Culture | Bahnhof Bozen

Eine lange Zugfahrt

Eine Reise vom Hauptbahnhof Wien zum zukünftigen Bahnhof Bozen
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: arealbozen.it

Text: Thomas Huck

In Zusammenarbeit mit der Architekturstiftung Südtirol / in collaborazione con la Fondazione Architettura Alto Adige.

 

Meine Reise beginnt im Sonnenendviertel in Wien. Während heute bereits die ersten Leute hier wohnen und arbeiten, sieht man noch immer Kräne und Baugruben, die erahnen lassen, wie neu das ganze Viertel ist. Doch das hier noch vor rund zehn Jahren Züge rangierten und alles ein abgesperrtes Gebiet zwischen zwei Stadtteilen war, ist kaum noch vorstellbar. Die Umgestaltung des Wiener Hauptbahnhofareals war der Höhepunkt der Bahnhofoffensive der ÖBB, bei der man seit 1997 die Hauptbahnhöfe der Bundesländer erneuert und die möglichen Flächen zur Bebauung freigegeben werden.

 

Abfahrt 10:30 Wien Hautpbahnhof

Mit den Veränderungen der 90er Jahre in Europa wurde aus dem am östlichen Rand liegenden Wien einen zentrale Metropole. Plötzlich brauchte es keinen Westbahnhof mehr, es brauchte einen Hauptbahnhof, der Zugfahrten in alle Himmelsrichtgen ermöglicht. 2006 begann man deshalb mit der Umgestaltung des 109 Hektar großen Süd- & Ostbahnhofgeländes. 15 Jahre soll es dauern bis das gesamte Vorhaben beendet ist. Der heutige Stand lässt Gutes erhoffen. Seit der Schließung des alten Hauptbahnhofs im Jahr 2009 und der Eröffnung des neuen im Jahr 2015 entstanden nicht nur 16 neue Bahngleise und ein knapp 10 Kilometer langer Innenstadttunnel, sondern zudem sechs neue Querungen des Geländes, welches vorher auf 2,5 Kilometern Länge die Stadt teilte. Weiters konnte mit dem stadtnahen Filetstück der Neugestaltung, mit seiner dichten Verbauung für gutbetuchte Firmen und Kunden, ein locker bebautes Gegenstück, mit einem langen zentralen Park und Wohnviertel für jedermann, auf der Rückseite der neuen Gleisanlagen quer finanziert werden, wodurch ein vielseitiges Stadtviertel errichtet wurde. Der Bahnhof selbst macht jedoch manchnmal den Eindruck, er sei ein Einkaufszentrum mit Bahnanschluss.

 

10:58 St. Pölten Hautbahnhof

Als St. Pölten 1986 Landeshauptstadt Niederösterreichs wurde, konnte eine weitere Bundeshauptstadt an den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke der Westbahn angeschlossen werden. Mit dem Umbau 2010 wurde zudem der nördliche und südliche Teil der Stadt durch den Bahnhof neu verbunden.

 

11:44 Linz Hauptbahnhof

Linz hatte bis in die 2000er Jahre einen Bahnhof, welcher wohl der einer Industriestadt entsprach und war dementsprechend oft auf den hinteren Plätze der österreichischen Bahnhöfe zu finden. Mit dem neu errichteten Bahnhof mit gebündelten Stahlstützen bleibt man dem Image der Stahlstadt zwar treu, setzt es jedoch völlig neu um. Auch wurde mit Umgestaltung des dem Bahnhof vorgelagerten Stadtteils das Nahverkehrsangebot von Linz überarbeitet. So wurden Straßenbahnlinien unterirdisch zum Bahnhof geführt und die freiwerden oberirdischen Flächen mit Fußgängerzonen und Kulturbauten umgestaltet. Der Busbahnhof wurde zum Bahnhofsplatz verlegt und mit einem zentralen Dienstleitungszentrum der Landesverwaltung überbaut, welches somit nicht nur für die Stadt zentral erreichbar ist, sondern für das ganze Bundesland. Von privater Seite entwickelte sich über die Jahre ein kleines Hochhausviertel, welches wohl in Zukunft noch weiter wachsen wird und weiter dazu beiträgt, das sich die Stadt als eigenständiger, moderner Ort zwischen Salzburg und Wien festigt.

 

12:52 Salzburg Hauptbahnhof

Auch in Salzburg waren es die Entwicklungen der 90er Jahre welche den neuen Bahnhof beeinflussten. So war der Grenzbahnhof, mit seinen Stumpfgleisen, nach dem Schengen Abkommen nicht mehr notwendig und zeitgemäß, weshalb man sich für einen Komplettumbau entschied. Doch wie die Altstadt steht auch der Bahnhof in Salzburg unter Denkmalschutz, und so musste der 2014 eröffnete Bahnhof die historischen Stahlkonstruktion über den Mittelgleisen und den dortigen Marmorsaal erhalten. Teil des Bahnhofprojektes war auch die Verlegung der Lokalbahn in den Untergrund in der Hoffnung, sie zukünftig als „Minimetro“ unter der Stadt weiterführen zu können. Die frei werdenden Flächen konnten überbaut werden und erzeugten ein Innenstadtzentrum, welches zeigt, das Salzburg mehr ist als nur seine Altstadt. Auch die überaus breite Unterführung ist alles andere als eine typische Bahnhofspassage.

