Mario Draghi
Foto: quirinale.it
Politics | Regierungsbildung

Berlusconi und M5S im selben Boot?

In der neuen Regierung könnten sich bis gestern verfeindete Kräfte treffen.

Wenn die Zeichen nicht trügen, könnte in wenigen Tagen in den römischen Chigi-Palast eine Regierungsmannschaft einziehen, die bisher schlichtweg als unvorstellbar galt – mit Berlusconis Forza Italia und der Fünf-Sterne-Bewegung, Vertretern der Lega und der ultralinken Liberi e Uguali, mit der azione von Carlo Calenda und Emma Boninos Partei +Europa. Mit jenen, denen schon beim Namen Draghi die Haare zu Berge standen, und jenen, die den neuen Premier schon im Vorfeld als "Apostel der Eliten" verteufelt hatten.

Am Donnerstag blieben in Rom Passanten verwundert stehen, als in unmittelbarer Nähe des Chigi-Palastes ein Tisch mit Mikrophonen aufgebaut wurde. Er diente dem zurückgetretenen Premier Giuseppe Conte für eine improvisierte Pressekonferenz mit dem Regierungspalast im Hintergrund. Dort erklärte er den erstaunten Journalisten, dass er sich in Zukunft um die 5-Sterne-Bewegung kümmern werde. Damit dementierte er alle Gerüchte über seine Rückkehr an die Universität Florenz. Der neuen Regierung werde er nicht angehören. Er sei "il primo e più convinto sostenitore di Mario Draghi".

Damit verabschiedete sich Conte so, wie er sich vorgestellt hatte: als avvocato del popolo. Die Inszenierung erinnerte ein wenig an Berlusconis predellino-Auftritt vom November 2007 in Mailand, als er vom Trittbrett seines Wagens die Gründung des Popolo della Libertà verkündete. Es gilt als wahrscheinlich, dass Draghi ihm ein wichtiges Regierungsamt angeboten hat. Genau so wahrscheinlich ist aber, dass der scheidende Premier in diesem Augenblick kein untergeordnetes Amt annehmen will.

 

Bereits am Dienstag fällt eine für die Zukunft der Fünf-Sterne-Bewegung wesentliche Entscheidung: Die Mitglieder sollen auf der digitalen piattaforma Rousseaudarüber entscheiden, ob die Führung der Bewegung kollegial wie bisher bleibt oder ob sie einen Vorsitzenden wünscht wie alle anderen Parteien.

Dieser Posten wäre für Conte wie geschaffen, der von seinem Tisch vor dem Chigi-Palast der von Turbulenzen geplagten Bewegung versicherte: "Io per voi ci sono e ci sarò."

Unterdessen hält das unvermeidliche totoministri an. Als Kandidaten für wichtige Regierungsämter gelten die ehemalige Vorsitzende des Verfassungsgerichts Marta Cartabia, der Ökonom Carlo Cottarelli, der amtierende Aussenminister Luigi Di Maio und sein für die Regionen zuständiger Kollege Francesco Boccia.

Dem stellvertetenden Lega-Chef Giancarlo Giorgetti ist es offenbar gelungen, den ablehnenden Parteichef Matteo Salvini umzustimmen und von der neuen Koalition zu überzeugen. Giorgetti versucht seit Monaten, die Lega im Europaparlament aus der Gruppe mit Le Pen zu lösen und in jene der Konservativen und Christdemokraten zu führen.