Nein zum Referendum - aber warum?
Kompakter Aufruf zum Nein beim Referendum zur Direkten Demokratie nicht nur bei den italienischen Parteien. Auch im deutsch- und ladinischsprachigen Lager wird jenseits der SVP unisono empfohlen, am kommenden Sonntag gegen das im vergangenen Juni verabschiedete Gesetz zur Direkten Demokratie zu stimmen. Warum genau? Ein Überblick über die wichtigsten Argumente der politischen Parteien:
Am knackigsten hält sich Albert Pizzinini von den Ladins Dolomites, wenn es um Argumente gegen das SVP-Gesetz zur Bürgerbeteiligung geht: Er warnt davor, dass es Ladinern angesichts der vorgesehenen Hürden unmöglich ist, eine Volksabstimmung zu starten.
Detaillierte Erklärungen zu diesem am häufigsten kritisierten Aspekt des SVP-Gesetzes liefern die Freiheitlichen. Die Zugangshürde für eine Volksabstimmung sei mit einer Quasi-Verdreifachung der bisher nötigen 13.000 Unterschriften extrem erhöht worden. Denn um bei der Landesregierung oder im Landtag überhaupt einen Antrag auf eine Volksabstimmung zu stellen, braucht es schon einmal 8000 Unterschriften. Damit diese stattfinden kann, sind noch einmal 26.000 Unterschriften notwendig. „Das entspreche nicht einmal ansatzweise dem Wunsch nach mehr Mitbestimmung, den 114.8000 SüdtirolerInnen bei der Volksabstimmung 2009 zum Ausdruck gebracht haben“, meint Generalsekretär Michael Demanega. Weitere Kritikpunkte der Freiheitlichen: Das SVP-Gesetz garantiere keine unabhängige institutionelle Information über Inhalte von Volksabstimmungen und schließe bestimmte Themen von vornherein.
Warum sollen Politikergehälter oder Steuern Tabus für Direkte Demokratie sein?
Auf diese Tabuthemen für Direkte Demokratie gehen auch die Grünen in ihrem Plädoyer für ein Nein ein. Sie kritisieren, dass über wesentliche Themen wie Politikergehälter oder Steuern nicht abgestimmt werden darf. Neben der Zugangshürde und der unzureichenden Informationspflicht über Volksabstimmungen fehlt den Grünen im vorliegenden Regelwerk zur Direkten Demokratie auch die Möglichkeit, über ein Gesetz abzustimmen, bevor es in Kraft tritt.
Die Südtiroler Freiheit hat für das Referendum fachliche Expertise in der Schweiz gesucht. Sie ließ das SVP-Gesetz durch den Präsident des Vereins für Direkte Demokratie in der Schweiz analysieren: Insgesamt 20 Kritikpunkte hat dieser laut Südtiroler Freiheit gefunden. Am wichtigsten scheinen der Bewegung daraus drei Einwände: Die doppelte Unterschriftensammlung zum gleichen Thema, also die Notwendigkeit für eine Volksbefragung zuerst einen Bürgerantrag mit 8000 Unterschriften einreichen zu müssen bzw. im Fall des Volksentscheids eine Bürgerinitiative; die Beschränkung von Bürgerinitiativen auf Beschlüsse oder Dekrete der Landesregierung, die von Landesinteresse sind sowie das Ausklammern von Steuern und Haushalt, Gehältern der Landesorgane, Minderheitenschutz und der Umsetzung internationaler Verträge von der Direkten Demokratie.
"Mit dem SVP-Gesetz wird die Direkte Demokratie zu Tode geregelt", unterstreicht auch Andreas Pöder von der Bürgerunion. Durch die Anhebung der Unterschriftenhürde und das komplizierte Zwei-Phasen-System werde es Bürgern künftig nahezu unmöglich gemacht, Volksabstimmungen einzuleiten." Dabei spricht der Mitpromotor des Referndums aus eigener Erfahrung, wie er unterstreicht: Immerhin habe die Union 2009 drei der fünf Volksabstimmungsanträge für die ersten Südtiroler Volksabstimmungen vorgelegt. Und, wie Pöder unterstreicht: "Es ist mit der geltenden Regelung von 13.000 beglaubigten Unterschriften schon fast nur mehr für Organisationen möglich, Volksabstimmungen einzuleiten."
Einen detaillierten Überblick über die unterschiedlichen Positionen zum Referendum bietet der Südtiroler Jugendring auf seiner Internetplattform wahllokal.it. Dort sind die Wahlempfehlungen und Positionen der Promotoren der Volksabstimmung sowie aller im Landtag vertreten Parteien zusammen gefasst.