Society | Integration

Grund genug für Gelassenheit

Gegentrend zum Erfolg rechter Parteien: Laut einer neuen Studie schwächen persönliche Erfahrungen mit Asylbewerbern die Zustimmung zu rechtspopulistischen Parteien ab.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Andreas Steinmayr
Foto: Andreas Steinmayr

...hatte Andreas Steinmayr allemal. Schließlich hielt er gerade die ersten Ergebnisse seiner Studie in der Hand. Trotzdem musste Steinmayr im ersten Moment schlucken, als er hörte, dass rund achthundert Asylbewerber in seiner Münchner Nachbarschaft untergebracht werden sollten. Mit seiner Studie „Exposure to Refugees and Voting for the Far-Right“ im Hinterkopf, fing sich Steinmayr aber gleich wieder.

„Die Unterbringung von Asylwerbern in einer Gemeinde führt dazu, dass rechte Parteien tendenziell weniger unterstützt werden“, erläutert Steinmayr, Postdoktorand für Empirische Wirtschaftsforschung an der Ludwigs-Maximilians-Universität München. Wer persönliche Erfahrungen mit Asylbewerbern macht, unterstützt ihre Integration eher als Menschen, die sich ihre Meinung nur durch Medien bilden. Ein überraschendes Ergebnis, denn die angestiegene Zuwanderung seit Sommer 2015 stärkt rechtsaußen Parteien in ganz Europa den Rücken.

Steinmayr untersucht in seiner Studie, welche Parteien gewählt werden, wenn die Wähler kurz zuvor in Kontakt mit Asylbewerbern kommen. Dazu vergleicht er in Oberösterreich Gemeinden, die Asylbewerber aufgenommen haben, mit Gemeinden, in denen sich die Bewohner nur durch Zeitungen, Radio, Fernsehen oder soziale Netzwerke über Asylbewerber informieren. Kurz vor den Landtagswahlen in Oberösterreich hatten vierzig Prozent, also nicht ganz die Hälfte, der Gemeinden Asylbewerber untergebracht. Zunächst beobachtet Steinmayr, dass die rechtspopulistische Partei „Freiheitliche Partei Österreichs“ (FPÖ) insgesamt fünfzehn Prozent mehr Zustimmung erhielt als in den Jahren zuvor. Aber er findet eben auch die überraschende Gegenbewegung: Gemeindebewohner, die persönliche Erfahrungen mit Asylbewerbern gesammelt hatten, setzten ihr Kreuzchen bei den Wahlen um drei Prozent seltener bei der FPÖ.

Dieser kleine Gegentrend gab Steinmayr Zuversicht, dass seine Münchner Nachbarn und die untergebrachten Asylbewerber friedlich zusammenleben würden. Denn nicht nur Helfer oder Sprachlehrer sammeln positive Erfahrungen mit Asylbewerbern. „Wenn jemand erwartet, dass die öffentliche Ordnung zusammenbricht wenn Asylbewerber untergebracht werden, und das tritt dann nicht ein, ist das auch für Leute, die keinen persönlichen Kontakt mit Asylbewerbern pflegen, ein Erkenntnisgewinn“, vermutet Steinmayr.

Oberösterreich musste eine festgelegte Anzahl von Asylbewerbern unterbringen. Damit waren auch eher ablehnende Gemeinden mit Asylbewerbern konfrontiert. Aber selbst diese bemühten sich aktiv, Kontakt zwischen Bewohnern und Neuankömmlingen herzustellen. „Zum Beispiel wurden die Asylbewerber in den Gemeindeblättern vorgestellt und es wurden Willkommensfeste abgehalten.“ Pragmatische Maßnahmen brachten optimistischere Knospen hervor.

Die Studie wurde in Oberösterreich bereits verwendet, um unwillige Bürgermeister davon zu überzeugen, Unterkünfte für Asylbewerber in ihren Gemeinden bereit zu stellen. Wenn ausländerfeindliche Vorurteile und Ängste durch persönlichen Kontakt abgebaut werden, schafft das eine neue Argumentationsgrundlage gegenüber rechtspopulistischen Parteien, auch über Österreich hinaus. Laut Andreas Steinmayr können die Ergebnisse seiner Studie auf andere europäische Länder wie Deutschland oder Italien übertragen werden. So könnte zum Beispiel überprüft werden, ob bei der Bürgermeisterwahl in Bozen im Frühjahr letzten Jahres ein ähnlicher Zusammenhang bestand.

Derzeit beschäftigt sich Steinmayr mit der Überprüfung seiner Studie. Unklar ist zum Beispiel, ob der Zusammenhang zwischen persönlichen Erfahrungen mit Asylbewerbern und der Ablehnung rechter Parteien langfristig besteht. Das stellt Steinmayr unter anderem in einem Research Seminar an der Universität Bozen zur Diskussion.

Bis zur endgültigen Veröffentlichung können sich Gemeinden in ganz Europa schon einmal eine Scheibe von den oberösterreicher Ideen zur Integration der Asylbewerber abschneiden – und Bürger gelassen und zuversichtlich ihre neuen Nachbarn begrüßen.

Das Research Seminar "Exposure to Refugees and Voting for the Far-Right. (Unexpected) Results" findet am 09. März an der Freien Universität Bozen von 12:30 bis 13:30 Uhr in Raum BZ E4.23 statt. Die Studie kann hier eingesehen werden.