Environment | Landtag
Die Wolf-Gang
Foto: Pixabay
Marketing ist auch in der Politik oft wichtiger als der Erfolg.
So kann man auch diese Geschichte sehen. Die Tageszeitung hievt in ihrer Mittwochausgabe „Die Wolf-Koalition“ auf ihr Titelblatt. Neben zwei Vierbeinern sind auf dem Titelfoto Ulli Mair, Andreas Leiter Reber, Josef Unterholzner und Franz Locher zu sehen. „Im Landtag sagte eine partieübergreifende Koalition dem Wolf den Kampf an. Ihr Ziel: eine schnelle und unbürokratische Entnahme von Großraubwild. Ansonsten gebe es bald auch menschliche Opfer“", heißt es im Vorspann.
Es ist eine politisch interessante und durchaus brisante Geschichte. Was die Tageszeitung dabei aber zu erwähnen vergisst. Die Aktion ist fast genau 2 Monate alt. Denn der parteiübergreifender Begehrensantrag wurde bereits am 9. November 2022 im Landtag eingereicht. Nur hat bisher kaum jemand Notiz davon genommen.
Die Initiative geht dabei vom Enzian-Landtagsabgeordneten Josef Unterholzner aus, der es schaffte nicht nur die beiden Freiheitlichen Abgeordneten Ulli Mair und Andreas Leiter Reber auf das Mähboot gegen die Wölfe zu holen, sondern auch den Sarner SVP-Abgeordneten Franz Locher.
Diese Konstellation dürfte einigen unterm Edelweiß durchaus sauer aufstoßen. Denn der Begehrensantrag ist eine offene Kritik an der bisherigen Großraubtier-Politik der Südtiroler Landesregierung und dem Vorgehen des zuständigen Landesrates Arnold Schuler.
Das wird in den ersten Zeilen des Antrages mehr als deutlich. Dort heißt es:
„Mittlerweile werden täglich aus allen Seiten Südtirols Wolfsrisse gemeldet. Bis heute wurde oder ist von Seiten der Politik wenig bis gar nichts unternommen worden. Die Bauern und Tierhalter fühlen sich allein gelassen. Trotz des um Hilfe geradezu bettelnden Aufschreis der Bauern fühlt sich niemand wirklich angesprochen.“
Ein Begehrensantrag des Landtages fordert meistens die italienische Regierung und das Parlament dazu auf, gesetzgeberische Schritte einzuleiten. So auch diesem Fall.
Demnach soll die Regierung und das Parlament aufgefordert werden, „gesetzliche Grundlagen zu schaffen, um den Abschuss der problematischen Großraubwildtiere schnell, unbürokratisch und mit Vernunft zu ermöglichen.“
Die weiteren Forderungen: Es sollen Personen zum Abschuss von Großraubtieren ermächtigt werden, deren Namen, so heißt es im Begehrensantrag, „sollten dem Datenschutz unterliegen, um mögliche Anfeindungen von radikalen Tierschützern zu unterbinden.“ Zudem fordert man die italienische Regierung, auf eine einheitliche Regel für den Abschuss von Großraubwildtieren für den gesamten Alpenraum zu schaffen.
Es folgt ein Schritt, der deutlich macht, dass eine ernsthafte Gefahr von Tollwut selbst bei Südtiroler Politikern besteht.
Bis hierhin dürften die Forderungen nachvollziehbar sein. Es folgt dann aber ein Schritt, der deutlich macht, dass eine ernsthafte Gefahr von Tollwut selbst bei Südtiroler Politikern besteht.
Notwehr auf der Alm
Am 7. März 2019 hat das Parlament eine vom damaligen Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini ausgearbeitete Reform des Strafgesetzes im Bereich der Notwehr genehmigt. Nach zahlreichen Überfällen vor allem auf Ladenbesitzer reformierte die Lega unterm dem Propagandatitel „legittima difesa“ den Artikel 52 des Strafgesetzbuches (siehe untenstehenden Kasten). Das strafrechtliche Instrument der „gerechtfertigten Verteidigung“ oder Notwehr wurde mit der Reform ausdrücklich auf die Geschäftsräume, Büros oder Liegenschaften für die wirtschaftliche Tätigkeit ausgedehnt. Ursprünglich wurde der Notwehr-Paragraph - zwar nicht ausschließlich - aber meisten in den eigenen vier Wänden zur Anwendung gebracht.
Die Salvini-Reform ist auf viel Kritik gestoßen, weil selbst renommierte Juristen darin - nach amerikanischen Vorbild - eine Art Freibrief sehen, mit denen man auf Einbrecher schießen kann. Und das passierte in den darauffolgenden Jahren in Italien immer wieder.
In ihrem Kampf gegen Wolf und Bär bemühen die vier Südtiroler Landtagsabgeordneten jetzt genau diesen Salvini-Artikel.
So heißen zwei Forderungen im Begehrensantrag:
-
Gesetzgeberisch sicherzustellen, dass die Notwehr auch bei Angriffen durch Wildtiere zur Anwendung kommt, und zwar in jenem Sinne, dass die Bürgerinnen und Bürger zum Schutz der Unversehrtheit von Personen und ihrer Vermögensrechte einschreiten können.
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Gesetzgeberisch sicherzustellen, dass die Sonderbestimmung über die Verhältnismäßigkeit der Notwehr (im Sinne der Absätze 2 und 3 des Artikel 52 StGB) ausdrücklich auch auf die Flächen der Alm- und Weidewirtschaft auszudehnen ist.
Demnach sollen die Bauern auf den Almen eine Art Freibrief zum Schießen erhalten. Eine Bestimmung, die für Raubüberfälle zwischen Menschen angedacht ist, soll so erstmals auch auf die Tierwelt ausgedehnt werden.
Es ist im Übrigen auch eine Denkschule, die SVP-Senator und Jurist Meinhard Durnwalder bei mehreren Auftritten zu diesem Thema vertreten hat.
Frei nach dem Motto: Auf der Alm da gibt’s kein Sünd.
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Es wird interessant sein zu
Es wird interessant sein zu sehen, was vor den Wahlen so alles aus dem Zauberhut gezogen wird.
Ich staune immer wieder, was
Ich staune immer wieder, was es in Südtirol nicht alles gibt. Nun offenbar sogar Politiker-innen und zudem eine juristische "Denkschule, die SVP-Senator und Jurist Meinhard Durnwalder," vertritt, dass es maßgeblich gar einer gesetzlichen Anpassung bedürfe, da es nach geltendem Recht, zwar ein Notrecht „jus necessitatis“ im Fall der Tötung eines Menschen zur Rettung des eigenen Lebens gibt, während hingegen die unmittelbare Gefahr um Leib und Leben bei einem evt. Tierangriff angeblich keinen rechtfertigenden Notstand darstellen soll und somit strafbar wäre.
Wo haben alle diese Leute eigentlich ihr Rechtsstudium abgeschlossen?