Selbstbestimmteres Leben mit Beeinträchtigung
Über 30 Jahre hat das bisherige gesetzliche Regelwerk für Menschen mit Beeinträchtigungen auf dem Buckel. Ab Donnerstag soll ein neues Gesetz von der zuständigen Gesetzgebungskommission im Landtag behandelt werden. Damit sollen Menschen mit Beeinträchtigung stärker in die Mitte der Gesellschaft geholt werden als bisher, lautet der Tenor einer Vorstellung des Gesetzesentwurfes durch Soziallandesrätin Martha Stocker, Verantwortungsträgern der zuständigen Landesämter sowie Interessensvertretungen. Insgesamt arbeiteten mehr als 300 Menschen über zwei Jahre lang an dem Gesetzesentwurf. Dementsprechend einfließen konnten die Erfahrungen und Forderungen der Betroffenen und ihrer Angehörigen.
Gegenstand des Gesetzesentwurfes sind all jene Lebensbereiche, die im Leben eines Menschen wichtig sind. Als zentral wurden bei der Vorstellung neben der Schule, in dem die Inklusion bereits am besten funktioniert, die Bereiche Arbeit und Wohnen hervorgehoben, in denen noch weit größerer Handlungsbedarf besteht. Vorgesehen sind dabei etwa ein Beratungs- und Betreuungsangebot für einen leichteren Übergang von der Schule in die Arbeitswelt, die Unterstützung, Beratung und Begleitung der Angestellten und individuelle Vereinbarungen zur Arbeitsbeschäftigung. Auch im Bereich des Wohnens sollen den betroffenen Menschen mehrere Möglichkeiten und eine differenzierte Auswahl geboten werden, damit sie ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten können.
„Es wird ein gutes Gesetz“, lautete die einhellige Meinung der miteinbezogenen Vereine. Die Frage wird nun allerdings sein, ob das vorgegebene Ziel, Menschen mit Beeinträchtigung stärker in die Gesellschaft zu inkludieren, auch in der Umsetzung erreicht wird. Das wird auch wesentlich von den zur Verfügung stehenden Geldmitteln abhängen. Gerade für die ehrgeizigen Vorgaben im Bereich Wohnen wird beispielsweise ein Plus von 1,2 Millionen Euro, das Landesrätin Stocker am Mittwoch für 2015 zusicherte, nicht ausreichend sein.
Dennoch: Als Schritt in die richtige Richtung wurde am heutigen Mittwoch nicht zuletzt die Tatsache eingeschätzt, dass der Gesetzestext zusätzlich zur offiziellen Version in einer einfachen Fassung vorliegt, die auch für Menschen mit Lernbehinderungen verständlich ist. „Ziel ist es, dass wir Menschen mit Lernschwierigkeiten für uns selbst sprechen und mitbestimmen, wenn es um uns geht", erklärte dazu Robert Mumelter vom Verein People First. "Die schwere Sprache ist für uns ein Hindernis, sie schließt uns aus. Erst durch die leichte Sprache ist es möglich, dass wir mitreden können." Ein Ansatz, der wohl generell die allseits gewünschte stärkere Partizipation fördern würde. Dass Menschen mit Beeinträchtigungen hier einen positiven Impuls für die gesamte Bevökerung setzten, ist nicht auszuschließen. Landesrätin Martha Stocker stellte zumindest in Aussicht, dass eine solche Übersetzung vom im Landtag geforderten Juristendeutsch auch für andere Bereiche angedacht werden könnte.