Politics | SVP

Mut zum aufrechten Gang

Martha Stocker über den aktuellen Zustand ihrer Partei, das reinigende Gewitter, den Versuch Täter zu Opfern zu machen und die Gefahr einer moralischen Verfettung.
Martha Stocker
Foto: Facebook/Martha Stocker
Als Historikerin weiß ich, dass reinigende Gewitter nicht immer eine Chance bedeutet haben. Aber sie könnten es. Auch um zu vermeiden, dass man in einen noch heftigeren Sturm gerät. Die „Freunde im Edelweiss“ haben ein Gewitter ausgelöst, ob es wirklich die reinigende Wirkung hat und das nachhaltig, hängt von vielen und vielem ab.
Wenn wir wollen, könnten wir aus diesem Gewitter vieles lernen/mitnehmen. Das könnte sein:
 
  1. Dass wir nicht die Täter zu Opfern machen;
  2. Dass man sich nicht mit der Frage aufhält, wer die Durchstecher sind, sondern worin das Problem besteht;
  3. Dass man nicht jene bestraft, die mit offenem Visier kämpfen, sondern dass man diese Form der Auseinandersetzung, solange sie im zivilen Bereich bleibt, schätzt. Damit kann man sich auseinandersetzen, im Unterschied zu dem, was „unbeleuchtet“ gesagt wird;
  4. Dass man rechtzeitig handelt und damit nicht zu Getriebenen wird;
  5. Dass man langfristig Glaubwürdigkeit nur dadurch erlangen kann, dass man in allem, was man tut, das Anliegen/die Aufgabe/die Notwendigkeit sieht und nicht, ob etwas für oder gegen einem/eine ist;
Dass man sich nicht mit der Frage aufhält, wer die Durchstecher sind, sondern worin das Problem besteht
  1. Dass man Sein vom Schein zu unterscheiden weiß;
  2. Dass wir bei allen gesellschaftlichen Trends, die Moralvorstellungen verändern, nicht auf Anstand und Würde vergessen (das zu tun, was sich geziemt/cheart);
  3. Dass Weltbürger nur ist, wer es auch im Kopf schafft;
  4. Dass man sich bei Beurteilungen ehrlich macht und sich fragt, wie man selber in bestimmten Situationen handeln würde und dass man folglich die eigenen Haltungen auch auf Schlampigkeit überprüft;
  5. Dass man sich daran erinnert, dass Silvius Magnago einmal, wie er sah, wie diese Autonomie auch wirtschaftlich so viel bringt, vor der „moralischen Verfettung“ gewarnt hat. Dies ist an uns alle gerichtet.
Was wäre das unmittelbar Positive aus dieser Geschichte?
 
  1. Wir haben einen Landeshauptmann, auf dem alle eingewirkt haben oder es versucht haben und der allem in jeder Weise standgehalten und immer das getan hat, was korrekt, kohärent und im Interesse der Menschen war. Wir haben das zwar alle immer gewusst, aber jetzt ist es auch noch durch Abhörprotokolle und Gerichtsakte bestätigt. Wir können uns an ihm ausrichten und damit wieder Sicherheit gewinnen, denn Unsicherheit und Enttäuschung waren neben Wut, das, was mich in den vielen Gesprächen am meisten beeindruckte. Und über diese Geschichte hinaus ist es des Landeshauptmannes Mut zum aufrechten Gang (nach Erhard Busek) generell, der motivieren kann.
  2. Wir haben auch einen Parteiobmann, der zwar zögerlich gehandelt hat, der aber, und dies ist für uns als Südtiroler Volkspartei das Entscheidende, auch saubere Hände in dieser Angelegenheit hat und der somit gemeinsam mit dem Landeshauptmann das durch diese Erschütterung gestärkte Potential der Anständigen festigen und ausbauen kann.
 
  1. Es ist schon lange nicht mehr so viel politisch diskutiert und überlegt worden, was zu tun sei, dieses Potential gelte es zu nutzen, für ein verstärktes, für ein neues Engagement. Es gibt doch mehr Menschen als wir glauben, die nun verspürt haben, dass uns, dem Land, etwas fehlen würde, wenn es die Stärke der SVP nicht mehr gäbe. Es wäre ein anderes Land, es wäre wie elternlos. Spürbar war auch die Bereitschaft derjenigen, die noch Hoffnung haben, dass man gemeinsam etwas zum Besseren bewegen könnte.
Es gibt doch mehr Menschen als wir glauben, die nun verspürt haben, dass dem Land, etwas fehlen würde, wenn es die Stärke der SVP nicht mehr gäbe. Es wäre ein anderes Land.
 
Es besteht daher aus meiner Sicht die Chance aus diesem reinigenden Gewitter zu lernen, wenn gleichzeitig auch alle diese Erschütterung dazu nutzen, bei sich selber moralische Inventur zu machen. Das könnte ein starkes Fundament dafür sein, der großen Verantwortung für das Land, für die Menschen, welche der SVP nicht nur historisch aufgetragen war, gerecht zu werden. Dafür aber braucht es Mut, Kraft und die begeisternde Überzeugung, dass wir dem und niemand anderem verpflichtet sind.