Sports | Analyse

Immer die gleichen Fehler

Der FC Südtirol schießt zu wenig Tore. In Cesena war wieder keine strukturierte Offensive zu sehen. Die Gründe? Einer ist auf individualtaktischer Ebene zu finden. Das schauen wir uns heute einmal genauer an.
Federico Valente bei der Niederlage gegen Cesena
Foto: Ufficio Stampa FCS - Foto Bordoni
  • Der FC Südtirol spielte heute Nachmittag in Cesena. Cesena stellt den bisherigen Toptorschützen der Serie B – Christian Shpendi. Cesena ist (auch dank Shpendis Tore) besonders heimstark – das heimstärkste Team der bisherigen Saison um genau zu sein. Und Südtirol? Nun, der FCS war bis dato auswärts vor allem für sein abwartendes Pressing bekannt, kompakt verschieben, dann nach Ballgewinn vertikal auf Odogwu spielen, der dann die nachrückenden Mitspieler einsetzen soll. Sehr ähnlich spielt auch Cesena: schnell vertikal auf Shpendi und Augustus Kargbo. 

  • Sehr ähnliche Spielanlagen und doch kleine Unterschiede

    Einziger Unterschied: Shpendi lässt sich gerne in den 10er-Raum zurückfallen, um sich dadurch entweder anspielbar zu machen oder aber einen gegnerischen Innenverteidiger mit rauszuziehen: Den dadurch geöffneten Raum kann dann in erster Linie Kargbo attackieren.

  • Cesena im Ballbesitz: Shpendi ließ sich häufig aus dem Sturmzentrum in den 10er-Raum zurückfallen (gelb). Die Idee: Entweder einen Innenverteidiger mit herausziehen oder sich anspielbar machen. Foto: SALTO
  • Durch diese ähnlichen Spielansätze beider Teams war der Spielverlauf sehr unruhig. Denn vertikale Zuspiele sind in der Regel riskant. Odogwu beispielsweise bekam es meistens mit einem direkten Gegenspieler und einem zusätzlichen, der den Südtiroler Stürmer doppelte, zu tun. Auf der anderen Seite bewegte sich Shpendi in den Zwischenlinienraum, der ohnehin sehr klein und eng ist, und von den Gästen zusätzlich verknappt wurde (tiefes Mittelfeldpressing, wir erinnern uns). Allerdings ist es aus strategischer Sicht wichtig und richtig, diese Zone zwischen den Abwehrlinien zu besetzen. Ich werde nicht müde, das zu betonen, ich weiß. Auch heute sollte sich die Entscheidung Valentes, darauf zu verzichten, als großes Manko und schwerwiegender Fehler herausstellen. 

  • Individualtaktische Tweaks für das Spiel mit dem Ball

    Es gibt hinreichend Studien, die belegen, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Fußballaktion zunimmt, wenn sich Spieler unmittelbar vor der Ballannahme (etwa bei einem Zuspiel) umsehen, über die eigene Schulter blicken („Schulterblick“). Ebenfalls höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler den Ball in einer "offenen Stellung" - also mit Körperstellung und Blick Richtung gegnerisches Tor - annehmen kann. Der Clou: Wenn ich das Spiel, den Gegner und die Mitspieler (also so gut wie alle Einflussgrößen) vor mir habe, kann ich bessere Entscheidungen treffen. 

    Die Spieler des FCS machen das aber genau nicht. Weder positionieren sie sich in einer offenen Stellung vor der Ballannahme, noch spielen die Mitspieler den Passempfänger so an, dass dieser sich mit Blick Richtung gegnerischem Tor aufdrehen könnte.

  • Arrigoni unter der Lupe: In dieser geschlossenen Körperstellung wird das Zuspiel für Arrigoni unnötig erschwert - hier wird es beim Gegner landen. Foto: SALTO
  • Hingegen sind im Spiel des FCS immer wieder solche Passwinkel und Körperstellungen, wie oben, zu beobachten. Das und die Vernachlässigung anderer wichtiger Offensivprinzipien führen dazu, dass das Offensivspiel der Südtiroler so oft ideenlos, behäbig – ja: fast langsam – aussieht, ihm die Effektivität abgeht. 

  • Auf der gleichen Ebene: Casiraghi und Davi bewegen sich in Erwartung des Zuspiels nach außen, bleiben dabei aber auf der gleichen Ebene: Südtirol hat sich in U-Form angeordnet Foto: SALTO
  • Hier bewegen sich Casriaghi und Davi in Erwartung des Zuspiels nach außen. Sie tun dies praktisch gleichzeitig und bleiben auch danach auf derselben Ebene, der FCS findet sich als Mannschaft wieder in einer U-Anordnung wieder. Das stellt die verteidigende Mannschaft in der Regel vor keine schwierigen Aufgaben. Folgerichtig blieb Südtirol über das gesamte Spiel hinweg harmlos: Kein ernstzunehmender Torschuss, keine gefährliche Offensivaktion, die vorbereitet oder einstudiert wirkte. 

    Man überlässt vieles dem Zufall beim FC Südtirol. Das ist nicht gut und wird nicht gut gehen.