Culture | Ausstellung

Vom Wagnis eines zweiten Blickes

Eine Ausstellung für Versöhnung und Rücksprache

Die neu getaufte autonome Kunsthalle Bozen (vormals Krone 35) im ehemaligen Mebocenter in Sigmundskron öffnet am 10. Oktober um 18 Uhr wieder ihre Pforten und lädt zu einer Fortsetzung der Ausstellungsreihe BBC- Berlin Bozen Connection ein. Die Schau zeigt eine Auswahl zeitgenössischer KünstlerInnen, die ihren Arbeitsmittelpunkt in Berlin und Bozen haben.

Die Südtiroler Malerin Cornelia Lochmann, die einige Jahre in Berlin studiert hat, war inspiriert durch den freien Geist der deutschen Kunstmetropole und wollte in Bozen einen Ort schaffen, wo im unabhängigen Rahmen junge und zeitgenössische Kunst gezeigt werden kann. Das ehemals als Einkaufszentrum geplante und bis dato fast unbenutzte Mebocenter in Sigmundskron erwies sich als dafür sehr geeignet. Im Mai 2015 fand die erste Ausstellung BBC statt (wir haben berichtet), welche nun mit einer Schau zum Thema Reconciliation/ Rücksprache weitergeführt wird.

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Zeitgleich wird mit dieser Ausstellung das Residency-Projekt "Künstler in der Kunsthalle" mit dem ersten Gastkünstler Maximilian Thiel vorgestellt. Der in Mexiko verschollen geglaubte Berliner Künstler kehrt in die Welt der Lebenden zurück mit einem Manifest für Brüderlichkeit und Nächstenliebe. Nach den raumgreifenden Installationen Mausoleum I, II und III, die er auf der Strecke von Mexiko nach Deutschland errichtet hat, wendet er sich Ende 2014 dem Thema der Versöhnung zu. Mit "Reconciliación - Capricho" in Cali (Kolumbien) entstand die erste Wandarbeit zu dem Thema auf 15 m Wandfläche unter einer Autobahnbrücke. In der Kunsthalle Bozen wird es nun eine Fortsetzung geben.

Thiel ist Wandkünstler und Wanderkünstler. Seinen Wandarbeiten wohnt der Geist eines Reisenden inne, der vielmehr als Medium für das entstehende Kunstwerk fungiert. Die Wände sind an die Orte gebunden, der Künstler ist mobil. Nach und nach schafft er mit seinen Arbeiten ein weltumspannendes Netzwerk ästhetischer Knotenpunkte, wie es sich Martin Kippenberger einst mit seinen U-Bahnhöfen erträumt hat. Thiel arbeitet intuitiv mit den Energien des jeweiligen Ortes. Ohne Vorzeichnung nutzt er die klassische Technik des Sgraffito ganz unklassisch. In der Renaissance als dekorative Kunst wiederentdeckt, wird beim Sgraffito ein vorgegebenes Motiv als Freskorelief auf eine Wand übertragen. Thiel bearbeitet seine Wandflächen jedoch wie ein Skizzenbuch und lässt so den umgebenden Energien die Möglichkeit, über seinen Bewusstseinsstrom in die Wandarbeit direkt einzufließen.

Reconciliation bedeutet soviel wie Versöhnung. Wörtlich kann es aber auch mit Widerberatung oder Rücksprache übersetzt werden. Der im Deutschen theologisch christlich geprägte Begriff der Versöhnung, der sich im Mittelalter aus dem Wortstamm der Sünde, der Sühne und damit der Schuld ableitet, wird im angehenden 19. Jahrhundert von Hegel als eine Synthese innerhalb einer philosophischen Dialektik relativiert. Die Ausstellung Reconciliation lädt uns ein, einen zweiten Blick zu wagen. Eine wiederholte Annäherung, ein Überdenken bestehender Formen und Vorurteile.


BERLIN BOZEN CONNECTION II
RECONCILIATION

KünstlerInnen: Maximilian Thiel, Malte Kebbel, Daniela Milosevic, Karin Pertoll, Rupert Waldboth, Egon Rusina, Stefanie Walk mit Johan May, Elisa Bergmann, Cornelia Lochmann, Petra Polli, Ali Altin

Vernissage 10.10.2015, 18 Uhr
Kunsthalle Bozen, Ex MeboCenter, Sigmundskronerstr. 35
Sgrafitto, Painting, Graphic, Photography, Video Art, Installation, Perfomance, Live-Acts

Öffnungszeiten 10.10. - 24.10.2015
Mi-Fr, 15 - 18 Uhr und nach Vereinbarung
Kontakt: [email protected]
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