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Die Kunst und das Glück

Die Künstler Thomas Sterna und Hannes Egger verlosen Ausstellungen. Ihr kunstvolles Glücksspiel "Win-Win Lottery" findet während der "documenta fifteen" in Kassel statt.
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Foto: Win-Win Lottery

„Diese documenta fifteen räumt auf mit einem Kunstbegriff, der zuletzt wieder vielfach vor allem an Repräsentation und Wertsteigerung orientiert war“, betont der Künstler Thomas Sterna und präzisiert, „sie rückt die Kunst in die Mitte der Welt-Gesellschaft und versucht Antworten zu geben auf die brennenden aktuellen Fragen, wie zum Beispiel den Klimawandel oder die wachsende Ungleichheit zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden. Die Fragen, die sie anstößt, werden die Kunstdiskussionen der kommenden Jahre bestimmen.“ Gemeinsam mit dem Künstlerkollegen Hannes Egger hat Sterna im Umfeld der documenta fifteen ein Projekt umgesetzt, das das Glück aller herausfordern möchte, oder zumindest jene, die für die Teilnahme an dem Kunst-Projekt auch einen Beitrag von 20 Euro löhnen.

Ohne Glück kann kein Projekt glücken.
[Hannes Egger]

„Wir haben zu Beginn allerlei Szenarios durchgespielt und in Kassel viele Locations besucht, waren im Documenta-Büro und haben uns bei unserer Recherche mit zahlreichen Fachleuten vor Ort getroffen“ erinnert sich Egger an die ersten Schritte ihrer Projektidee. Bald darauf gelang es den beiden, einen passenden Raum am Bahnhofareal ausfindig zu machen, der sich als geeigneter Ausstellungsort herauskristallisierte. Parallel zur großen documenta-Schau entwickelten Sterna und Egger am Kasseler Kultur-Bahnhof am Ende einen Projektraum, in welchem sie andere Künstler*innen einladen, ihr Glück herauszufordern, um dann mit etwas Wohlwollen von Fortuna, während der Weltkunstschau selbst eine Woche lang auszustellen.


Das besondere an der Kasseler Bahnhofs-Ausstellung ist, dass das Los entscheidet. Keine Lobby, keine Jury, keine Kurator*innen. Alles reine Glücksache. „Glück spielt immer eine Rolle, es ist eine Komponente, die unser tägliches Leben begleitet. Ohne Glück zu haben, würden viele Dinge falsch laufen oder schlecht ausgehen“ ist Hannes Egger überzeugt und spinnt seinen Glück-Gedankengang in die Kunst weiter: „Es ist auch in der Kunst so. Manchmal hat man das Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit der richtigen Idee zu sein, oder die richtigen Personen zu treffen. Ohne Glück kann kein Projekt glücken.“  

Die Wahl Fortunas ist für mich viel leichter zu akzeptieren, als die Entscheidung einer Jury...
[Thomas Sterna]

Dass das Glück seine eigenen Wege findet, zeigten die bisher insgesamt sechs vorgestellten Projekte. Ausgestellt hat etwa die Familie Biggel aus dem Allgäu, sowie die jungen Künstlerinnen Çağla Erdemir, Sari Alia und Susanne Dundler. Daneben wurde von der amerikanischen Kuratorin Rachel Rogerson der aus San Salvador stammende Künstler Lucas Matell geladen, Sandra Schwender sorgte hingegen dass Martine Glod und Sarah Schleich aus Luxemburg ausstellen konnten. 
„Die Wahl Fortunas ist für mich viel leichter zu akzeptieren, als die Entscheidung einer Jury, wo man ja oft schon im Voraus weiß, dass eine spezifische Zusammensetzung eine speifische Wahl begünstigt“ spezifiziert Thomas Sterna und hebt hervor, dass „ihre Lotterie Menschen eine Chance bietet“ sich zu zeigen, „die unter normalen Umständen weitgehend abgemeldet wären.“    


Ab Freitag, 5. August ist im Ausstellungsraum der Win-Win Lottery die Ausstellung Differenzte Wirklichkeiten von Andrea Varesco zu sehen – sie hat die jüngste Verlosung gewonnen. Varesco zeigt bis Mittwoch 10. August ihr „Erforschen der unendlichen Oberfläche von Farben, von Farbmaterie und Farbdifferenzen.“
Am Samstag, 6. August um 20.30 findet die letzte Verlosung der noch ausstehenden beiden, zwischen Mitte und Ende September, zu realisierenden Ausstellung statt. Noch bis Samstag können sich Künstler*innen, Kurator*innen auf www.winwinlottery.org anmelden, um an der Verlosung teilzunehmen und im besten Fall im September in Kassel auszustellen. Viel Glück (und Können)!

 

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Peter Paul Ped… Fri, 08/05/2022 - 15:19

super.. die beste idee seit langem.. ein gerechter zugang zu einen kleinen (großen) teil kunst.. es ist genau dies gegen das ich seit jahrzente ankämpfe.. gegen - lobby.. jury.. kurator/innen.. die mein project 2000 ausschliessen.. Hannes Egger kann man nur mit respekt begegnen.. Thomas Sterna ist ja selber.. mit einem höheren grad im künstlerbund ausgestattet.. wollte er nicht.. sogar mal dort präsident werden.. wie ist es eigentlich weiter gegangen.. mit meiner idee.. im museion in bozen einen stock.. dauerhaft für die südtiroler kunstzähne zu festigen.. um auch vergleiche zu ziehen.. ist was weiter gegangen herr Sterna.. usw.

Fri, 08/05/2022 - 15:19 Permalink