Politics | Covid-19

Lockdown ab Montag

 Landesregierung verschärft die Corona-Maßnahmen für vorerst drei Wochen. Mobilität zwischen Gemeinden wird eingeschränkt, Handel schließt und FFP2-Maskenpflicht kommt.
kompatscher
Foto: Screenshot

Eine Sieben-Tage-Inzidenz, die mit einem Wert von 762 durch die Decke schießt und das Auftreten der neuartigen britischen Mutationsvariante des Corona-Virus hierzulande, haben die Südtiroler Landesregierung am Donnerstagabend kurzfristig dazu veranlasst, strengere Einschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens zu verordnen.

Nachdem das Land seit den Einschränkungen am Jahreswechsel, entgegen nationaler und internationaler Einschätzungen, die Südtirol zum Teil als dunkelrote Zone eingestuft hatten, relativ moderate Maßnahmen gesetzt hatte und zwischenzeitlich sogar Gastronomie und Hotellerie öffnen ließ, haben sich die Rahmenbedingungen laut Gesundheitslandesrat Thomas Widmann durch die stockenden Impfungen und den Nachweis der britischen Virusmutation nun grundlegend verändert. 

 

Diese sei, laut Widmann, schon seit ungefähr einem Monat im Land und man müsse davon ausgehen, dass die Variante nicht isoliert bleibe. Die Lage sei also angespannt, die Infektionszahlen steigen weiter an, genauso zeige der Trend in der Intensivbettauslastung - derzeit sind 35 Patienten in intensivmedizinischer Betreuung - leicht nach oben. Laut Wirtschaftslandesrat Philipp Achammer sind die neuen Einschränkungen deshalb unausweichlich. “Schließen zu müssen, ist immer eine schmerzliche Entscheidung. Aber wir müssen sie treffen, wenn sie unausweichlich geworden ist.“

 

Eingeschränkte Mobilität – Schließung von Handel und Tourismus – Umstieg auf Fernunterricht

 

Ab Montag dem 8. Februar sollen die verschärften Regeln für vorerst drei Wochen Anwendung finden. Ein Überblick:

  • Das Verlassen der Wohnsitzgemeinde ist nur noch aus Arbeits- und Gesundheitsgründen sowie zur Besorgung dringlicher Notwendigkeiten gestattet. Die Bewegung innert der Gemeindegrenzen solle laut Landeshauptmann Kompatscher aber ebenso auf das Notwendigste reduziert werden. Erlaubt bleiben Spaziergänge und die sportliche Betätigung, sofern sie von zuhause aus erfolgen.
  • Touristische Beherbergungsbetriebe und der Handel müssen schließen. Ausgenommen von der Schließung sind Geschäfte, die Güter des täglichen Bedarfs veräußern, detto Supermärkte, Drogerien und dergleichen.
  • Alle Mittel- und Oberschulen stellen ab Montag, 8. Februar, Grundschulen ab Donnerstag, 11. Februar, auf Fernunterricht um. Alle Bildungseinrichtungen, mit Ausnahme der Oberschulen, kehren nach den Faschingsferien wieder zum Präsenzunterricht zurück. Schulen der Oberstufe verbleiben eine Woche zusätzlich im Fernunterricht. Nach der Rückkehr in den Präsenzunterricht soll es breite Screenings an den Bildungseinrichtungen geben.
  • Das Tragen von FFP2-Masken wird in einigen Risikobereichen, wie dem öffentlichen Nahverkehr und im Handel, zur Pflicht. Zuschüsse für den Erwerb der partikelfilternden Masken sind laut Kompatscher derzeit keine vorgesehen. 

 

Neben den Neuerungen bleiben bereits bestehende Beschränkungen und Vorschriften aufrecht, wie etwa Abstand- und Hygieneregeln, sowie Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum. Außerdem bleiben Bars und Restaurant weiterhin geschlossen.

Ohne Mithilfe der Bevölkerung wird der Kampf gegen das Virus nicht zu gewinnen sein. Thomas Widmann 

Produktions- und Handwerksbetriebe können hingegen weiterarbeiten, sollen aber zu wöchentlichen Tests für Mitarbeiter verpflichtet werden. Die genaue Ausgestaltung und Organisation dieser Screenings, soll morgen Samstag mit den Sozialpartnern besprochen werden, verkündet Wirtschaftslandesrat Philipp Achammer. Vermeldet wurden auch Prognosen zu zukünftigen Hilfszahlungen an kleine und mittlere Unternehmen im Umfang von ungefähr 30% der Einnahmeausfälle, sobald außerordentliche Gelder dafür genehmigt seien.

Ebenso wie Industrie und Handwerk bleiben die Kinderbetreuungsdienste, Kindergärten, soziale und soziosanitäre Dienste geöffnet. Soziallandesrätin Waltraud Deeg betonte die Wichtigkeit, auch junge Menschen und Familien, sowie die Vereinbarkeit von Heimarbeit und Heimunterricht nicht aus dem Blick zu verlieren.

 

Opposition will mehr Mitsprache

 

In der Landesregierung stehe man geschlossen hinter den neuen Vorkehrungen, auch wenn es zu mitunter heftigen internen Disputen kommen könne, versichert der Landeshauptmann. Die Entscheidung sei nach einer eingehenden Analyse der Situation getroffen worden. Die Kritik seitens der Opposition, die sich nicht zeitnah über die geplanten Schritte aufgeklärt sah und erst später in den Medien von den Verschärfungen erfuhr, weist Kompatscher zurück: „Über eine Entscheidung, die noch nicht getroffen wurde, konnte nicht informiert werden.“

Es ist Solidarität gefragt, es ist eine Frage des Zusammenhalts, wenn wir das Ziel der Öffnung in drei Wochen überhaupt erreichen wollen. Arno Kompatscher

Die Abgeordneten aller Oppositionsparteien, erzürnt über die plötzlichen Richtungswechsel und die fehlende Einbeziehung des Landtags, wollen bereits heute einen Antrag auf eine außerordentliche Landtagssitzung stellen, um der Landesregierung möglicherweise das Misstrauen auszusprechen. Sie fordern unisono mehr Mitsprache und Einbindung bei derart „schwerwiegenden Entscheidungen.“