Politics | Gastbeitrag

Beteiligung nicht erwünscht!

Zwischen gesunkener Wahlbeteiligung bei den Gemeinderatswahlen und zu befürchtender Ungültigkeit der Referenden im Juni.
Referendum
Foto: DALL-E
  • Wenn die Regierenden nichts unternehmen, wenn Institutionen und im Besonderen politische Rechte (Wahlrecht und Mitbestimmungsrecht) nicht funktionieren, dann haben sie offensichtlich kein Interesse daran, dass diese funktionieren. 
    BürgerInnen dürfen bei dieser Sabotage nicht mitspielen! Sie sollten diese Möglichkeiten richtig nutzen, auch wenn sie schwach und wenig überzeugend sind: Wählen und Abstimmen. Ihre Wirkung hängt von einer starken Beteiligung ab. Gerade deshalb ist sie unerwünscht. 

  • Nichtbeteiligung an Wahlen

    Bei den Gemeinderatswahlen ist die Wahlbeteiligung weiter gesunken und mangels echter Wahlmöglichkeit wählten überdies bis zu 50 % diesmal weiß oder ungültig. 

    Fragt man die Menschen, was sie von den Gemeinderatswahlen halten, dann sagen die meisten, dass es dort keine Parteien bräuchte. Das Mindeste, was also für das Funktionieren der Gemeindedemokratie, so wie die Bürgerinnen und Bürger sie wünschen, zu tun wäre, ist die Einführung des listenübergreifenden Wählens. Das ist die Möglichkeit, Kandidatinnen und Kandidaten nicht nur aus einer einzigen Liste, sondern aus verschiedenen Listen wählen zu können. Vorschläge dazu sind von den Mehrheitsparteien, insbesondere von der SVP, wiederholt abgelehnt worden. 

     

    „Nichtbeteiligung ist mit einer weiteren Abnahme bis zu 10 % - für die SVP - kein Problem mehr.“

     

    Die Reaktion der Mehrheitsparteien auf die sinkende Wahlbeteiligung in den Gemeinden verschärfte hingegen die Situation: Bis zum vergangenen Jahr hatte eine Wahlbeteiligung von weniger als 50 % in Gemeinden, in denen sich nur eine einzige Partei der Wahl stellt, eine kommissarische Verwaltung und Neuwahlen zur Folge. Die allein kandidierende Partei konnte mit der Zustimmung von weniger als 50 % also nicht allein regieren. 

    Die Antwort der Mehrheitsparteien unter der Federführung der SVP war eine Gesetzesänderung, mit der sie diese Mindestbeteiligung von 50 auf 40 % abgesenkt haben! Nichtbeteiligung ist so mit einer weiteren Abnahme bis zu 10 % - für die SVP - kein Problem mehr.

    So ist bei diesen Wahlen in Taufers im Münstertal mit der SVP als einziger kandidierender Partei und einer Wahlbeteiligung von 44,4 % alles beim Alten geblieben und passt so bestens für die regierende Partei. 

  • Zur Person

    Stephan Lausch ist Koordinator der Initiative für mehr Demokratie. Er studierte Philosophie, Psychologie und Germanistik in Salzburg und Heidelberg. Lausch gilt als der Vater der direkten Demokratie in Südtirol. 2009 wurde er von Politika zur Politischen Persönlichkeit des Jahres gewählt.  In der Laudatio über ihn heißt es: „Stephan Lausch ist kein Volkstribun, der die Massen mit seinen Reden mobilisiert, sondern eher ein sanfter Verschwörer, der leise und überlegt spricht.“

    Foto: Initiative für mehr Demokratie e.O.
  • In Italien gewinnen die Regierenden Referenden mit Nichtbeteiligung.

    Bisher sind fast ein Drittel der Referenden für ungültig erklärt worden, weil mehr als 50 % der Abstimmungsberechtigten von ihrem Recht keinen Gebrauch gemacht haben. 

    In der Schweiz ist jede Volksabstimmung, unabhängig von der Beteiligung, gültig. Im Schnitt nehmen dort 40 % der Stimmberechtigten teil. Generell beteiligen sich aber über 80 % an den Volksabstimmungen, jedoch aufgrund unterschiedlicher Interessen nicht an jeder. 

