Society | Informatikpreis

Auf dem Weg zum schlauen Web

Ein Forschungsteam der Uni Bozen hat unter der Leitung von Prof. Diego Calvanese einen Informatikpreis vom Semantic Web journal erhalten.
Note: This article was written in collaboration with the partner and does not necessarily reflect the opinion of the salto.bz editorial team.
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Foto: unibz

Es ist wohl ein Segen des 21. Jahrhunderts und gleichzeitig sein Fluch: Das Internet und der damit verbundene grenzenlose Zugang zu unendlicher Information. Wer das Internet regelmäßig nutzt, kennt das Gefühl, in einem Meer von Daten und Wissensvorräten unterzugehen. Kaum sucht man nach einer Information, spuckt die Suchmaschine Unmengen an Material zu dem Thema aus. Woher weiß der Nutzer, welche Info relevant ist? Um das kluge Aussortieren dieser Daten geht es im sogenannten Semantic Web research. „Das Semantic Web kann als die neue Generation des Webs angesehen werden, in dem die Webseiten nicht nur Text, Bilder und Daten enthalten, sondern auch Informationen, was diese Daten bedeuten. Suchmaschinen, welche die Bedeutung der Seiten lesen können, können diese Semantik nutzen und z.B. Informationen entsprechend anzeigen. Denken Sie an die Infoboxen von Google, die auf strukturierte Informationen im Web aufbauen,“ erklärt Diego Calvanese, Professor der Fakultät für Informatik an der Uni Bozen.

Diesem Forschungsbereich widmet sich die Fachzeitschrift Semantic Web journal. Jährlich vergeben sie den Preis für hervorragende Forschungsarbeiten zu dem Thema. Dieses Jahr ging er an Professor Calvanese und sein Team. „In unserer Publikation beschreiben wir ein Softwaresystem das wir schon seit mehr als fünf Jahren an der Fakultät für Informatik der Freien Universität Bozen entwickeln.  Unser System, Ontop genannt, erlaubt es auch nicht-Experten mittels semantischer Technologien auf komplexe Daten, die in Datenbanken gespeichert sind, einfach und effizient zuzugreifen.“

Semantic Web research ist ein sehr gefragter Teilbereich der Informatik und wichtig für unsere Gesellschaft. Dies erkannte Professor Calvanese sehr früh: „Daten und Informationen nehmen mit unglaublicher Geschwindigkeit zu, und es wird zunehmend schwieriger diese ungeheuren Datenmengen sinnvoll zu nutzen. Semantik kann dann helfen, dass sowohl Maschinen auf Daten zugreifen können, als auch Anwender, die keine speziellen Informatikkenntnisse besitzen. Semantik bedeutet auch Wissen, das heißt die verfügbaren Daten können mit dem Wissen kombiniert werden, um neue Daten und Erkenntnisse zu gewinnen.“  

Auf diese schlauen Suchmaschinen sind vor allem größere Organisationen angewiesen, sowie Unternehmen oder die öffentliche Verwaltung. Demnach ist die Anerkennung, die das Team der Universität Bozen für seine Forschung erhalten hat, durchaus berechtigt. Dennoch hatte Diego Calvanese nicht mit der Auszeichnung und der wissenschaftlichen Resonanz gerechnet, die seinen Studien folgten: „Was ich am überraschendsten finde und was mir als Wissenschaftler große Freude bereitet, ist die Anzahl an wissenschaftlichen Arbeiten, die diese Forschungslinie mit sich gezogen hat.  Der erste Artikel, den wir darüber publiziert haben, hat bereits mehr als tausend Zitierungen in wissenschaftlichen Konferenzen und Fachzeitschriften erhalten, und ist damit auch meine meistzitierte Arbeit.“

Das Projekt Ontop startete zunächst auf theoretischen Grundlagen. Aus einer Zusammenarbeit mit der Universität Rom entwickelte sich ein praktisches Projekt. Das Programm, das heute von tausenden Benutzern weltweit runtergeladen und in den verschiedensten Anwendungsbereichen verwendet wird, war ursprünglich eine Doktorarbeit. „Von der theoretischen Effizienz zur praktischen Verwendbarkeit war der Weg lang.  Er ging über eine Doktorarbeit einer meiner ehemaligen Studenten, der jetzt Forscher bei IBM in New York ist, bis hin zu einem großen EU-Projekt, Optique. Im Rahmen von Optique haben wir unser Ontop System entwickelt und mit industriellen Anwendungen bei Statoil in Norwegen und bei Siemens in München auf die Probe gestellt“, erinnert sich Diego Calvanese.

Siemens erzeugt seine Daten mittels Turbinen, die mit tausenden Sensoren zur Messung von Druck, Vibration und Geschwindigkeit ausgestattet sind. Das Warten solcher hochkomplexer Maschinen ist jedoch sehr kostspielig und zeitaufwendig. Und hier etwa kann das Ontop System zum Einsatz kommen, indem es den Wartungsingenieuren dabei hilft, den Zugriff auf die korrekten Daten zu den richtigen Zeitpunkten zu wählen. Noch fungiert es lediglich als Prototyp, das Projekt Optique wird in wenigen Tagen ablaufen. Doch an Ontop will Professor Calvanese weiter arbeiten und das Programm für neue Anwendungen stetig verbessern. Eine kluge Software entsteht schließlich nicht von selbst.