Culture | Salto Afternoon

ELVIS

Es war nur eine Frage der Zeit, bis im Zuge der in den letzten Jahren zunehmend populärer gewordenen Musikbiographien der King höchstselbst die Leinwand betritt.
Elvis
Foto: Luhrmann

Dass der australische Filmemacher Baz Luhrmann nicht unbedingt der Mann für die subtilen Töne ist, sollte allen klar sein, die eines seiner Werke, etwa „Moulin Rouge“ oder „The Great Gatsby“, gesehen haben. Nein, Luhrmanns Filme schreien, und sie tun es unentwegt. Es bleibt also die Frage, inwieweit dieser Regisseur dazu fähig ist, das Porträt eines einzelnen Mannes zu zeichnen, noch dazu das von einem, der wohl einen großen Teil seiner Persönlichkeit hinter einer schillernden Bühnenfigur versteckte. Luhrmann tut es, ohne seine Handschrift zu verraten. In etwas weniger als drei Stunden treibt er seinen Protagonisten durch rund dreißig Jahre Leben. In seiner Rolle als Biographie ist „Elvis“ wenig verlässlich. Zwar werden alle wesentlichen Stationen des Showmanns Elvis abgeklappert, die wirklich persönlichen Momente bleiben jedoch unter einer dicken Schicht Exzess verborgen. Dazu gleich mehr. Interessant ist hier vor allem die Erzählperspektive, die der Film einnimmt. Nicht Elvis ist das Ich, welches durch die Geschichte leitet, genauso wenig haben wir es mit einem allwissenden Erzähler zu tun. Vielmehr blicken wir auf Elvis durch den durch und durch subjektiven Winkel seines langjährigen Managers „Colonel“ Tom Parker. Der entdeckte Elvis zwar nicht, machte ihn aber ohne Zweifel groß. Von Musik verstand Parker wenig, er war ein Macher. Und er machte, machte seinen Schützling zum größten Star der Welt. Oder der sich selbst, ganz so genau möchte Parker dies nicht definieren. Das Drehbuch lässt also Wertungen zu, kommentiert in Person des Managers die Handlungen und den Werdegang von Elvis. Luhrmann verpasst es allerdings, diesen Kniff konsequent zum Ende zu führen. Er zeigt keine Lügen, keine falschen Fährten, keinen Versuch, die Geschehnisse in das für den Colonel rechte Licht zu rücken. Alles wird so erzählt, wie es geschehen ist. Von der Wahrheit abzuweichen ist nicht der Anspruch von Tom Parker, eine vertane Chance. Verkörpert wird er von Tom Hanks, der kaum wiederzuerkennen ist, und den schmierigen Manager wunderbar körperlich gibt. An die Wand gespielt wird Hanks in diesem Film jedoch von Austin Butler, der Elvis überraschend echt mimt, ohne dabei zur Parodie zu verkommen. Besonders in einem Luhrmann-Film besteht diese Gefahr jederzeit, Marionette im bunten Baz-Universum zu werden, Staffage für die knallige Inszenierung. Und die knallt, das kann mit Recht behauptet werden. Von Minute eins an hält der Film ein absurdes Tempo hoch, welches er nur in wenigen Szenen drosselt. Nur dann, wenn es kurz zwischenmenschlich wird, atmet er durch, doch nicht zu lange, denn weiter geht die wilde Fahrt. Wie Luhrmanns andere Werke ist auch dieses hier schrill, laut, reiz-überflutend. Moderne Beats mischen sich unter die altbekannten Elvis-Stücke, jedoch nie konsequent genug, um als Stilelement durchzugehen, stattdessen wirkt der Hip Hop in einem Musikfilm (!) über Elvis reichlich deplatziert. Und so schreit der Film das Publikum knapp 180 Minuten lang an, präsentiert beeindrucke Kamerafahrten und reichlich Effektgewitter, ist dabei kurzweilig und doch zu lang geraten. Man sollte kein tiefgründiges Drama erwarten, keine Spurensuche oder gar eine Dekonstruktion einer menschlichen Psyche. Luhrmann liefert Show, das kann er, das mag man oder man mag es nicht. Seine Schauspielerriege hat er unter Kontrolle, genauso wie jeden Schnitt und jede Einstellung. Er zieht das Seine durch, so viel muss man ihm zugute halten. Doch weniger ist oft mehr, und das Mehr wäre in diesem Fall gut in Charakterzeichnung investiert gewesen. Stattdessen darf man Austin Butler dabei zusehen, wie er sich abmüht, singt, tanzt, springt, schmachtend schaut und auch mal wütend schreit. Baz Luhrmann hatte ein glückliches Händchen bei der Auswahl seines Hauptdarstellers. Ohne ihn würde das Spektakel auseinanderfallen, ohne ihn könnte der Eindruck entstehen, einem Blender auf den Leim gegangen zu sein. „Elvis“ ist als Film anders als viele seiner Genrekollegen, und doch in seiner Erzählweise gleich. Er setzt keine Akzente, doch unterhält gut. Wem das reicht, der darf getrost ins Kino, dort sollte der Film gesehen werden, dort wird man verlässlich von all den Reizen überfordert. Alle anderen schließen die Augen und hören Elvis, so wie es vom King of Rock´n Roll, einem durchaus streitbaren Titel, wohl von Anfang an beabsichtigt war. Elvis Presley scheint am Leben, zumindest der Mythos lebt weiter, nicht zuletzt in diesem Film.

 

Baz Luhrmann’s ELVIS | Official Trailer