Monika Hauser und 20 Jahre medica mondiale
Die Organisation medica mondiale arbeitet mittlerweile in Bosnien, Kosovo, Afghanistan, Kongo und ist dabei, in Liberia ein Zentrum aufzubauen: für die umfassende Hilfe von traumatisierten, vergewaltigen Frauen, Frauen und Mädchen, die Opfer sexualisierter Gewalt während oder nach eines Krieges oder in einer Krisensituation werden. „Mittlerweile weiß man, dass Vergewaltigungen zu den klassischen Kriegswaffen zählen und seit jeher von Soldaten eingesetzt werden, um ethnische Säuberungen durchzuführen wie in Bosnien oder Ruanda, oder um Schrecken und Angst bei den Frauen zu verbreiten, wie es in Ägypten der Fall war.“
Monika Hauser spricht engagiert und bestimmt, sie sagt diese Dinge seit 20 Jahren und sie weiß genau wovon sie spricht. Vor 20 Jahren arbeitete sie als Gynäkologin in einer Klinik in Nordrhein Westfalen, als sie von den Massenvergewaltigungen an Frauen im bosnischen Bürgerkrieg hörte. „Damals war ich einfach nur schockiert und sehr wütend, als Frauenrechtlerin und Europäerin über die absolute Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft angesichts dieser Greueltaten.“ Die Presse habe zum erstenmal sehr ausführlich über die Vergewaltigungen berichtet, aber auf eine effekthaschende und entwürdigende Weise. „Ich konnte damals einfach nicht mehr zuschauen und habe den Entschluss gefasst, nach Bosnien zu fahren, um zu helfen.“
Der Drang in die bosnischen Kriegsgebiete zu fahren und den Frauen dort zu helfen, habe mit ihrer eigenen Familiengeschichte zu tun, erzählt Hauser. Sie ist in Laas im Vinschgau geboren, ihre Großmutter erzählte ihr bereits als kleines Mädchen Geschichten von selbst erlittener Gewalt und auch die Mutter sei dieser während der Kriegs- und Optionszeit ausgesetzt gewesen. „Vielleicht hab ich von daher einen transgenerationellen Auftrag mich einzumischen,“ meint Monika Hauser. Mittlerweile kann die Ärztin und Geschäftsführerin auf vielfältigste Inititativen ihrer Organisation schauen, die im psychologisch wie medizinischen und juristischen Bereich Standards und Hilfe für weibliche Gewaltopfer schafften. Es gibt UN-Resolutionen, der Gerichtshof in Den Haag ahndet die Taten als Verbrechen, es gibt Curricula und Facharbeiten die wertvolle Grundlagenarbeit geschaffen haben. „Am wichtigsten ist jedoch, den Frauen ihre Selbstachtung zurückzugeben, nichts höhlt das Selbstbewusstsein derart aus wie erlittene sexualisiert Gewalt.“
Der Schrecken und die Angst vor Vergewaltigung verbindet die Frauen weltweit, sagt Monika Hauser.
Die Projekte in Bosnien und im Kosovo arbeiten mittlerweile selbständig, im Kölner Zentrum von medica mondiale sind 43 Mitarbeiter beschäftigt. Auch in Afghanistan geht es vorwärts, 70 Kolleginnen, sagt Hauser, sind dort im Einsatz, um die völlig verfehlte Politik der letzten Jahrzehnte in einigen Bereichen aufzufangen. „14 Juristinnen haben bisher bereits über 2.000 Frauen aus den Gefängnissen geholt, die ohne rechtliche Grundlagen eingesperrt waren.“ medica mondiale mache dort nicht nur Traumaarbeit, sondern auch „good governance“, lehre den Frauen Finanzbuchhaltung, damit Anträge an die EU oder andere Geldgeber selbständig von ihnen geschrieben werden können. „Das ist wichtig, wir wollen den Frauen Würde und Selbstständigkeit geben, damit sie ihre eigenen Belange selbst steuern können.“
75% der Friedensaktivisten weltweit sind Frauen, aber nur 5 Prozent der Frauen sind bei Friedensverhandlungen dabei.
Ein weitereres Beispiel für das Scheitern der internationalen Flüchtlingspolitik ist Lampedusa, wo ein weiteres Bootsunglück so viele Tote forderte wie noch nie. „Das Versagen der internationalen Gemeinschaft hier ist beschämend,“ sagt Hauser, „und wir schauen zu und sehen wie sich die afrikanischen Frauen die über das Mittelmeer kommen, in den Bordellen und am Straßenstrich prostituieren und wie die jungen Männer im schlimmsten Fall obdachlos werden.“
Es sind die nicht aufhörenden menschlichen Tragödien, die Monika Hauser und ihre Mitarbeiter von medica mondiale weiter antreiben. Sie sind hartnäckig und waren es in den vergangenen 20 Jahren, auch wenn finanzielle Engpässe und schwierige Zeiten zu überwinden waren, doch fanden sie auch viel Unterstützung bei Spendern, Politikern und anderen Persönlichkeiten. Es geht weiter.