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Fiese Wahl

Das Sportgericht des CONI hat die Wahl des Südtiroler FISI-Präsidenten Hermann Ambach jetzt endgültig annulliert. Doch Ambach & Co tun so, als wäre nichts passiert.
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Foto: FISI Südtirol
Seine Tage an der Spitze des Südtiroler Wintersportverbandes (FISI) dürften gezählt sein. 
Hermann Ambach seit 2008 Präsident des Südtiroler FISI-Landesverbandes wird noch vor dem Sommer abdanken müssen. Dabei war der 66jährige Kalterer Geometer erst knapp vor einem Jahr als Südtiroler FISI-Präsident für weitere vier Jahre bis 2022 bestätigt worden.
Die Wahl wurde jetzt aber von der höchsten sportgerichtlichen Instanz des CONI für ungültig erklärt. Demnach muss Ambach zurücktreten und es kommt zu Neuwahlen. Obwohl die Entscheidung seit fast drei Monaten bekannt ist, rührt man bisher im Südtiroler Wintersportverband aber keinen Finger. Man hofft anscheinend, dass der Richterspruch nicht bekannt wird.
 

Geplatzte Wahl

 
Am 10. Juni 2018 gingen im Bozner Kolpinghaus die Neuwahlen im Südtiroler Wintersportverband über die Bühne. Auf der Tagesordnung standen die Wahlen des Präsidenten, zweier Vizepräsidenten und des zehnköpfigen Landesausschusses. Hermann Ambach wollte unbedingt wiedergewählt werden und eine dritte Amtszeit als Südtiroler FISI-Präsident absolvieren.
Doch dieses Mal hat der Langzeitpräsident einen starken Herausforderer. Der Innichner Unternehmer Helmuth Senfter, Sohn des Speckkönigs Franz Senfter, bewarb sich ebenfalls um das Präsidentenamt. Zum ersten Mal seit vielen Jahren buhlten zwei Kandidaten unter den Südtiroler Skivereinen um die Stimmen. Von Anfang an war dabei klar, dass es für Ambach diesmal eng werden könnte. Denn ein großer Teil der Südtiroler Skivereine sprach sich offen für eine Erneuerung an der Spitze des Wintersportverbandes aus.
Zum Ausdruck kam dieser Wunsch auch bei der Wahl im Kolpinghaus. Hermann Ambach erhielt bei der Präsidentenwahl 7.093 Stimmen und sein Herausforderer Helmuth Senfter schafft 6.312 Stimmen. Damit hatte der amtierende FISI-Präsident aber ein Problem. Denn für die Wahl zum regionalen FISI-Präsident braucht es für die ersten zwei Mandate 50 Prozent der Abstimmenden plus eine Stimme. Will man aber – wie Ambach – ein drittes Mal zum Präsidenten gewählt werden, muss man 55 Prozent der Stimmen erreichen. Doch Ambach erhielt an diesem Junitag 2018 aber nur 53 Prozent.
 
 
Die Vorsitzende der FISI-Vollversammlung, die ehemalige Langlauf-Olympiasiegerin Gabriella Paruzzi, annullierte deshalb die Abstimmung. Laut Statut muss es in diesem Fall zu einem zweiten Wahlgang kommen. Dabei darf der amtierende Präsident, der an der 55-Prozent-Hürde gescheitert ist, aber nicht mehr antreten.
Weil es am 10. Juni aber neben Helmuth Senfter keinen zweiten Kandidaten oder keine zweite Kandidatin gab, vertagte Paruzzi die Wahl auf einen späteren Zeitpunkt.
 

Die Sanierung

 
Doch zu der Wahlwiederholung kam es nie. Denn Hermann Ambach & Co ließen ihre guten Kontakte zur FISI in Mailand spielen. Nach wenigen Wochen tauchte eine „authentische Interpretation“ aus dem FISI-Hauptquartier auf. Das Fazit: Diese Wahlordnung gelte nur für die nationalen Gremien, für die Neuwahlen der Landesverbände aber nicht. Schaut man sich das Statut des FISI an, steht das in keiner Zeile, sondern genau das Gegenteil. Weil ein Artikel aber etwas missverständlich formuliert ist, war das der Strohhalm mit dem sich Hermann Ambach aus der Niederlage zog.
 