     

    „In Italien ist Nichtbeteiligung hingegen gewollt.“

     

    In Italien ist Nichtbeteiligung hingegen gewollt. Selbst der öffentlich-rechtliche Sender RAI schweigt sich auf nationaler Ebene über die anstehenden Referenden aus, sodass es zu Protesten und juridischen Klagen kommt. 

    Schon seit Jahren wird auch gefordert, wie in der Schweiz und in vielen anderen Ländern mit Volksabstimmungen, im Hinblick auf Referenden den Stimmberechtigten ein Abstimmungsheft zukommen zu lassen. Darauf kann man hier noch lange warten, denn die Referenden gewinnt man mit Diskussionsverweigerung und mangelnder Information, nicht mit besseren Argumenten. 

    Auch die Regierenden in unserem Land wissen sehr genau, wie man sich mit einem „fortschrittlichen“ Landesgesetz das verfassungsrechtlich verbriefte Recht auf Mitbestimmung vom Leib hält, es sich vor den Wahlen (2018) aber auf die Fahne schreibt und es danach mit verwaltungstechnischen Maßnahmen klammheimlich nicht anwendbar macht. 

  • Die Souveränität liegt in einer Demokratie beim Volk

    Wir haben es schon lange oder vielleicht sogar von je her mit einer politischen Vertretung zu tun, für die Demokratie nicht mehr ist, als dieses fragwürdige Recht der Bürger, die ihnen mit der Demokratie ursprünglich zugesprochene Entscheidungsmacht in Wahlen regelmäßig abzugeben. 

     

    „Überdrüssig werden die, auf deren Stimmen die Herrschenden gut verzichten können.“

     

    Sie selber in Volksabstimmungen auszuüben wird verhindert, mit Regeln, die sich die politische Vertretung vorbehält, selbst festzulegen. Als Gegenleistung darf das Volk als Zuschauer einem Theater der Eitelkeiten und Unfähigkeiten beiwohnen. Dessen sind sie mittlerweile müde geworden. 

    Aber auch das passt noch ins Konzept, denn überdrüssig werden die, auf deren Stimmen die Herrschenden gut verzichten können. 

  • Die Feuerwehr als Brandstifter

    Was muss dieses System noch alles an erbärmlichen Figuren hervorbringen, damit uns allen klar wird, dass eine auf das Wählen reduzierte Demokratie, mit der wir unsere Entscheidungshoheit an ein paar wenige abgeben und allein diese bestimmen können, wie sie zu funktionieren hat, ihrer eigenen Rechtfertigung widerspricht. Mit ihr geht man davon aus, dass der Mensch als des Menschen Wolf ein Regelsystem braucht, das den Menschen zähmt. 

     

    „Man lockt die übelsten und gefährdetsten Subjekte aus der Gesellschaft heraus, die Verfügungsgewalt über die Menschen wollen und auf Machtkontrolle  verzichten können.“

     

    Wenn man dieses Regelsystem dann aber in die Hände von ein paar wenigen gibt, dann kann daraus wohl nur Schlechtes, letztlich noch Schlechteres entstehen. Man lockt sich mit diesem System ja geradezu die übelsten und gefährdetsten Subjekte aus der Gesellschaft heraus, die nichts mehr, als Verfügungsgewalt über die Menschen wollen und auf Machtkontrolle vollends verzichten können. Sie sind es aber, die die alleinige Macht darüber haben, wie diese Machtkontrolle stattfinden kann. Die Feuerwehr als Brandstifter! 

  • Die Antwort: Gehen Sie abstimmen!

    Die Antwort auf diese Situation darf nicht sein, nicht zu wählen und nicht abzustimmen und damit die Rechnung der Regierenden aufgehen zu lassen. Nein, gerade deshalb ist massiv zu wählen und abzustimmen – und sind damit jene zu stärken, die demokratische Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger wirklich wollen! 

     

     

Bild
Profile picture for user Josef Fulterer
Josef Fulterer Fri, 06/06/2025 - 08:06

Die -w e i s e n- PARLAMENTARIER sollten sich MAßNAHMEN ausdenken, wenn sich die Bürger unendschuldigt an den Wahlen -n i c h t- beteiligen!

Fri, 06/06/2025 - 08:06 Permalink