Suit
Foto: upi
Society | #alsodann

Welterschöpfungstag

Heute muss ich eine Lanze für die Männer brechen. Manchmal leiden sie mehr als wir Frauen. Dabei wär's gar nicht nötig.

Wenn's ganz schlimm hergeht, schnürt eine Krawatte den eh schon engen Hemdkragen zu, und das kunstfaserversetzte Hemd wärmt. Das künstlich knitterfreie Slim-Fit-Jackett sitzt gut und heiß auf Bizeps und Rücken, und untenherum glüht die dunkle Anzughose. In Socken gehüllte Zehen müssen sich geschnürte Schuhe antun. Eine Tortur bei 38 Grad. Wenn's heiß wird, ist der Kleiderkodex für Männer gnadenlos. Bei etwas Glück darf's ein kurzärmeliges, krawattenfreies Hemd sein, aber das war's dann schon. Schlappen, Shorts und schulterfrei geht gar nicht. Selber schuld, kann ich da nur sagen.

Wenn's heiß wird, ist der Kleiderkodex für Männer gnadenlos. Bei etwas Glück darf's ein kurzärmeliges, krawattenfreies Hemd sein, aber das war's dann schon. 

Wir Frauen haben's besser, sind ausnahmsweise freier, auch weil wir seltener Führungskräfte sein dürfen. Ohne beruflich Schaden zu nehmen, können wir die High-Heels gegen glitzernde Infradito-Schlappen eintauschen und uns auf dem Weg zur Arbeit am Luftzug unter dem Leinenkleid erfreuen. Sogar die nackte Schulter dürfen wir kühl umwehen lassen. Aufpassen müssen wir nur, wenn die Winterstürme der Klimaanlage einsetzen. Dann sind die Anzug-Männer im Vorteil - die Umwelt ist's weniger.

Wir Frauen haben's besser, sind ausnahmsweise freier, auch weil wir seltener Führungskräfte sein dürfen.

Sollten die geplagten Männer doch einmal hinaus müssen, empfehle ich einen Abstecher unter die Bozner Lauben. Deren Frische rührt von kluger Architektur und der weniger klugen Vermutung her, dass wir Konsumierende nicht in den Laden finden, wenn die Türen nicht offen stehen. Deshalb werden die Lauben im Winter geheizt und im Sommer gekühlt. Und dann wundern wir uns, dass am Mittwoch Welterschöpfungstag war, stöhnen unter Hitze und Trockenheit und lassen zu, dass der Unsinn stattfindet. Herzlos kopflos deppert.

Bild
Salto User
Sepp.Bacher Sun, 08/05/2018 - 09:41

Welterschöpfungstag?? nie gehört! Mein Rechtschreibprogramm - sowie auch jenes von salto - kennt den Begriff auch nicht. Ich google und finde. "... zu deutsch der "Welterschöpfungstag", bezeichnet laut (..) den Tag, ab dem wir aus ökologischer Sicht über unsere Verhältnisse leben."
"Wir Frauen haben's besser, sind ausnahmsweise freier, auch weil wir seltener Führungskräfte sein dürfen" Aber auch als Führungskräfte habt ihr eine sehr lockere und freie Kleidung. Wenn auch bei 38 Grad m. E. kaum ein kühles Lüftchen eure freien Schultern umwehen wird!

Sun, 08/05/2018 - 09:41 Permalink
Bild
Profile picture for user Franz Linter
Franz Linter Sun, 08/05/2018 - 18:10

In reply to by Sepp.Bacher

Welterschöpfungstag, Weltüberlastungstag oder globale Ressourcenerschöpfung. Wieso hört man nichts davon? Möglicherweise, weil man nichts davon hören will. Zumindest im deutschen Hörfunk BR, SWR, WDR wurde es erwähnt und je nach Sendungsthema auch erklärt. Auf salto steht auch was: https://www.salto.bz/de/article/01082018/immer-wieder-immer-frueher
Wir können uns vielleicht mit den lokalen Probleme von Ortsnamensgebung über die Nichterreichbarkeit bis zu Bär, Goldschakal und Wolf so intensiv beschäftigen, weil wir nicht nachhaltig leben, sondern einfach die Ressorcen der Nachkommen aufbrauchen.
Italien verbraucht die Ressourcen von 4,6 Italien. (https://www.overshootday.org/newsroom/infographics/)

Sun, 08/05/2018 - 18:10 Permalink