"6000 Euro pro Person, all inclusive"
Eigentlich schien es, als wäre bereits alles Menschenverachtende erzählt, das es über die Methoden von Schlepperbanden zu erzählen gibt. Doch auf die jüngsten Meldungen von führerlosen Flüchtlingsschiffen, die ohne Besatzung und Treibstoff auf dem Meer ausgesetzt werden, folgt nun ein Artikel der Tagesezeitung „La Repubblica“, in dem die Vermarktungsmethoden der Banden genauer beleuchtet werden. Dafür haben sich Journalisten des Blattes auf einschlägigen Facebook-Seiten umgesehen, auf denen die gefährlichen Überfahrten ähnlich einer „crociera da sogno“ verkauft werden. Auf dem Niveau bewegen sich auch die Preise, die beispielsweise vom anatolischen Mersin aus für eine sechstägige Überfahrt nach Italien verlangt werden: 5500 Euro, ja sogar 6000 Euro pro Person, wenn das Schiff 120 Meter lang ist. Dafür wird ein "all inclusive" versprochen: Unterkunft vor der Abfahrt, eine Reise in Komfort mit Essen, Wasser und Kommunikationsmöglichkeiten.
Über den „Hafen der Geisterschiffe“ berichtet in diesen Tagen auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung: Warum sich die südanatolischen Stadt Mersin zu einer wichtigen Operationsbasis für Menschenschmuggler entwickelt hat.
Den Artikel auf der FAZ finden Sie hier.
Einen "Full Service" hat die italienische Tageszeitung über eine verhältnismäßig einfache Kontaktaufnahme auch bei der Beschaffung von Papieren vorgefunden. Eines der Angebote für italienische Papiere? Ein Pass mit zweijähriger Gültigkeit: 1500 Dollar. Bei einer Gültigkeit von vier Jahren steigt der Preis auf 1700 Dollar, bei sechs Jahren auf 18000 Dollar. Billiger gibt es dagegen um bereits 500 Dollar Identitätskarten und internationale Führerscheine.
Sicherheit wird zumindest bei der Vermarktung der vielfach tödlichen Überfahrten groß geschrieben: In einem Telefonat mit einem Organisator werden die Journalisten des Blattes auf freundliche und zuvorkommende Art beruhigt: „Wenn es auch nur eine Wahrscheinlichkeit von einem Prozent gäbe unterzugehen, würde ich die Fahrt nicht organisieren.“