Economy | Rentenreform

Augenauswischerei statt Reform

Wir stehen kurz vor der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes für das kommende Jahr. Seit Mitte August gibt es bei den Renten eine Flut von Vorschlägen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Camera dei deputati
Foto: Ufficio Stampa Presidenza della Repubblica
  • Statt über eine strukturelle Reform zu sprechen – das einzige Treffen zu diesem Thema fand am 18. September 2023 statt –, diskutiert man lediglich über Notlösungen. Das Wahlkampfversprechen der Lega, das Fornero-Gesetz zu überwinden, ist längst vergessen. Im Gegenteil: Die amtierende Regierung hat die Voraussetzungen für den Vorruhestand verschärft und die Flexibilität beim Ausscheiden aus dem Erwerbsleben eingeschränkt. Nach wie vor gilt zudem das Rentenalter von 67 Jahren. Zu all dem gab es keine Gespräche mit den Gewerkschaften. Man gewinnt den Eindruck, dass die Renten als Geldautomaten oder als Propagandainstrument für die Wahlkabine missbraucht werden.

    Leider ist das Gedächtnis der Öffentlichkeit kurz. Heute steht die Möglichkeit einer vorgezogenen Rente mit 64 Jahren wieder zur Debatte – allerdings unter verschlechterten Bedingungen. Kaum jemand erinnert sich daran, dass das Fornero-Gesetz von 2011 den Zugang zur vorzeitigen Rente im beitragsbezogenen System mit 63 Jahren, 20 Beitragsjahren und einem Betrag in Höhe des 2,8-fachen der Sozialhilfe – also etwa 1 300 Euro – vorsah. Die derzeitige Regierung hat das Alter auf 64 Jahre und die Beitragsdauer auf 25 Jahre angehoben. Auch liegt der notwendige Rentenbetrag beim Dreifachen der Sozialhilfe, also bei ca. 1 600 Euro. Im Gegenzug kann die Zusatzrente mit der staatlichen Rente kumuliert werden. Laut Regierung können jedoch nur wenige Tausend Menschen auf diese Weise die Differenz von 300 Euro ausgleichen.

    Diese Voraussetzungen dürften nur diejenigen erreichen, die ein gutes und kontinuierliches Einkommen hatten. Wer beispielsweise als Reinigungskraft gearbeitet hat, wird wegen des geringen Lohns sogar erst mit 71 Jahren in Rente gehen können – mit dem Risiko, nicht einmal alle eingezahlten Beiträge wiederzuerhalten, da mit steigendem Alter die Jahre, in denen man die Rente bezieht, sinken. Angesichts dieser Situation ist es zutiefst ungerecht, einen Schwellenwert als Kriterium für den Zugang zur vorgezogenen Rente festzulegen.

    Anstelle der Verwendung des TFR könnte man diesen Wert zurückfahren. Simulationen der CGIL zeigen, dass selbst der TFR nicht ausreicht, um die erforderlichen 1 600 Euro für jene Arbeitnehmer zu erreichen, die aufgrund ihres niedrigen Gehalts bereits heute Probleme haben. Durch die Möglichkeit, die Abfertigung für alle Bediensteten zu verwenden, würde sich der zukünftige Rentner sein vorgezogenes Ausscheiden selbst finanzieren. Bei geringem Gehalt ist die Summe ebenfalls gering, sodass auch dieser Weg für viele nicht gangbar wäre. Es handelt sich also um reine Augenauswischerei!

    Für das Haushaltsgesetz 2024 musste die Regierung zusätzliche Mittel aufbringen, indem sie die Kriterien zur Berechnung der Renten für den vorzeitigen Ruhestand im öffentlichen Dienst verschärfte. Die Regierung griff rückwirkend in bereits erworbene Rentenansprüche ein.

    Glücklicherweise bestätigen die Berichte der INPS, dass das System derzeit stabil ist. Wenn heute 1,4 Arbeitnehmer auf einen Rentner kommen, wird das Verhältnis in etwa zehn Jahren bei 1:1 liegen. Ursache ist nicht nur der Bevölkerungsrückgang, sondern auch die Alterung. Unter der Voraussetzung, dass nicht nur die Anzahl der Erwerbstätigen, sondern auch die geleisteten Arbeitsstunden und die Produktivität maßgeblich sind, ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitswelt im Umbruch ist. Ein beitragsbezogenes System, in dem die Rente nach eingezahlten Beiträgen berechnet wird, müsste stabiler sein.

    Doch auch die Schwächsten auf dem Arbeitsmarkt müssen eine Garantie für eine angemessene Rente haben. Dies erfordert der Generationenvertrag, der unser Sozialversicherungssystem zusammenhält. In Zukunft besteht nach Jahren der Beitragszahlung die Gefahr einer sehr geringen Rente. Das Ziel sollte eine garantierte Rente sein, deren Höhe sich nach Beitragsjahren und Alter richtet. Es muss eine Diskussion eröffnet werden, um unserer Sozialversicherung eine langfristige Zukunft zu geben.


    Ein Beitrag von Alfred Ebner