Culture | Poetry Slam '23
„bin nicht isoliert von der Außenwelt“
Foto: Benno Simma/SAAV
Poetry Slam - oft als „Wettlesen um die Gunst des Publikums“ beschrieben - ist ein Bühnenformat, bei welchem die Teilnehmer:innen mit selbstgeschriebenen Texten auf die Bühne gehen und diese binnen eines Zeitlimits vortragen. Gesungen darf nur auszugsweise werden, Kostüme sind keine erlaubt. Bei der Landesmeister:innenschaft (organisiert durch die SAAV - Südtiroler Autorinnen und Autoren Vereinigung) ist das Limit des Vortrags fünf Minuten in denen es durch Text und Vortrag eine zufällig aus dem Saalpublikum ausgewählte Punktjury zu überzeugen gilt. Analog zum Eiskunstlauf werden Höchst- und Tiefstnote gestrichen, es gewinnt wer am meisten Punkte erhält.
Platz finden dabei verschiedenste Zugänge zur (Bühnen-)Literatur, sodass wir uns drei Fragen in den auf Südtirols Slam-Bühnen gebräuchlichsten Sprachen überlegt haben, welche diese Herangehensweise auf den Punkt bringen sollen. Zeit- und Zeichenlimits hatten die Slammer:innen dabei vorab keine, es stand ihnen frei, ausführlich oder in lyrischer Verknappung in den oder der Sprachen ihrer Wahl zu antworten um ihnen zumindest vorab diese Beschränkung zu ersparen.
Ein Reigen aus neun über drei Vorrunden-Slams qualifizierten Starter:innen misst sich miteinander und mit Titelverteidiger Moritz Anrater. Am Sonntag hat Lena Simonetti das Wort, welche bislang am ausführlichsten auf unsere Fragen reagiert hat.
„The points are not the point, the point is ______ .“ According to the poet Allan Wolf, who was there when the format was still in its infancy in the USA, it’s ‚Poetry‘. What else could be as - or more - important and why?
Performance! Der Slam-Text wird nämlich vorgelesen/vorgetragen mit der eigenen Stimme. Etwas zu lesen, nur zu hören oder etwa (wie beim Slam-Format) audio-visuell wahrzunehmen, macht einen Unterschied. Hier haben sowohl der Schreibprozess, als auch der Auftritt selbst ein Gewicht. Beides. Genau das reizt mich so am Poetry Slam, das macht es aber auch komplexer. Slam-Texte zu schreiben, empfinde ich als aufwendiger, weil bei mir der Performance-Aspekt eine entscheidende Rolle spielt. Bei Texten, die nicht primär für die Bühne gedacht sind (sondern hauptsächlich gelesen werden), finde ich es einfacher, weil ich auf den Inhalt und die Formulierung achte, so. Bei einem Slam-Text ist das jedoch anders: Ein Satz kann inhaltlich zwar interessant sein und gut modelliert – das stellt mich oft trotzdem noch nicht zufrieden. Ich habe mich nämlich für einen performativen Stil entschieden: Ein Text muss deshalb teils bereits musikalisch und schauspielgezielt geschrieben sein, sodass dieser genügend Wort-Choreographie bzw. performativen Ausdruck ermöglicht.
Jede*r entwickelt ihre/seine eigene Art zu slammen: auswendig, halb-auswendig, mit Zettel in der Hand, ruhig, laut, gemischt, schnell, langsam(…). Es ist wichtig, dass man sich im eigenen Stil wohlfühlt, dann kann man es selber genießen und es gelingt auch besser, weil die Wirkung vom Gesagten überzeugender rüberkommt, finde ich. Unsicherheit kann sehr gut versteckt werden, jedoch bis zu einem gewissen Punkt. Vor allem in einer Stresssituation wie einen Auftritt, sollte man sich doch zumindest die „Sicherheit“ gönnen, sich mit dem eigenen Stil identifizieren zu können.
Jede*r entwickelt ihre/seine eigene Art zu slammen: auswendig, halb-auswendig, mit Zettel in der Hand, ruhig, laut, gemischt, schnell, langsam(…). Es ist wichtig, dass man sich im eigenen Stil wohlfühlt, dann kann man es selber genießen und es gelingt auch besser, weil die Wirkung vom Gesagten überzeugender rüberkommt, finde ich. Unsicherheit kann sehr gut versteckt werden, jedoch bis zu einem gewissen Punkt. Vor allem in einer Stresssituation wie einen Auftritt, sollte man sich doch zumindest die „Sicherheit“ gönnen, sich mit dem eigenen Stil identifizieren zu können.
Und was ist für Sie der „Punkt“ an Ihrer Poesie oder Prosa?
