Geschichte und Krieg

100 Jahren nach dem ersten Weltkrieg, der die geopolitische Doppelidentität Südtirols und seine nachfolgenden Krisen bis heute bestimmt hat, und in einer Zeit des verdrängten Kriegszustandes auf globaler Ebene, von dem die Flüchtlingskrise die sichtbarste Auswirkung in Europa darstellt, möchten wir uns und der Südtiroler Gesellschaft die Frage stellen, wie Literatur sich heute mit dem Stoff „Geschichte und Krieg“ auseinanderzusetzen vermag. Das erfolgte nämlich schon immer anders als im Geschichtsschreiben der Historiker: Literatur überträgt in der Regel das Ethische und das Politische ins Ästhetische und die „große“ Geschichte, etwa in der Romankunst, fand und findet ihre konkretisierte und widersprüchliche Darstellung in den „kleinen“ Geschichten fiktiver Figuren. Doch wie können heute das Poetische und das Imaginäre auf die mediale Komplexität reagieren, die uns in Echtzeit mit grausamen Bildern der realen Geschehnisse bombardieren, uns aber eigentlich eine geringe, kommunikationspolitisch bedingte Auswahl an manipulierten Informationen bietet? Inwiefern können wir uns heute auf traditionelle poetische Vorgehensweisen beziehen? Kann das Internet zu einem Instrument der Erkenntnis und zur Anregung für ein zeitbewusstes Schaffen werden?
Die Literaturtagung world wide wars, von Stefano Zangrando zusammen mit Anna Rottensteiner und Giacomo Sartori konzipiert, entsteht aus dem Willen, sich mit diesen Fragen durch das Wort von Autorinnen und Autoren auseinanderzusetzen und zugleich eine Brücke zu bauen: zwischen der Südtiroler Literaturszene, insbesondere wie die Südtiroler Autorinnen- und Autorenvereinigung sie darstellt, und einem der bekanntesten und traditionsreichsten Literaturblogs Italiens, Nazione indiana, mit dem die Saav ihre engagierte Gesinnung teilt. Auf diese Weise bezwecken wir auch, einem gleichgesinnten Teil der italienischen Literaturszene die Besonderheit und Lebendigkeit unseres regionalen Literaturmilieus vorzustellen, während die Saav selbst mit Autorinnen und Autoren italienischer Sprache in Verbindung kommen kann, wodurch neue Formen des Dialogs und der überregionalen Zusammenarbeit entwickelt werden können.
Der Programm besteht aus 3 Sektionen, am Vormittag des 9. September wird außerdem der Präsentation des von Carlo Romeo und Alessandro Costazza herausgegebenen Essayband „Storia e narrazione“ (alpha beta Verlag) Raum geboten. Die Beträge – Lesungen und multimediale Performances – werden in Deutsch und in Italienisch erfolgen. Die Übersetzung in der jeweils anderen Sprache, die von ÜbersetzerInnen Südtiroler Herkunft realisiert wurden, kann über eine Leinwand-Projektion mitverfolgt werden. Moderiert werden die einzelnen Sektionen von Barbara Siller und Stefano Zangrando.
8. September
14:30 Grußwort und Einleitung - Saluto e presentazione
15:00 Giacomo Sartori, Kurt Lanthaler, Helena Janeczek
(Mod. Stefano Zangrando)
16:00 Break
16:30 Giorgio Mascitelli, Bernd Schuchter, Orsola Puecher
(Mod. Barbara Siller)
17:30 Diskussion(e)
9. September
10:15 Matinée: “Storia e narrazione” (alpha beta)
mit: Gabriele Di Luca, Carlo Romeo e/u. Alessandro Costazza
11:00 Break
11:30 Anna Rottensteiner, Gianni Biondillo, Maria C. Hilber – Nicole Sabella
(Mod. Barbara Siller)
12:30 Diskussion(e)
15:00 Davide Orecchio, Maxi Obexer, Francesco Forlani
(Mod. Stefano Zangrando)
16:00 Break
16:30 Table ronde
Austragungsort: Bozen Museion