 
Hermann Ambach bleibt Präsident des Südtiroler Wintersportverbandes“, verkündete die Südtiroler FISI am 6. Juli 2018 in einer Presseaussendung lapidar. Jetzt mit dem Hinweis:
 
„Nun hat sich aber herausgestellt, nach Nachfrage beim Nationalen Olympischen Komitee CONI, dass dieses Reglement nur für nationale, aber nicht für regionale Wahlen zählt. Bei regionalen Wahlen gilt der Kandidat gewählt, der die Mehrheit der Stimmen bekommen hat und das ist im Falle des Südtiroler Landesverbandes Hermann Ambach, der somit als Präsident betätigt wurde.“
 
Damit glaubte man handstreichartig die Wahlschlacht gewonnen zu haben.
 

Die Rache


Welches Klima sich im Südtiroler Wintersport-Verband durchgesetzt hat, wird schon wenig später klar. Am 12. Juli werden endlich auch die Stimmen der Vize-Präsidenten und der Vorstandswahl ausgezählt. In den zehnköpfigen Landesausschuss wird dabei auch die Präsidentin des Skiclubs Gröden, Lidia Bernardi gewählt. Bernardi und der Skiclub Gröden hatten neben den Pustertaler Vereinen beim Stechen um die Präsidentschaft offen für Helmuth Senfter Partei ergriffen. Das war für Hermann Ambach und seine Anhänger ein besonders schwerer Schlag. Denn der Ski-Club Gröden ist der größte Skiverein in Südtirol und er verfügt bei den FISI-Wahlen über 440 Stimmrechte.
Als sich der neugewählte Ausschuss am 18. Juli 2018 zu seiner ersten Sitzung trifft, bekommt Lidia Bernardi die Rechnung präsentiert.
 
 
Bernardi schildert den Vorfall in einem Brief, den sie im Sommer 2018 an die Präsidenten der Skivereine schickt und der salto.bz vorliegt so:
 
Am Beginn der Sitzung wurde ich persönlich danach gefragt, ob ich das Mandat überhaupt annehmen würde, da ich mich während der Wahlkampagne für eine  Erneuerung eingesetzt habe. Nach meiner Zusage und meiner Bereitschaft im Ausschuss mitzuarbeiten, begannen die Vorwürfe. Als erster meldete sich unser Vertreter in Mailand, Alfons Thoma (er müsste eigentlich der Vertreter aller Sūdtiroler Wintersportvereine sein). Auf niedrigstem Niveau wurde ich von ihm angegriffen und er warf mir sogar vor, einen Putschversuch inszeniert zu haben.
Weitere Ausschussmitglieder, mitunter Präsident Hermann Ambach und Sektionsleiter Ski Alpin, Markus Ortler, fingen an mich zutiefst zu erniedrigen, indem sie mir allerhand vorwarfen. Ich wurde auf persönlicher Ebene zutiefst beleidigt, ohne jegliche Professionalität, die man von Menschen an solchen Stellen erwartet. Sie erwähnten mehrmals, mir überhaupt nicht mehr zu vertrauen und mich somit von allen Funktionen im Verband auszuschließen zu wollen“.
 
Das Ergebnis: Lidia Bernardi trat unmittelbar danach aus dem FISI-Landesausschuss zurück.


