„Das ist ein Standortproblem“
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SALTO: Herr Mair, wie beurteilen Sie die Forderung des Landtagsabgeordneten Andreas Leiter Reber, jetzt auch untere und mittlere Gehälter im öffentlichen Dienst aufzustocken?
Matthias Mair: Die von Leiter Reber genannten Zahlen stimmen in der Höhe nicht. Auf Grundlage des neuen bereichsübergreifenden Kollektivvertrags werden derzeit auf Gemeindeebene Verhandlungen mit den Sozialpartnern geführt. Das betrifft die Gemeindesekretäre, die Führungskräfte in den Gemeinden, aber auch die Direktoren der Altersheime wie auch die Bezirkssekretäre und die Direktoren der Sozialdienste. Diese Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen.
„Es ist ungut, wenn jetzt Angestellte der öffentlichen Verwaltung gegeneinander ausgespielt werden.“
Zudem erschließt es sich mir nicht ganz, wie man auf diese Prozentsätze kommt, da die Erfolgsprämien 20 Prozent des Gehalts ausmachen. Diese Gehaltsprämien müssten deshalb abgezogen werden, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Prämien zu 100 Prozent ausgezahlt werden.
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Die Kritik
Der freie Landtagsabgeordnete Andreas Leiter Reber erklärt in einer Aussendung an die Medien: „Während für die unteren Einkommen der Gemeindemitarbeiter und Sozialdienste noch nicht mal der Inflationsanstieg der letzten Jahre ausgeglichen wurde, werden bei den Führungskräften Erhöhungen von 30 und bis zu über 50 Prozent in Betracht gezogen.“
Die Gehälter der Gemeindesekretäre mittelgroßer Gemeinden mit rund 4.000 Einwohnern wie beispielsweise Laas im Vinschgau könnten durchschnittlich auf insgesamt 160.000 Euro erhöht werden (+25%) und jene von Moos in Passeier und anderer kleinerer Gemeinden mit rund 2.000 Einwohnern auf 140.000 Euro (+31%), teilt Leiter Reber mit.
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Das ändert nichts daran, dass die Gehälter der Führungskräfte an die Inflation angepasst werden und die der anderen Mitarbeiter nicht.
Ich kann nur für die Gemeinde- und Bezirkssekretäre sprechen. Auf Grundlage des bereichsübergreifenden Kollektivvertrags hat das Land die Einstufung für die Landesführungskräfte schon vorgenommen. Wir befinden uns nach wie vor in den Verhandlungen, um diese Diskrepanz zwischen Landes- und Gemeindeführungskräfte zu beheben. Ansonsten haben wir die Problematik, dass wir nicht wissen, wie wir Führungskräfte in den Gemeinden überhaupt anstellen sollen, weil das Gehalt noch nicht festgelegt wurde.
„Insofern ist der Arbeitgeber hier zu lange untätig geblieben.“
Wie sieht es bei den Mitarbeitern aus, die keine Führungsposition bekleiden?
Die Gehälter der Mitarbeiter werden mit anderen Vertragspartnern verhandelt. Als Verband der Gemeindesekretäre haben wir schon vor Jahren gesagt, dass man auf Gemeindeebene die Gehaltsstrukturen anpassen und erhöhen muss. Wir haben Schwierigkeiten Mitarbeiter zu finden. Auch wenn die öffentliche Verwaltung durchaus andere attraktive Rahmenbedingungen hat, ist der Gehalt ein wesentliches Element und wir stehen in Konkurrenz mit der Privatwirtschaft, aber natürlich auch mit anderen Körperschaften. Insofern ist der Arbeitgeber hier zu lange untätig geblieben. Es ist ungut, wenn jetzt Angestellte der öffentlichen Verwaltung gegeneinander ausgespielt werden.
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Es ist kein Geheimnis, dass Südtirol hohe Lebenshaltungskosten hat und in vielen Bereichen niedrige Gehälter.
In den Verhandlungen zum neuen Kollektivvertrag mit dem Land waren zahlreiche Gewerkschaften vertreten. Da haben nicht nur wir, sondern alle Gewerkschaften betont, dass auch bei den unteren Gehaltsebenen etwas gemacht werden muss. Es hat dann geheißen, dass bei den Führungskräften angefangen wird und dann wird sich nach unten schon auch etwas ergeben. Derzeit hat sich aber noch nichts ergeben, was die Mitarbeiter betrifft, obwohl eine Anpassung schon längst notwendig gewesen wäre.
„In Zukunft wird sich die Situation zuspitzen.“
Welche Folgen hat das für die Gemeinden?
Wir haben zwei Probleme, die Attraktivität und der demografische Wandel. Heute ist es ja auch schwierig Mitarbeiter zu finden, weil sich der Mitarbeiter die Arbeit schon fast aussuchen kann. In manchen Gemeinden wird es schwierig, frei werdende Stellen durch die sogenannte Boomer-Generation in den nächsten zehn Jahren nachzubesetzen. Bereits heute betreut ein Sekretär mitunter mehrere Gemeinden. In Zukunft wird sich die Situation zuspitzen. Um sicherzustellen, dass heutzutage junge und gut ausgebildete Leute bereit sind, in die Peripherie, in die Täler hinauszugehen und dort in der Gemeinde als Führungskräfte zu arbeiten, beispielsweise in Moos in Passeier, ist der Gehalt wichtig. Das gilt natürlich auch für die Mitarbeiter. Wenn das Gehalt nicht stimmt, dann ist das ein Standortproblem.
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