Ausdruck. Ausdruck. Ausdruck. Meine Leitfrage ist glaube ich folgende (Warnung: sie ist unglaublich simpel, nicht enttäuscht sein): Was beschäftigt mich gerade, so wirklich, wirklich, wirklich? Also, was schwirrt mir zurzeit am meisten im Kopf herum und sollte daher am einfachsten zu ergreifen sein, um es niederzuschreiben. Texte sind Gedankenintimität – manche maskierter, andere nackter – aber letztendlich stammen sie aus einem Menschen. Innerhalb der Kunst kann alles existieren und erfunden werden, trotzdem beeinflusst das eigene Leben, der Alltag, gewisse Erfahrungen, Situationen, Begegnungen usw. Das dringt dann ein, in dem was man kreiert. Es ist wechselseitig: Kunst ist Teil meines Lebens und mein Leben ist Teil meiner Kunst.
Mehrsprachigkeit – sehr präsent nella mia vita – wirkt sich auch auf meine Schreibidentität aus: Zwar verfasse ich Slam-Texte mittlerweile vor allem auf Deutsch, aber die Italienische Sprache verführt mich – oh sì! – immer wieder. Bin außerdem verrückt nach Französisch. Allgemein denken Menschen stark kategorisch, aber in der Kreativität der Kunst sollte man die Grenzenlosigkeit ausnutzen: Sprachen kann man innerhalb eines Textes mischen, müssen auch nicht immer ganze Passagen sein, sondern auch durch gezielte, einzelne Ausdrücke. Vor allem in der Südtirol-Realität, wo viele sich entweder nur in der deutschen oder in der italienischen Sprache wohlfühlen, könnte Poetry Slam auch ein Ort der Möglichkeit sein, einen engeren Zugang dazu zu finden…
Mehrsprachigkeit – sehr präsent nella mia vita – wirkt sich auch auf meine Schreibidentität aus: Zwar verfasse ich Slam-Texte mittlerweile vor allem auf Deutsch, aber die Italienische Sprache verführt mich – oh sì! – immer wieder. Bin außerdem verrückt nach Französisch. Allgemein denken Menschen stark kategorisch, aber in der Kreativität der Kunst sollte man die Grenzenlosigkeit ausnutzen: Sprachen kann man innerhalb eines Textes mischen, müssen auch nicht immer ganze Passagen sein, sondern auch durch gezielte, einzelne Ausdrücke. Vor allem in der Südtirol-Realität, wo viele sich entweder nur in der deutschen oder in der italienischen Sprache wohlfühlen, könnte Poetry Slam auch ein Ort der Möglichkeit sein, einen engeren Zugang dazu zu finden…
Ich verspüre den Drang, Sätze zu formulieren, sie zu füllen. Ich will mich selbst überraschen, beeindrucken. Ich verspüre aber auch den Drang, sie zu zeigen. Jemandem. Anderen.
Das gibt mir manchmal ein Gefühl von… Abhängigkeit. Damit meine ich nicht – nein –, dass ich schreibe, um zu zeigen. Aber ich bin nicht isoliert von der Außenwelt, weder was Inspiration anbelangt, noch im Nachhinein, wenn ein fertiges Wort-Etwas bereits entstanden ist. Im Grunde genommen ist das ja nicht etwas Schlechtes, nur manchmal stört es mich und ich wäre gerne jemand, die schreibt und keiner weiß es, weil ich meine Worte versteckt halten kann. Aber es besteht ja ein wechselseitiges Verhältnis zwischen Publikum/Leser*innen und Schreiber*innen. Darauf sollte man sich auch einlassen können. Um zurück auf die Frage zu kommen: Es geht mir um mich, meine Ideen, pensieri. Andere Menschen sind aber auch Teil des Spieles. Sie interagieren, inspirieren, kommentieren, nehmen auf; Manchmal berührt man sie und manchmal geben sie das sogar zu. Schon toll, was für ein Potential Worte haben, zu bewegen. Innen und außen.
Das gibt mir manchmal ein Gefühl von… Abhängigkeit. Damit meine ich nicht – nein –, dass ich schreibe, um zu zeigen. Aber ich bin nicht isoliert von der Außenwelt, weder was Inspiration anbelangt, noch im Nachhinein, wenn ein fertiges Wort-Etwas bereits entstanden ist. Im Grunde genommen ist das ja nicht etwas Schlechtes, nur manchmal stört es mich und ich wäre gerne jemand, die schreibt und keiner weiß es, weil ich meine Worte versteckt halten kann. Aber es besteht ja ein wechselseitiges Verhältnis zwischen Publikum/Leser*innen und Schreiber*innen. Darauf sollte man sich auch einlassen können. Um zurück auf die Frage zu kommen: Es geht mir um mich, meine Ideen, pensieri. Andere Menschen sind aber auch Teil des Spieles. Sie interagieren, inspirieren, kommentieren, nehmen auf; Manchmal berührt man sie und manchmal geben sie das sogar zu. Schon toll, was für ein Potential Worte haben, zu bewegen. Innen und außen.
A questo messaggio ci tengo come artista… Punto e basta!
L’Arte è qualcosa di serio. M’infastidiscono tutte le insicurezze che vengono attribuite al mondo artistico. Pff… Come se il resto fosse caratterizzato dalla sicurezza, no. La sicurezza è sempre solo un’illusione. A volte i dubbi si aggrappano come muffa alle mie pareti. È difficile fare sopravvivere la convinzione, ma ne vale la pena: non deve assolutamente soffocare!
Please login to write a comment!