Zukünftige Garantierente ist notwendig
Aus dem Jahresbericht 2021 des INPS kann man diesbezüglich einige interessante Daten herauslesen.
Dabei geht es sowohl um die bestehenden Renten, als auch um das Armutsrisiko der zukünftigen Rentner. Laut dem Bericht ist der Anteil der „armen Rentner“ auf alle Fälle relativ hoch ist. Dies gilt, auch wenn man die verschiedenen Leistungen zusammenrechnet, die ein und dieselbe Person erhält. So liegt der Anteil der Rentnerinnen und Rentner mit einem Bruttorenteneinkommen von weniger als 10.000 Euro pro Jahr 2021 bei ca. 20 Prozent. Auch sind die Unterschiede zwischen den Renteneinkommen beträchtlich und diese Ungleichheit nimmt weiter zu.
Bei der aktuellen Inflation, die in Bozen bei 10 % angelangt ist, gilt es, die Kaufkraft der Renten schnellstens an die Preissteigerungen anzupassen.
Dies dürfte allerdings erhebliche Kosten mit sich bringen. Diese Mittel müssen vorrangig zur Verfügung gestellt werden. Daher kann man die von Berlusconi versprochene Mindestrente von 1.000 Euro wohl kommentarlos archivieren. Dieses Vorhaben ist nicht finanzierbar, denn es ist völlig unklar, wo man die benötigten 30 Milliarden auftreiben könnte. Dabei möchten wir das Problem der niedrigen Renten keineswegs ausblenden.
Wenn man bedenkt, dass die Leistungen selbst für diejenigen, die eine lohnabhängige oder gemischte Rente erhalten, eher bescheiden sind, dürfte es für die künftigen Rentner kritisch werden. Bei den heutigen Rentnern spielten normalerweise die Beitragsjahre eine entscheidende Rolle, da als Berechnungsgrundlage nur der durchschnittliche Lohn in den letzten Arbeitsjahren dient. Somit hatte ein geringer Lohn beim Eintritt in die Arbeitswelt kaum Einfluss auf die Höhe der Rente.
Im beitragsbezogenen System werden niedrige Renten allerdings nicht nur von den fehlenden Arbeitsjahren abhängen. Beitragslücken, niedrige Löhne, prekäre Arbeit sind zumindest ebenso entscheidende Faktoren für das Ausmaß der Rente.
Im Bericht des INPS gibt es interessante Projektionen, wie sich das Kapital aus den Sozialabgaben im Laufe der Jahre, besonders von jenen mit vielen Unterbrechungen ihrer beruflichen Laufbahn, entwickelt. Gemeinsam mit den Lebensjahren ist diese Summe mit den notwendigen Anpassungen die Berechnungsgrundlage für die zukünftige Rente.
Dabei sind die Perspektiven alles andere als rosig. Die Daten des INPS belegen eindeutig, was wir seit Jahren ankreiden: es besteht ein hohes Risiko für sehr niedrige Renten für diejenigen, die größtenteils oder vollständig der Beitragsregelung unterworfen sind und eine ungünstige berufliche Laufbahn aufweisen. Dies ist bei den jüngeren Generationen und den Frauen leider zunehmend der Fall. Daher richtet die Rentnergewerkschaft die Aufmerksamkeit nicht nur auf die aktuellen Renten, sondern vermehrt auch auf die künftigen.
Die Forderung der Gewerkschaften, Maßnahmen zum Schutz jener einzuführen, die aufgrund einer größeren Instabilität der Beschäftigung und eines geringen Lohns Gefahr laufen, als ältere Menschen in wirtschaftliche Not zu geraten, geht in diese Richtung. Nur auf ein langes Arbeitsleben zurückblicken zu können, ist in Zukunft keinesfalls eine Garantie für die Rente.
Nur sichere und anständig bezahlte Arbeitsplätze garantieren einen angemessenen Lebensstandard im Laufe des gesamten Lebens. Hier ist in erster Linie der Gesetzgeber gefordert, die prekären Arbeitsformen auf dem Arbeitsmarkt neu zu regeln und nur dort zuzulassen, wo sie unabdingbar sind, wie bei den saisonalen Arbeiten oder als Ersatz für eine zeitlich begrenzte Abwesenheit des/der Inhabers/in.
Ein Mindeststundenlohn könnte unter bestimmten Voraussetzungen besonders die jüngere Generation und die Frauen begünstigen. Dabei braucht es eine Synergie zwischen den Kollektivverträgen und dem Mindestlohn, um nicht die Vertragstätigkeit zwischen den Sozialpartnern auszuhebeln.
Dies sollte sowohl bei der Höhe des Lohns als auch bei den wichtigsten Arbeitnehmerrechten gelten. Rentenmäßig würde dies aber oftmals trotzdem nicht ausreichen, weil ein Mindestlohn kaum einen Einfluss auf die Arbeitszeit und den Beitragsjahren hätte. Bereits heute haben viele Frauen niedrige Renten, weil sie Teilzeit gearbeitet haben.
Ohne auf eventuelle Wunder auf dem Arbeitsmarkt und bei den Löhnen zu warten, sollte man sofort über Maßnahmen zur sozialen Sicherheit nachdenken. Die Anwendung des beitragsabhängigen Systems, das hier keineswegs zur Diskussion steht, kann diesbezüglich sicherlich im Sinne einer verstärkten sozialen Gerechtigkeit angepasst werden. Das System muss die Arbeitnehmer mit langen und ungünstigen Erwerbsbiografien rentenmäßig absichern und nicht mit Sozialleistungen abspeisen.
Nicht das Sozialgeld, das den armen Menschen zusteht, sollte als Kriterium herangezogen werden, sondern die seit vielen Jahren als „Garantierente“ vorgeschlagene Maßnahme. Die aktuelle Mindestrente gibt es im beitragsbezogenen System nämlich nicht mehr, obwohl dies eigentlich notwendiger denn je wäre. Wir fordern seit Jahren eine Rentenreform um ein Mindestleistungsniveau zu garantieren, das unter Berücksichtigung der Beitragsjahre und des Renteneintrittsalters zu ermitteln ist.
Ein solches System hätte auch den Vorteil, dass es nur diejenigen schützt, die ein langes, aber prekäres Arbeitsleben hinter sich haben und sollte aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden. Es braucht aber auch innerhalb des Rentensystems eine solidarische Umverteilung, die im beitragsbezogenen System unter die Räder gekommen ist.
Eine rein versicherungstechnische und marktabhängige Rentenberechnung ist unzureichend. Wir stehen hier voll hinter den Vorschlägen der Bünde und bewegen uns keinesfalls nur als eine Lobby der Alten. Im Gegenteil, die Rentnergewerkschaften setzen sich seit jeher auch für die Belange der Arbeitswelt ein.
Alfred Ebner