung seit Jahren im Gange ist, gibt es manchmal im Umkreis von vielen Kilometern kein Geschäft mehr. Eine solche Entwicklung gilt es zu verhindern. Wer am Sonntag im Supermarkt einkauft, verschiebt die Kaufkraft zugunsten der Großanbieter, was auch deren Umsatz an diesen Tagen erklärt. Auch dürfte es Amazon u.a. kaum interessieren, in jene Bereiche einzusteigen, die heute durch eine gute Nahversorgung garantiert werden.

Ob das Land nun die Möglichkeit bekommt, diesen Bereich zu regeln, ist natürlich offen, geht es doch um das Thema Konkurrenz, das dem Staat vorbehalten ist. Wir allerdings hoffen, dass sich  endlich etwas bewegt und wir werden sicherlich unseren Beitrag leisten um Lösungen zu finden, die einen annehmbaren Kompromiss für die Familien, die Betriebe und den Kunden darstellen.