Politics | Vertrauensvotum in Rom

Kronbichler: Wie mich Silvio Berlusconi aus einem Dilemma befreite

SEL-Kammerabgeordneter Florian Kronbichler bleibt dabei: Die Befreiung von Silvio Berlusconi steht auch nach dessen überraschenden Kehrtwende bevor. Warum er ihm am heutigen Mittwoch in gewisser Weise dankbar sein muss, erzählt der Parlamentarier im Interview.

Herr Kronbichler, schaut so der Tag der Befreiung aus, von dem Sie noch heute Vormittag geschwärmt haben?
Florian Kronbichler: Ja, ich glaube schon, und zwar gerade aufgrund der überraschenden Ja-Stimme von Berlusconi. Denn er hat sich nicht nur selbst verräumt, sondern sich noch einmal sehr lächerlich gemacht. Auch wenn er so versucht hat, noch einmal ins Spiel zu kommen, hat er damit  nur für spöttisches Lächeln gesorgt. Es war einfach zu durchsichtig, dass es  sich ausgerechnet hat, in Minderheit zu geraten und deshalb noch einmal auf den Karren aufgesprungen ist. Ich denke, er hat jetzt das mitbekommen, was jedem Vollblutpolitiker am meisten zu schaffen macht: das Gefühl überflüssig zu sein. Das hat er bisher nicht gekannt.

Doch Sie gehen davon aus, dass er sich verräumt hat?
Ja, also politisch ganz sicher. Es ist schließlich offensichtlich , dass nun seine besten und glaubwürdigsten Leute,  also jene zwei Dutzend, die mit ihrer Unterschrift  übergelaufen sind, nun ihr Kalkül gemacht haben. Und das lautet: Da ist nichts mehr zu machen. Berlusconi  ist außer Kontrolle geraten, Berlusconi benimmt sich wie der biblische Samson, der den Tempel der Philister einreißt und sagt wenn ich tot bin, dann alle mit mir. Und ihm da nachzufolgen, das war sie nicht bereit. Denn sie wissen, er ist fertig, und haben jetzt die politische Konsequenz daraus gezogen.

Bleibt es also Ihrer Meinung nach bei de Spaltung des PdL?
Es sieht schon danach aus, weil die Spaltung ist bereits tief gegangen. Die Leute sprechen davon, dass sie eine neue Gruppe bilden, und es ist kaum anzunehmen, dass Berlusconi dies nun mit seinem späten Aufspringen verhindern kann. Wenn man mit den Abgeordneten hier spricht, gewinnt man eher den Eindruck,  dass sie erleichtert sind. Man merkt ihnen an, sie haben etwas hinter sich gebracht, dass sie eigentlich lange schon tun wollte, es ist ein Unbehagen dagewesen, und jetzt spürt man die Befreiung  nach dem Sprung.

Sie haben angekündigt, in der Abgeordnetenkammer für die Regierung Letta zu stimmen – und damit die Parteilinie zu verlassen. Bleibt es dabei?
Nein, ich muss sagen, zumindest aus persönlicher Sicht hat dieser Schritt Berlusconis auch meiner Gruppe aus dem Dilemma geholfen. Denn es gab davor eine Zerreißprobe, weil ich aus dem Nein meiner Gruppe ausgeschert wäre. Es gibt noch viele Gelegenheiten und gute Gründe gegen eine Regierung Letta zu stimmen. Doch bei dieser Vertrauensfrage geht es nicht um die Regierung Letta, sondern um die Verräumung Berlusconis. Doch nun, da die Gefahr gebannt ist, werde ich mit Nein stimmen. Denn ich bin mir zu schade, hier noch den noch Helfeshelfer zu machen, da sollen ruhig Berlusconi und seine Leute herhalten. Ich werde meiner Gruppe unter diesen Umständen nicht die Solidarität verweigern.