 

14:44 Innsbruck Hauptbahnhof

Als Auftakt der ÖBB Bahnhofsoffensive wurde 2001 der neue Bahnhof Innsbruck eröffnet, für diesen bereits 1994 der Tunnel für die Güterzugumfahrung errichtet wurde. Zusammen mit dem Vorplatz bildet auch er einen Mobilitätsknotenpunkt. Zwar wurden bisher nur die Bereiche direkt beim Bahnhofsgebäude verbaut, doch kamen in letzter Zeit mehrere Hochhausprojekte um das Bahnhofsareal dazu und der Frachtenbahnhof hinter dem Bahnhof soll langfristig auch verbaut werden.

 

16:00 Brixen Hauptbahnhof

Zwar fahren schon seit 2019 direkt Züge von Wien nach Bozen, mit der Fertigstellung des Brennerbasistunnels wurde die Fahrzeit jedoch um weitere 30 Minuten verringert. Zusammen mit der Riggertalschleife und der Metroseilbahn von Brixen dient der umgebaute Bahnhof somit als Umsteigepunkte für die Umgebung und das Pustertal und verbindet sie mit der internationalen Schnellzugstrecke München-Verona.

 

16:30 Bozen Hauptbahnhof

Durch das Gewerbegebiet Bozner Boden erreicht man den neu errichteten Bahnhof. Auch wenn die Hauptlärmquelle Bozen durch den Gütertunnel schon lange umfährt, bedeutet dies eine weitere Lärmentlastung für die Wohngebiete entlang der alten Strecke, welche nun als Radweg und Promenade Rentsch aufwertet. Auch wenn der Zug den Bahnhof durch den Virgltunnel wieder verlässt, bekommt man das in der Stadt kaum noch mit.

 

Am Bahnhof selbst wird man vom großen Glasdach über dem Bahnhof empfangen. Es ermöglicht bereits einen ersten Blick zum Schlern, noch vor man den Bahnhof verlassen hat. Somit ist er auch für jene sichtbar, die direkt in den unterirdischen Busbahnhof umsteigen. Der in der Planung als recht groß empfundene Platz zwischen den neuen Gleisen und dem alten Bahnhofsgebäude konnte inzwischen mit der Endhaltestelle der Bozner Tram ins Überetsch sinnvoll genutzt werden.

 

Nur eine Tram Station entfernt ist auch der Umstieg zur Rittner Seilbahn möglich, obwohl die meisten Menschen den Weg durch die neue Kultur- und Wohnboulevard auf dem alten Autobahnhof lieber zu Fuß zurücklegen. 

 

Auf der anderen Seite des Bahnhofs konnte sich hingegen ein kleines Geschäfts und Forschungszentrum etablieren. Zwar wird es noch immer Sibirien genannt, jedoch liebevoll, da es schon lange nicht mehr so schwer zu erreichen und kaltherzig ist wie früher.

 

Somit endet meine Zugfahrt ins Bozen von morgen. Natürlich könnte ich mit dem Zug weiter über Meran und Mals in die Schweiz fahren oder eine Dolomitenrundfahrt durchs Valsugana nach Belluno und zurück über Bruneck machen, doch bin ich heute einfach zufrieden und freue mich über die Unterzeichnung des Programmabkommens für das Bahnhofsareal Bozen, damit ich irgendwann den zweiten Teil der Geschichte nicht mehr nur im Schlaf während der Zugfahrt über den Brenner erlebe.

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Christian Mair Thu, 07/11/2019 - 12:18

Nicht 6 Stunden, sondern 4,5 Stunden Wien- Bozen sollten mit BBT und Ausbau deutsches Eck möglich sein. Auf der Westachse ist ein durchgehend 4spuriges NEtz geplant.

Leider bleiben viele Fragen zum Zug 2030 offen:
- Wie geht Schnellverkehr und Lastenverkehr auf derselben Strecke zusammen?
- Wie geht der Anschluß des Pustertals, wenn Brixen keine direkte BBT-Achsenhaltestelle bekommt?
- Wie funktioniert die Integration in das regionale Schienen-und Tramnetz?
.....

Thu, 07/11/2019 - 12:18 Permalink
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Ute Oberrauch Tue, 08/20/2019 - 10:46

Spannender Beitrag, ich gratuliere dem Autor! Schließlich ist es ja wohl erlaubt, im virtuellen Raum zu lustwandeln! Ja sogar legitim, sozusagen als Annäherung an die Zukunft. Auch die Vergangenheit bietet noch Material für Zukunftsträume: hatte doch um die Jahrhundertwende (die "frühere") das Bozner Tramnetz alle Hausberge Bozens miteinander verbunden. Ich träume weiter: nun ist der Bozner Bahnhof durch die Überetscher Bahn direkt mit der Mendelbahn verbunden. Die Virglbahn und die Kohlererbahn sind sowieso Teil des Netzes. Weiters fährt südlich von Bozen eine Bahn wieder ins Fleimstal. Und die Südbahn verbindet das Pustertal mit Wien.

Tue, 08/20/2019 - 10:46 Permalink
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Hartmuth Staffler Tue, 08/20/2019 - 13:59

Ein Lokwechsel ist schon lange nicht mehr notwendig, da die modernen Mehrsystem-Loks mindestens mit zwei, oft auch mit drei der insgesamt sechs in Europa auf Hauptstrecken üblichen Stromsysteme zurechtkommen (3000 V Gleichstrom in Italien, 15.000 V/16,75 Hertz Wechselstrom in Österreich, Deutschland, Schweiz), 25.000 V/50 Hertz für Schnellfahrstrecken). Der viertelstündige Aufenthalt am Brenner dient lediglich dazu, die "Heiligkeit" der Brennergrenze zu unterstreiche. Technisch ist der Halt nicht notwendig, die Züge könnten ohne weiteres durchfahren.

Tue, 08/20/2019 - 13:59 Permalink