Culture | Film der Woche

Gold aus Gletschern

Das Drehbuch für einen 1956 gedrehten Dokumentarfilm mit Spielfilmszenen von Luis Trenker schrieb ein gewisser Karl Springenschmid. Kein Unbekannter für den Bergfex.

„Ewiges Eis...“ hört man Luis Trenker als Erzählerstimme im Film Gold aus Gletschern nach nur wenigen Minuten sagen. Aus heutiger Sicht klingt sein „ewiges“ in Verbindung mit dem Gletscherdasein heute etwas abwegig, auch wenn es immer noch Menschen gibt, die wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel leugnen oder egoistisch ausblenden. Egoistisches Ausblenden war auch ein nicht gerade beachtliches Markenzeichen des Südtiroler Schauspielers und Regisseur Luis Trenker. Über die „ungute Zeit“, wie er zu sagen pflegte, wollte er nach dem Ende des 2. Weltkriegs nicht gerne reden. Wer seine Biografie kennt, weiß auch warum.
 

bild1.jpg

 


Luis Trenker hat Pionierarbeit in Sachen Bergfilm geleistet. Keine Frage. Die Größe seines Namens hat sich bis heute erhalten, allerdings weniger im Hinblick auf sein künstlerisches Schaffenswerk, vielmehr als Namensgeber für Bekleidung einer schwammig mit dem Strom schwimmenden alpinen Modewelle. Trenker selbst ist in seiner Laufbahn auch gern mitgeschwommen, zunächst auf seiner eigenen Erfolgswelle, doch ließ er sich schon bald in politisch uferloses Gebiet treiben.
 

Von Anfang an hat Trenker Ghostwriter an seiner Seite, Schreiberlinge, die gegen Bezahlung Trenkers Ideen in ganze Sätze fassen...


Mit Anfang der 1930er Jahre beginnt Trenker seine Erzähllust nicht nur filmisch umzusetzen, sondern auch in Buchform. Wie am Fließband publiziert er Romane und Geschichten aus den Alpen, schreibt über die Bergbevölkerung, über Tradition, Heimat. Und selbstverständlich über fast jeden Gipfel der Alpen. „Ein Buch hafte länger im Gedächtnis der Öffentlichkeit“ meinte Luis Trenker zu Beginn seiner „literarischen“ Laufbahn. Seine erste Publikation brachte der geschäftstüchtige Trenker 1931 heraus. Seinen Schmöker nennt er Berge in Flammen. Ein Roman aus den Schicksalstagen Südtirols. Geschrieben hat diesen allerdings nicht er (alleine), wie auch viele seiner Publikationen die noch folgen sollten. Von Anfang an hat Trenker Ghostwriter an seiner Seite, Schreiberlinge, die gegen Bezahlung Trenkers Ideen in ganze Sätze fassen und dem Filmhelden zu Ruhm und Ehre in den Buchläden verhelfen. 
 

plakate.jpg

 


Trenker angelt sich zunächst den Münchner Erzähler, Feuilletonisten, Sammler und Erzähler „übersehener Klassiker“ Walter Schmidkunz als Hilfsautor. Er unterstützt Trenkers Publikationsdrang, sei es bei den Drehbüchern Der Sohn der weißen Berge, Berge in Flammen und Der Rebell, sowie bei den Büchern Berge in Flammen, Meine Berge, Berge und Heimat, Helden der Berge und Bergwelt – Wunderwelt. Trenker ist in Mode. Auch Adolf Hitler und Benito Mussolini sind vom Filmkünstler fasziniert. Nachdem es 1935 mit Hilfsautor Schmidkunz zu Streitigkeiten kommt, engagiert Trenker den bekennenden Nationalsozialisten Karl Springenschmid aus Salzburg. Zusammen schreiben die beiden Helden der Berge und den rassistischen Kolonialroman Leuchtendes Land. Zudem kommen immer wieder neue Auflagen der bereits erschienenen Bücher in Umlauf, die Trenker den politischen Gegebenheiten entsprechend anpassend überarbeitet. So beispielsweise das Buch Berge und Heimat. Endet es in den ersten Auflagen noch mit dem pathetischen Schlusssatz „Darum schrieben wir dieses Buch und legen es euch ans deutsche Herz!“, haben die Autoren in der Ausgabe aus dem Jahre 1939 den Lesern noch Zusätzliches mitzuteilen. „Und jetzt wo das große Geschehen vom 13. März 1938 unter unserem großen Führer Adolf Hitler dem Reich aller Deutschen die stolzen, weiß schimmernden Bastionen der Alpen wiedergab, die von den ungarischen Ebenen über die Steiermark, Kärnten und Tirol bis ins schwäbische Land reichen, jetzt erst recht möge jeder Deutsche seine Berge lieben und kennenlernen in all ihrer Ruhe und Größe! Darum schrieben wir dieses Buch und legen es euch ans deutsche Herz!“ Von wem auch immer dieser unmissverständliche Zusatz stammen mag, der „literarische Anschluss“ der Alpen an das Deutsche Reich ist den Autoren des pseudohistorischen Machwerks zuzuschreiben. Springenschmid war nicht nur Lehrer, Dichter und Autor gewesen, er war vor allem ein früher Funktionär der Nazis in Salzburg. Und als NS-Landesschulrat der Hauptverantwortliche für die Salzburger Bücherverbrennung (30. April 1938), nur eineinhalb Monate nach dem Anschluss.
 

Der Film zeigt den Bau der Kraftwerksgruppe Kaprun und die Arbeit der Menschen auf den Stausee-Baustellen im Hochgebirge.


1946 stand das Gesamtwerk Springenschmids auf der österreichischen „Liste der gesperrten Autoren und Bücher“. Zudem stand er als mutmaßlicher Kriegsverbrecher auf dem staatspolizeilichen Fahndungsblatt vom 1. Juli 1946, entzog sich seiner Verhaftung durch Flucht, versteckte sich bis 1951 in den oberösterreichischen Bergen, nahm den Namen Karl Bauer an und verschaffte sich falsche Papiere. Ab 1953 darf er wieder frei publizieren und arbeiten. Auch für Trenker. Für den Dokumentarfilm Gold aus Gletschern schreibt er das Drehbuch. Der Film zeigt den Bau der Kraftwerksgruppe Kaprun und die Arbeit der Menschen auf den Stausee-Baustellen im Hochgebirge. Die Aufnahmen werden mit Spielszenen ergänzt, in denen Annette (Marianne Hold) und der Werksstudent Florian als Liebespaar Ausflüge in die Umgebung rund um den Großglockner machen. Hauptdarsteller ist Florian Trenker, der älteste Sohn Luis Trenkers.
 

Gold aus Gletschern / Quelle: Amt für Film und Medien 

 

Regie    Luis Trenker
Drehbuch    Karl Springenschmid
Produktion    Luis Trenker Luis Trenker-Film GmbH (München)
Musik    Rudolf Perak
Kamera    Heinz Müller-Brunke
Schnitt    Hans Karl Zeiler

Schauspieler*innen
Marianne Hold: Annette
Florian Trenker: Florian
Rigobert Wallner