Der Rekurs

 
Doch einige Skivereine wehren sich gegen diese Gangart. Sie wollen sich weder dem Mobbing gegen Bernardi, noch der nachträglichen Sanierung der Ambach-Wahl beugen. „Ich lass mich doch nicht verarschen“, ärgert sich zum Beispiel Martin Hitthaler noch heute
Der Präsident des Sportvereins Pfalzen verweist darauf, dass es bei der Wahl Ambachs zu weiteren eklatanten Rechtsverletzungen gekommen sei. Laut FISI-Statut müssen die Wahlen absolut anonym sein. Diese Regel wurde aber gebrochen. Denn am 10. Juni 2018 wurden im Kolpinghaus Stimmzettel ausgegeben auf denen die jeweiligen Stimmrechte verzeichnet waren. Damit war das Wahlverhalten von mindestens 14 Südtiroler Vereinen eindeutig zuordenbar. So wussten die Stimmzähler genau, an wen zum Beispiel die 440 Stimmen des Skiclubs Gröden gingen. Was im Nachhinein auch die massiven Angriffe auf Lidia Bernardi erklären dürfte.
 
 
Im Juli 2018 reichte Martin Hitthaler deshalb im Namen des SSV Pfalzen Rekurs gegen die Wahl Ambachs beim Schiedsgericht (Corte Federale) der FISI ein. Am 3. Oktober 2018 wurde sein Rekurs aber abgewiesen. Die Berufung gegen diese Entscheidung wurde von der Corte Federale d´Appello der FISI ebenfalls am 30. November 2018 abgewiesen.
Martin Hitthaler: „Wir haben jedes Mal um eine Stimme verloren“. Weil der Pfalzner Präsident auch im Namen zahlreicher anderer Südtiroler Skivereine agiert, gibt er aber nicht auf.
 

Die Annullierung

 
Am 31. Dezember 2018 reicht der SSV Pfalzen den Rekurs beim  „Collegio di Garanzia dello Sport“ des CONI ein. Es ist eine Art Kassationsgerichtshof der italienischen Sportgerichtsbarkeit. Das Collegio di Garanzia dello Sport hat fünf Sektionen mit jeweils zwölf Richtern, die sich mit verschiedenen Bereichen befassen. Präsident dieses höchsten Organs der italienischen Sportgerichtsbarkeit ist ein Staatsrat und alter Südtiroler Bekannter: Der ehemalige italienische Außenminister und EU-Kommissar Franco Frattini, der 1996 im Wahlkreis Bozen-Leifers für Forza Italia erstmals in die Abgeordnetenkammer gewählt wurde.
Bei Grundsatzentscheidungen werden – ähnlich wie in der Kassation – die „Sezioni Unite“ einberufen. Dieses Gremium befasst sich dann auch mit dem Streit im Südtiroler Wintersportverband.
 
 
Am 11. März 2019 nimmt „Collegio di Garanzia dello Sport – Sezione Unite“ den Pfalzner Rekurs an, annulliert per Dringlichkeitsverfügung die Bozner Wahl vom 10. Juni 2018 und ordnete an, dass es unmittelbar zu einer Neuwahl des Südtiroler FISI-Präsidenten kommen muss. In der Streitfrage zur nicht eingehaltenen Anonymität verweist das Höchstgericht den Fall zur erneuten Behandlung an die Corte Federale d´Appello der FISI.
Spätestens nach diesem Urteil müsste Hermann Ambach eigentlich zurücktreten. Doch bisher tat sich nichts im Südtiroler Wintersportverband. Dort tut man so, als gebe es diese richterliche Verfügung einfach nicht.
Der Anwalt des SSV Pfalzen. Pietro Greco, schickte deshalb der Südtiroler FISI am 8. April eine anwaltschaftliche Abmahnung (diffida). Weil FISI-Anwalt Giovanni Diotallevi zwei Wochen später nur ausweichend antwortet („Wir wollen die Urteilsbegründung abwarten“), erneuert Greco am 20. Mai schriftlich die Forderung nach Umsetzung des Urteils.
Bis heute ist aber nichts passiert. Hermann Ambach & Co haben es auch wohlweislich unterlassen, die Öffentlichkeit von der Annullierung der Wahl zu unterrichten. Man scheint davon auszugehen, diesen Konflikt einfach aussitzen zu können.
Hier will Martin Hitthaler aber auf keinen Fall mitspielen. „Wir werden notfalls jetzt das Zivilgericht anrufen“, sagt der Präsident des SSV Pfalzen, „denn ich mache keine halben Sachen“.