Society | Barrierefreiheit

„So gehen wir mit unseren Leuten um!“

Barrierefreiheit der Bahnhöfe und öffentlichen Verkehrsmittel – ein wichtiges Thema, mit dem sich Alex Ploner vom Team K bereits seit Längerem auseinandersetzt.
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Foto: AltoAdigepertutti
Anlass waren Gespräche von Betroffenen, die auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind, sie aber zu ihrem Leidwesen nicht oder nur eingeschränkt nutzen können. Ploner hatte bereits mehrere Landtagsanfragen dazu eingereicht; so wollte er unter anderem in Erfahrung bringen, welche Bus- und Bahnlinien garantiert barrierefrei sind und was die Landesregierung unternimmt, um in Zusammenarbeit mit den italienischen Staatsbahnen den barrierefreien Zugang auszubauen und voranzutreiben. Beispielsweise ist der Schienenersatzdienst, der im Zuge der Bauarbeiten im Bahnabschnitt Meran-Töll eingeführt werden musste, nicht barrierefrei. „Der Bahnhof Bozen verfügt über keinen behindertengerechten Zugang, Brixen, Sterzing und Brenner genausowenig“, so Ploner.
 
 
 
 
Wie der Abgeordnete des Team K auf Nachfrage von Salto.bz erklärt, habe er diesbezüglich auch einige Gespräche mit dem zuständigen Landesrat Daniel Alfreider geführt, die Antworten auf die drängendsten Fragen seien allerdings wenig befriedigend gewesen. So sei mit einem barrierefreien Zugang der Bahnhöfe erst nach Fertigstellung der Riggertalschleife zu rechnen bzw. sieht die RFI im Rahmen der Projekte „Easy Station“ und „Smart Station“ bis 2026 die Sanierung von elf mittelgroßen und großen Bahnhöfen in der Region Trentino-Südtirol vor. „Das heißt aber noch vier Jahre warten“, so Ploner, der sich frustriert über das Abschieben der alleinigen Verantwortung auf die RFI zeigt. „Wir haben auf der Basis eines Gesetzes, das 2015 erlassen worden ist, den barrierefreien Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln versprochen und sieben Jahre später ist davon immer noch wenig zu sehen“, betont der Team K-Abgeordnete. Besonders ärgerlich sei die Situation in Brixen, wo man sich mit dem Prädikat „Bahnhof des Jahres“ schmückt, von Barrierefreiheit aber keine Rede sein könne. Dieselbe Situation in Franzensfeste.
Bei der kürzlich abgehaltenen Bürgerversammlung in Brixen machte Ploner gemeinsam mit einem Betroffenen auf diesen Missstand aufmerksam. Dieser schilderte eindringlich eine Situation, wie sie sich am Bahnhof Brenner zugetragen hatte. Der Schaffner des ÖBB-Zuges durfte den auf einen Rollstuhl angewiesenen Fahrgast nicht aus dem Zug aussteigen lassen und so musste dieser bis nach Bozen weiterfahren, wo der Fahrgast-Dienst „Sala Blu“ ihn aus dem Waggon holte. Für die Weiterfahrt nach Brixen musste ein Taxi organisiert werden. „Wenn zwar vorab der Dienst, den Sala blu anbietet, gebucht wird, der Zug aber mit Verspätung am vereinbarten Bahnhof eintrifft, kann es passieren, dass die Betroffenen gezwungen sind, weiterzufahren“, so Ploner, der diesen Missstand als Nötigung beschreibt und entrüstet erklärt: „So gehen wir mit unseren Leuten um!“
 

 

Auf die unzumutbaren Zustände für Menschen mit Beeinträchtigung angesprochen, erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher auf besagter Bürgerversammlung, dass man bereits sehr oft mit dem italienischen Schienennetzbetreiber RFI über diese Problematik gesprochen und bereits Zusagen über Umbaumaßnahmen erhalten habe. Dass es bei Zugverspätungen zu Problemen mit dem Dienst „Sala Blu“ komme, sei ihm jedoch in diesem Ausmaß nicht bekannt gewesen. „Ich werde das natürlich bei den demnächst anstehenden Gesprächen mit den Verantwortlichen der italienischen Eisenbahn, aber auch mit den Zugbetreibern ansprechen und versuchen, hier Lösungen zu erreichen – ohne jetzt die schnelle Lösung zu versprechen“, so Kompatscher, der betonte, dass man bereits seit Langem über dieses Thema diskutiere. Sogar eine Zugfahrt habe man mit der halben Landesregierung und den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden unternommen und die Eisenbahnspitze auf das Thema Barrierefreiheit hingewiesen sowie ihr das heilige Versprechen abgerungen, dass etwas unternommen wird. „Leider müssen wir feststellen, dass immer noch nichts passiert ist“, so der Landeshauptmann.
 
Wir dürfen keinen barrierefreien Zugang versprechen und uns dann mit solchen Zuständen zufrieden geben!
 
Nicht zufrieden mit den Versprechen gibt sich Ploner und fordert von der Landesregierung, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, sei es nun die Gründung eines Vereins, die Installation von Rampen oder die Beauftragung der Sozialdienste, „das spielt keine Rolle, aber wir dürfen keinen barrierefreien Zugang versprechen und uns dann mit solchen Zuständen zufrieden geben!“ Solche und ähnliche Geschichten, wo beispielsweise Busfahrer nicht wüssten, wie die Rampen ausgefahren werden, gebe es in ganz Südtirol. Eine weitere, die in die Rubrik Absurditäten fällt, hat sich ebenfalls am Bahnhof Brenner zugetragen: Im internationalen Bahnverkehr findet am Grenzbahnhof der Schaffner-Wechsel statt, die neuen ÖBB-Züge, die mit einer Hebe-Bühne ausgestattet sind, verkehren jedoch auch auf dem italienischen Schienennetz. „Der italienische Schaffner darf diese Vorrichtung jedoch nicht bedienen“, so Ploner, der entrüstet fordert, dass hier Abhilfe geschaffen werden muss.