Stressfaktor Kindergarten

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Bald heißt es für fast 15.000 Kinder in Südtirol wieder: ab in den Kindergarten. Für viele Eltern bedeutet das, ihre Arbeitszeiten an die Öffnungszeiten der Kindergärten anzugleichen. Diese sind landesweit gleich geregelt und gehen von Montag bis Donnerstag von 7:30 Uhr bis 14:30 Uhr, am Freitag bis 12:30 Uhr. Für manche Eltern sind diese Öffnungszeiten nicht mit den eigenen Arbeitszeiten vereinbar.
Sonja Hellrigls dreijährige Tochter besucht den Kindergarten in Marling. Dieser schließt am Freitag zu Mittag, trotz verlängerter Öffnungszeiten. Daran müsse man sich anpassen, erklärt die Mutter: „Wir Eltern können uns nur im Rahmen dieser Öffnungszeiten bewegen. Wenn der Kindergarten am Freitag mittags schließt, können wir als berufstätige Eltern in den Nachmittagsstunden einfach nicht arbeiten.“
Sonja Hellrigl arbeitet in Teilzeit als Schulsekretärin im Büro und kann sich ihre Arbeitszeiten flexibel einteilen. Andere Eltern hätten diese Option allerdings nicht und seien auf private Angebote oder die Hilfe der Großeltern angewiesen, erklärt sie.
Gesetzlich geregelt werden die Kindergärten mit dem Landesgesetz vom 16. Juli 2008, Nr. 5. Dieses legt fest, dass das Jahresstundenkontingent in Kindergärten zwischen 850 und 1.700 Stunden liegt und bei verlängerten Öffnungszeiten zusätzliches Personal vorgesehen ist. Die Öffnungszeiten können zwischen den Kindergärten leicht variieren und werden von den Kindergartendirektionen mit den Beiräten festgelegt, basierend auf dem von der Landesregierung beschlossenen Kalender.
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Verlängerte Öffnungszeiten
Die Option für außerordentliche verlängerte Öffnungszeiten gibt es in Südtirol, jedoch nicht überall. In 47 von 265 deutschsprachigen Kindergärten in Südtirol können die Eltern bei der Einschreibung die längeren Öffnungszeiten beantragen. Dann können die Kinder – im Normalfall – von Montag bis Donnerstag bis 16 Uhr und am Freitags bis 17 Uhr im Kindergarten bleiben. Aber auch hier gibt es Ausnahmen.
Laut Helena Saltuari, der Landesdirektorin der deutschsprachigen Kindergärten, handle es sich um ein „außerordentliches Angebot über die reguläre Öffnungszeit des Kindergartens hinaus, das derzeit punktuell, aber nicht flächendeckend als zusätzliches Angebot für die Familien durch zielgenauen Ressourceneinsatz möglich wird“. Das Angebot wird deshalb erst möglich, wenn mindestens zehn Kinder Bedarf anmelden. Ebenfalls Voraussetzung ist die Berufstätigkeit beider Elternteile, die mit Eigenerklärung zu belegen ist. Das Angebot gäbe es in den Kindergärten aller drei Sprachgruppen, erklärt Saltuari.
„Punktuell, aber nicht flächendeckend“ sieht am Beispiel der Gemeinde Bozen so aus: Es gibt insgesamt 24 deutschsprachige Kindergärten. Davon bieten 11 die verlängerten Öffnungszeiten an.
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Nachmittagsbetreuung
Und der Rest? Viele Eltern entscheiden sich dafür, auf private Angebote auszuweichen. Laut Webseite der Provinz sind Gemeinden verpflichtet, diese externen Betreuungsangebote für die Nachmittage zu schaffen. Helena Saltuari betont: „Die Führungskräfte vor Ort sind – in enger Abstimmung mit den Gemeinden – bei bestehender Nachfrage bemüht, auch Angebote mit externen Betreuungsanbietern im Kindergarten zu installieren.“
Im August hatte sich die Allianz für Familie mit Bildungslandesrat Marco Galateo zu einem Austausch getroffen. Die Unvereinbarkeit der Betreuungszeiten mit den Arbeitszeiten würde den Fachkräftemangel verstärken und Frauen in Teilzeitmodellen gefangen halten, betont Christa Ladurner, Sprecherin der Allianz für Familie. Sie fordert, dass es eigentlich mehr Nachmittagsprogramme geben müsste. Nun seien weitere Treffen geplant, um tragfähige Lösungen zu finden.
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Konfliktpunkt Betreuung
Im vorigen Jahr sorgten Spannungen um die Nachmittagsbetreuung im Kindergarten Martin Knoller in Gries für Unruhe. Eltern fühlten sich von der Leiterin bei der Antragstellung für die verlängerte Öffnungszeiten unter Druck gesetzt und teils moralisch angegriffen.
„Dass alle Eltern um 16 Uhr schon frei haben, ist unrealistisch.“
Ob die Kommunikation in diesem Jahr anders ablaufen wird, wisse man noch nicht, erzählt ein Vater, der anonym bleiben möchte. Die Öffnungszeiten würden ihnen als arbeitende Eltern trotz Verlängerung zu schaffen machen, betont er: „Wir arbeiten jeden Tag von 8 bis 18 Uhr und wir arbeiten gerne. Bis wir zu Hause sind, passt ein Babysitter auf unsere Kinder auf. Manchmal muss der Kindergarten aber aus verschiedenen Gründen früher schließen, worüber wir Eltern nur sehr kurzfristig informiert werden.“
Die Familie ist erst vor kurzem aus Österreich zurück nach Bozen gezogen und war dort andere Öffnungszeiten gewohnt: „Dass alle Eltern um 16 Uhr frei haben und nicht arbeiten müssen, ist aus meiner Sicht unrealistisch.“ Der Vater wünscht sich mehr Nachmittagsangebote direkt im Kindergarten: „Es ist für die Kinder eine vertraute Umgebung. Dort kennen sie die Betreuerinnen und Betreuer und die anderen Kinder.“
Für die meisten Eltern in Südtirol heißt es also: Freitag um 12:15 Uhr vor dem Kindergarten stehen, bereit zum Abholen. Damit bleibt die Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung weiterhin eine Herausforderung.
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