Politics | Kulturgüter

Ensembleschutz wird zum Papiertiger

Der Baubeginn beim Ignaz-Brigl-Keller in Girlan zeigt, wie schwer die Durchsetzung von Ensembleschutz sein kann. Für die „Weinwelt Girlan“ ist es ein herber Rückschlag.
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Foto: Kellerwelten / Weinwelten
Die Weinkeller in Girlan sorgen in der Gemeinde Eppan schon seit längerem für politische Auseinandersetzungen. In den Räumlichkeiten mit den eindrucksvollen Gewölben lagerte über Jahrhunderte Wein, die historischen Keller stehen seit 2007 unter Ensembleschutz. Im Gegensatz zum Denkmal- und Landschaftsschutz obliegt dieses Instrument der Raum- und Stadtentwicklung nicht hauptsächlich der Landesverwaltung, sondern den Südtiroler Gemeinden.
Für den Eppaner Gemeinderat Felix von Wohlgemuth liegt genau darin die Schwäche dieses Instruments: „Der Ensembleschutz beinhaltet keine klaren Regeln auf rechtlicher Ebene.“ Dieser Umstand ist der Gemeinde Eppan im Fall der ehemaligen Keller der Kellerei Ignaz Brigl in Girlan zum Fallstrick geworden. Denn trotz Ensembleschutz stellte die Eppaner Baukommission eine Baugenehmigung für diese Keller aus. Seit kurzem wurde dort mit den Bauarbeiten für neue Wohnungen begonnen.
 
 

Mühsamer Kampf um den Erhalt von Kulturgut

Der Baubeginn ist für den Verein „Weinwelt Girlan“ ein schwerer Rückschlag. „Der Verein, der 2008 aus dem Verein für Heimatpflege Eppan hervorgegangen ist, bemüht sich seit zwei Jahrzehnten um den Erhalt des wertvollen Kulturgutes“, sagt die stellvertretende Vereinsvorsitzende Ehrentraut Riegler. „Wir setzen uns seit dem Jahr 2000 dafür ein, die Zeugen der Geschichte unseres Weindorfes vor der Bauwut zu retten, da Girlan ab diesem Zeitpunkt als Wohnort immer attraktiver wurde“, erklärt sie.
 
 
In der vorigen Legislaturperiode hatte der Gemeinderat beschlossen, den Ignaz-Brigl-Keller der Unifin GmbH um 345.000 Euro abzukaufen. Allerdings verzögerte sich der Kaufprozess trotz dem Beschluss des Gemeinderates im Jahr 2020 wegen dem Auslaufen der Legislaturperiode und finanziellen Unklarheiten. „Es ist eigenartig, da die Gemeinde der ‚Weinwelt Girlan‘ Dinge versprach, ohne über ausreichend Geldmittel zu verfügen“, erklärt Wohlgemuth. Unifin entschied angesichts dieser Unsicherheiten, an die Cristiani Home Srl zu verkaufen.
 
 

Historischen Ortskern neu beleben

Die neue Vereinbarung der Gemeinde mit der Cristiani Home Srl sieht vor, nur mehr einen Teil des Kellerareals zu erwerben – und das um den stattlichen Preis von insgesamt 270.000 Euro. Der Ignaz-Brigl-Keller befindet sich neben Weinkellern, die bereits der Gemeinde Eppan gehören. „Der Preis beinhaltet auch Umbauten, um den Zugang zu den Weinkellern zu verbessern und eine Garderobe einzubauen“, so Wohlgemuth. Die Räumlichkeiten sollen dann für verschiedenste Veranstaltungen genutzt werden können.
Der Umbau im Ignaz-Brigl-Keller stellt für die Direktorin des Kuratoriums für Technische Kulturgüter, Wittfrida Mitterer, in Frage, „ob das in Europa einzigartige Kellerensemble einer Prüfung für die Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes der Unesco standhalten kann“. Mit ihrer Sorge um „die Seele des Weindorfes Girlan“ ist sie nicht allein.
 
 

Baugenehmigung schürt Angst um die Weinkeller

Auch Riegler von der „Weinwelt Girlan“ befürchtet, dass der Fall des Ignaz-Brigl-Keller zum Präzedenzfall für weitere Baugenehmigungen im Ortskern werden könnte. „Es ist frustrierend zu erleben, dass mit dem neuen Gesetz für Raum und Landschaft die Zuständigkeit für den Ensembleschutz an die Gemeinden übertragen wurde und die Gemeinde Eppan sich nicht stärker für den Erhalt des wertvollen Kulturgutes einsetzt“, sagt Riegler.
Der Direktor des Landesamts für Landschaftsplanung, Peter Kasal, teilt mit Riegler diese Befürchtung. Durch die Übertragung der Zuständigkeit des Ensembleschutzes auf die Gemeinden bestehe die Gefahr, dass die Interessen von privaten Bauvorhaben über den Schutz der Baukultur gestellt werden. Im Fall des Ignaz-Brigl-Kellers in Girlan ist genau das passiert.
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alfred frei Thu, 03/03/2022 - 16:04

Ecce: "die Interessen von privaten Bauvorhaben werden über den Schutz der Baukultur gestellt". Und "Öffentliches Interesse" bleibt ein unbestimmter Rechtsbegriff der die Belange des Gemeinwohls über die Individualinteressen stellen sollte. Wo kein politischer Wille dort ein leichter Weg, oder Herr Bürgermeister !?

Thu, 03/03/2022 - 16:04 Permalink