Economy | Metrobus

"Wir wollen, dass alles so bleibt"

Harter Widerstand gegen die Vorzugsspur für den Metrobus in der Drususstraße. Können eine Unterschriftensammlung und angedrohte Sammelklage das Projekt noch stoppen?
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Foto: Salto.bz

Paolo Boragine kennt die Drususstraße wie seine Westentasche. Seit 35 Jahren führt der im ganzen Viertel geschätzte Kaufmann eine Parfümerie in jenem Abschnitt der Bozner Zufahrstraße, die als Flaschenhals für das Projekt Metrobus gilt:  jenen engen 300 Metern zwischen Sorrentsraße und Palermostraße, in denen mehr als 100 Parkplätze von Geschäften, Lokalen und Privaten durch die Errichtung der Vorzugsspur wegfallen würden. „Wegen zwei Minuten gewonnener Fahrzeit droht man hier kaufmännische und unternehmerische Aktivitäten zu zerstören und privates Eigentum zu entwerten“, argumentiert Boragine, wenn er in diesen Tagen entlang seiner Straße Unterschriften sammelt. Probleme Unterstützung zu finden hat er keine, sagt der Kaufmann. In wenigen Tagen seien bereits rund 200 Unterschriften zusammenkommen. „Und sobald nun alle von den Weihnachtsferien zurückkommen, werden es noch weit mehr werden“, sagt er. Ganz zu schweigen von einer eigenen Liste der rund 30 Unternehmen, die in diesem Straßenabschnitt Geschäfte, Lokale oder Betriebe haben, die teils gravierende Auswirkungen durch die geplanten Enteignungen vor ihrer Haustür befürchten. Da gibt es zum Beispiel einen Reifenhändler, dem der Platz für seine Geschäftstätigkeit – also das Wechseln der Reifen – genommen wird, sagt Paolo Boragine. „Er müsste sich als Eigentümer seines Geschäftslokales nun anderswo einmieten, um weiterhin seine Aktivität ausüben zu können – und wer mietet seine Immobilie, wenn hier keiner mehr stehen bleiben kann“, fragt er. Auch Boragine selbst lebt wie viele andere hier nicht nur von der Kundschaft des Viertels. „Ich habe viele Stammkunden aus der Umgebung, aus Eppan, Kaltern, Meran, die alle mit dem Auto kommen. Doch wenn sie hier nicht mehr halten können, werden sie woanders hingehen“, sagt er und kündigt bereits eine class action, also eine gemeinsame rechtliche Aktion aller betroffenen Unternehmen an. Mithilfe eines gemeinsamen Anwalts wollen diese ihre Interessen wahren.  Allerdings nicht durch Schadenersatzzahlungen, sondern durch die Beibehaltung des Status quo, wie Boragine meint. „Wir wollen, dass hier alles so bleibt, wie es ist“, fordert er.

Und zwar nicht nur für die Kaufleute, sondern auch für die privaten Anrainer, die vielfach durch die Vorzugsspur ernste Parkprobleme bekommen würden. „Da es auch in den umliegenden Straßen keine Alternativen zu parken gibt, drohen viele Wohnungen hier rund 30 bis 40 Prozent an Wert zu verlieren“, meint der Kaufmann. „Denn eine Wohnung ohne die Möglichkeit, in der Nähe zu parken, will keiner haben.“ Zusätzlich stellt sich laut Boragine aber gerade am Standort der Bozner Berufsfeuerwehr ein Sicherheitsproblem. Denn zumindest bei Schlechtwetter stocke der Verkehr auf der Drususstraße immer. „Wenn nun auch noch die Vorzugsspur kommt, schafft es hier weder eine Rettung noch ein Feuerwehrauto durchzukommen“, prophezeit er.

Bürgerversammlung innerhalb Jänner

All diese Argumente hoffen die Anrainer noch im Laufe des Jänners im Rahmen einer Bürgerversammlung vorzubringen, die von Stadträtin Maria Laura Lorenzini versprochen wurde. Dabei soll die jüngste Version des Projekts präsentiert werden, die im Viertel aber ohnehin niemanden mehr ernsthaft zu interessieren scheint. „Sie hätten wenigstens das Feingefühl haben müssen, uns im Vorfeld im Stadtviertelrat zu erklären, was sie vorhaben“, kritisiert Boragine. „Statt dessen werden wir nun vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Lösungen oder Kompromisse sieht der Kaufmann zu diesem Zeitpunkt in der Sache nicht mehr. „Das, was sie wollen, ist unrealisierbar und absurd – noch dazu, wenn man bedenkt, dass der Metrobus ohnehin nur eine Übergangslösung sein soll.“

Schließlich macht auch Bürgermeister Renzo Caramaschi kein Hehl daraus, dass eine Bahnverbindung ins Überetsch sein Traum bleibt. „Im Moment – und damit meine ich die kommenden drei Jahre – schaffen wir es aber nur mit absoluter Sicherheit den Metrobus bis zur Drususbrücke umzusetzen“, hatte Bozens Bürgermeister Mitte November erklärt, nachdem Landeshauptmann Kompatscher ihm weitere 5 Millionen Euro für den letzten Abschnitt des Projektes zugesichert hatte, für das die Gemeinde ebenfalls 5 Millionen bereitstellt. Eine absolute Sicherheit, an der in den kommenden Wochen zumindest heftig gerüttelt werden wird. Im Bozner Gemeindederat liegt bereits ein Abänderungsantrag der Mitte-Rechts-Liste Uniti per Bolzano vor, in der ein Stopp des Projektes und der dafür vorgesehenen Enteignungen von Parkplätzen gefordert wird. Auch PD-Gemeinderat Claudio Della Ratta zeigt vollstes Verständnis für den Protest der Anrainer und Kaufleute. „Das Amt für Mobilität hat Vorschläge angekündigt, die ihre Probleme zu mindern und einen Ausgleich für den Verlust der Parkplätze zu schaffen“, schreibt  er in einer Aussendung. „Warten wir ab, ob diese wirklich kommen.“