Culture | junge Kultur

Hashtag Freiraum

Festivals und ihre Veranstalter erobern den Platz, der junger Kultur zusteht. Eine Aktion für mehr Sichtbarkeit, Akzeptanz und Koordination – mit Unterstützung vom Land.
South Tyrol Music Festivals
Foto: southtyrolmusicfestivals.com

Ungewohnte Töne klingen am Donnerstag Abend aus dem Palais Widmann. Auch das Publikum im Foyer ist nicht das übliche. Die Menschen, die sich in den Saal gedrängt haben, kennen sich: Festivalorganisatoren, Vertreter der Jugendarbeit, Gemeindenverbandspräsident und Landesrat. Aufbruchstimmung liegt in der Luft – und dafür gibt es einen guten Grund.

Anfang dieses Jahres ist ein bedeutender Schulterschluss vollzogen worden: Das informelle Netzwerk der Südtiroler Festivalorganisatoren, das seit zehn Jahren besteht und das sich rein auf ehrenamtliche Arbeit stützte, wurde gefestigt.
Das Ziel: die Organisation und Koordinierung der Festivals verbessern. Gelingen soll das durch die Anstellung einer Fachkraft, die seit Februar dieses Jahres im Amt für Jugendarbeit beschäftigt ist – hauptamtlich: Philipp Kieser, selbst Festivalorganisator und im Dachverband für Offene Jugendarbeit n.e.t.z. für Junge Kultur und Festivals zuständig.

Man hat das Klagen, das Vorverurteilen, das häufige In-die-Ecke-Stellen satt. “Das Bild, das die Öffentlichkeit von Festivals hat, entspricht meist nicht dem, was sie in Wirklichkeit sind”, sagt Philipp Kieser zu salto.bz. Musik und Kultur, ja, “aber in erster Linie Orte der Begegnung und eine Möglichkeit, sich zu entfalten – für Musiker, Besucher und Veranstalter. Festivals sind soziale Experimente mit großem kreativen Potential – und junge Kultur ein Faktor, die Kreativwirtschaft zu befeuern, der jungen Menschen eine Perspektive bietet, sich in Südtirol eine Zukunft aufzubauen”.

Natürlich, es gibt auch Probleme und Herausforderungen, die Festivalveranstalter immer wieder begegnen, “aber es gibt so viele positive Seiten, so viele Erfolgsstories”, hält Kieser dagegen. Es braucht einen Diskurswechsel, ist nicht nur er überzeugt. “Einer der Schwerpunkte unserer Arbeit in diesem Jahr ist, Festivals mehr Sichtbarkeit zu geben”, erklärt Kieser stellvertretend für die Organisatoren der rund 50 Musikfestivals, die jährlich über 500 Künstler und Bands, an die 5.000 ehrenamtlichen Helfer und über 50.000 Besucher koordinieren und unterhalten.
Mehr Sichtbarkeit, damit die Wertschätzung und Akzeptanz in der Öffentlichkeit steigt. “Um die Festivalkultur und damit die junge Kultur zu fördern, müssen Politik, Verwaltung und Gesellschaft Vertrauen haben, aber auch eine Fehlerkultur zulassen”, fordert Kieser.

Kultur- und Jugendlandesrat Philipp Achammer sieht das genauso. Er kennt die Herausforderungen der Festivalorganisatoren zur Genüge. Immer wieder wird er deshalb kontaktiert. Immer wieder versucht er zu vermitteln. “Die Jugendkultur ist ein wichtiger Baustein der Kultur, auch wenn sie unkonventionell und unangepasst ist. Jugendliche müssen die Freiheit haben, kreativ und aktiv zu sein und manchmal auch Fehler machen zu können”, sagt Achammer. Aufgabe von Erwachsenen und Institutionen sei es, “eine schützende Hand darüber zu halten”.

Mit einem Hashtag, einem gemeinsamen Erscheinungsbild, einer eigenen Webseite und Auftritten auf Facebook und Instagram wird die Initiative #southtyrolmusicfestivals am Donnerstag Abend eingeläutet. “Das ist keine Dachmarke, die von oben übergestülpt wird, sondern ein Netzwerk, das von unten wächst”, will Philipp Kieser festgehalten wissen – “und keine Alibigeschichte, denn der Wille ist da, etwas zu bewegen, auch von politischer Seite”.

Veranstaltungen, Initiativen, Projekte, Aktionen, bei denen sich jüngere und ältere Menschen autonom und alternativ organisieren, “ohne sich dabei in eine bestehendes Schema hineinzwängen zu lassen”, nehmen zu, berichtet Kieser. Als Beispiele nennt er den Ost West Club in Meran, das entstehende Jugendkulturzentrum Astra in Brixen, das Innovations- und Gründerzentrum BASIS in Schlanders, ATRACT in Auer. Damit solche Vorhaben gelingen, brauche es nicht unbedingt Geld, sondern: Freiräume. “Der Wunsch nach freier Kultur geht einher mit der gesellschaftlichen Entwicklung, alternative Räume der Entfaltung zu suchen.”

“Und dafür muss in Südtirol Platz sein”, sagt Kieser bestimmt, “weil freie, junge Kultur als Gegenpol zu etablierter Kultur wie diese auch eine Daseinsberechtigung hat”.