Politics | Landtag

Einer hat Verständnis für alle

“Meine Aufgabe ist es, die Verunsicherung und Ängste ernst zu nehmen”, schreibt Landtagspräsident Noggler in einer Stellungnahme. Andreas Leiter Reber applaudiert.
Landtag
Foto: Othmar Seehauser

Wie berichtet, ist für Donnerstag (5. November) eine außerordentliche Sitzung des Landtags* einberufen worden. Sie findet in Videoform statt, einziger Punkt auf der Tagesordnung: “COVID-19 – Aktuelle Lage und entsprechende Maßnahmen”.

Die Opposition verlangt bereits länger danach, den Landtag einzubinden. Nun, da die im Vorfeld der morgigen Sitzung die Stimmung immer gereizter wird – die Dekrete aus Bozen und Rom sorgen für Verwirrung, Handelstreibende ziehen gegen die Landesregierung auf die Straße, Wirtschafts-, Gastronomie- und Familienvertreter zeigen sich ob der Schließungen von Geschäften, Lokalen und Bildungseinrichtungen besorgt –, meldet sich Landtagspräsident Josef Noggler mit einer Stellungnahme zu Wort. Er zeigt sich “besorgt über die Entwicklungen der letzten Tage und Wochen”:

“Die Bevölkerung ist verunsichert, nicht nur wegen der Verbreitung des Virus, sondern auch wegen der laut Experten notwendigen Maßnahmen, die zur Eindämmung der Pandemie getroffen werden. Die Bürgerinnen und Bürger haben im Frühjahr miterlebt, wie schnell sich die Lage ändern kann und wie schnell hintereinander Maßnahmen und Änderungen derselben getroffen wurden, die ihr Leben abrupt verändert haben. Nun geht wieder die Angst um, Angst um die eigene Gesundheit, aber auch um den eigenen Lebensunterhalt, um die Betreuung der Kinder und der Senioren.
Die Verunsicherung und der Unmut in der Bevölkerung treten jetzt stärker zutage als zuvor.
Ich zeige Verständnis für die Anträge der Abgeordneten, dass bei solchen schwerwiegenden Entscheidungen, die das Leben aller betreffen, die höchste Volksvertretung stärker einzubinden wäre. Der Landtag, das von den Südtirolern und Südtirolerinnen direkt gewählte Landesparlament, bietet eine breite Basis, damit die Entscheidungen offen diskutiert und besser verstanden werden können, auch, um danach unnötige Polemiken zu vermeiden und für mehr Rückhalt in der Bevölkerung zu sorgen.
Ich habe uneingeschränktes Verständnis dafür, dass der Landeshauptmann mit bestem Wissen und Gewissen bestrebt ist, der Situation mit verschiedensten Maßnahmen Herr zu werden und das Land aus dieser Gesundheitskrise zu führen. Meine Aufgabe als höchster Repräsentant der Demokratie in Südtirol ist es aber, die Verunsicherung, den Unmut und die Zukunftsangst der Bevölkerung ernst zu nehmen und zu gewährleisten, dass der demokratische Diskurs als Grundlage der Einbindung aller auch während eines Notstands aufrecht bleibt.”

Lob für seine Worte – und wohl auch für seinen Seitenhieb auf Landeshauptmann Arno Kompatscher – erhält Noggler von Andreas Leiter Reber. “Wenigstens der Landtagspräsident beweist jetzt Haltung und Demokratieverständnis, findet der Freiheitliche Fraktionssprecher und Parteiobmann. In einer Aussendung hält er fest: “Die Entscheidungen, die der Landeshauptmann in den vergangenen Wochen und Tagen im Alleingang getroffen hat, sind vielfach zu hinterfragen und müssen durch die Zustimmung des Landtages legitimiert werden. Sepp Noggler verdient Anerkennung für die Verteidigung der Demokratie und des Landtages als oberstes Gesetzgebungsorgan in Südtirol. Dass er seinem Amt gerecht wird und sich klar auf die Seite der Demokratie und Mitsprache stellt, wäre andernorts wohl nicht sehr bemerkenswert, ist angesichts seiner Zugehörigkeit zur Regierungspartei und der in Südtirol herrschenden SVP-Lastigkeit vieler demokratischer Institutionen leider nicht selbstverständlich.”

 

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Maria Elisabet… Wed, 11/04/2020 - 17:32

Es wäre höchste Zeit, dass auch die Opposition gehört und in die Entscheidungen einbezogen wird. Das Angebot zur Mitarbeit wird bis heute von der Landesregierung abgelehnt. Statt Vorschläge der Opposition zu diskutieren und umzusetzen, versucht man uns mit dem Appell "in diesen Zeiten müssen wir zusammenhalten" ruhig zu stellen.
Der Unmut und die Verunsicherung in der Bevölkerung nimmt zu, da zahlreiche Entscheidungen nicht nachvollziehbar sind und die Kommunikation katastrophal ist. Aus den Gesprächen der letzten Tage höre ich heraus, dass viele Menschen verärgert und zornig sind. Verärgert und zornig sind vor allem jene BürgerInnen die sich in den letzten Monaten an die Regeln gehalten haben, denn die Konsequenzen für unverantwortliches und leichtsinniges Verhalten einiger in den letzten Monaten und Wochen tragen wir jetzt alle. Der zweite Grund für die Verärgerung ist, das Versagen der Verantwortlichen im Bereich der Gesundheit. Das Chaos und die Serie von Pannen in der Abteilung für Hygiene im Sanitätsbetrieb ist nicht mehr zu entschuldigen. Anscheinend wurden die Sommermonate nicht genutzt, um organisatorische Mängel zu beheben, reden wir nicht von der Digitalisierung der Abläufe. Die Konsequenzen tragen wir alle und sitzen wieder zu Hause.

Wed, 11/04/2020 - 17:32 Permalink
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Christoph Wallnöfer Wed, 11/04/2020 - 20:14

" ... unverantwortliches und leichtsinniges Verhalten einiger in den letzten Monaten und Wochen ..." - könnte damit die Verwendung von nicht für diagnostische Zwecke gedachte PCR-Tests gemeint sein, um gesunde "Infizierte", "Fälle", "Quarantäneopfer" und dergleichen zu produzieren?

Wed, 11/04/2020 - 20:14 Permalink
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G. P. Thu, 11/05/2020 - 09:05

Das gemeine Volk ist mit dem Virus selber schon genug überfordert, mit den neuen Dekreten - welche es ja immer im Doppelpack gibt (einmal Südtirol, einmal Italien) - den vielen täglichen Klarstellungen, den Richtigstellungen noch mehr.
Irgendwie beschleicht einem das Gefühl, man bräuchte, kaum das Haus verlassen, einen Rechtsanwalt an seiner Seite.

Thu, 11/05/2020 - 09:05 Permalink