Politics | Bauprojekte

Bewahren oder neu ordnen?

In Rasen-Antholz steht man vor der Frage, ob und wie die Einfahrt in das Antholzertal künftig gestaltet werden soll. Alles so lassen, wie es ist? Oder neu ordnen?
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Foto: Privat/Gemeinde Rasen Antholz
Vor rund eineinhalb Wochen fand in Oberrasen die vielbesuchte Veranstaltung „Redmo dribo: doppelstöckig nachhaltig?“ statt. Nachdem Gerüchte wie auch Pläne über die beiden geplanten neuen Einfahrten nach Olang und ins Antholzertal die Runde gemacht hatten, haben einige Bürger  und Bürgerinnen der beiden Gemeinden das Heft in die Hand genommen und eine parteien- und ortsübergreifende Initiative ins Leben gerufen. Gemeinsam mit dem Heimatpflegeverband und dem Umweltring Pustertal organisierten sie einen Info-Abend im Kulturhaus von Oberrasen, zu dem sich rund 500 Interessierte einfanden.
 
 
 
 
Die Informationen zu den Projekt-Varianten – das definitive Projekt steht noch nicht fest – wurde von den drei Organisationen aufbereitet bzw. von den Referenten Albert Willeit, Obmann des Heimatpflegeverbandes Pustertal und dem Verkehrsexperten Helmuth Moroder. Der Verwaltung – sozusagen in die zweite Reihe verbannt – in Person von Bürgermeister Thomas Schuster und Landesrat Daniel Alfreider blieb die Aufgabe über, die Fragen der Anwesenden zu beantworten. Der Tenor der Veranstaltung lautete „keine Mega-Bauprojekte“ und auch Ideen hinsichtlich einer Ausweitung der Gewerbezone wurden negativ gesehen. Doch was sagt die Verwaltung dazu?
 
 
In ein bis zwei Monaten wären wir soweit gewesen, die Bevölkerung über die beiden Projekte zu informieren.
 
 
„Der Gemeinderat hat sich im Jahr 2020 mit der Machbarkeitsstudie zu den beiden Verkehrsknotenpunkten befasst. Es ist verständlich, dass die Bürger das Gefühl haben, dass hier Fakten geschaffen werden, wenn die Verwaltung in diesem gefühlt langen Zeitraum nicht an die Öffentlichkeit geht“, erklärte Thomas Schuster. „Allerdings“, fügt der Bürgermeister von Rasen-Antholz hinzu, „ist es auf Projekt-Ebene schwierig, die Bürger und Bürgerinnen miteinbeziehen, denn zum jetzigen Zeitpunkt sind noch viele Fragen offen und nicht alle Punkte überprüft. In ein bis zwei Monaten wären wir soweit gewesen, die Bevölkerung über die beiden Projekte zu informieren“, so Schuster, der betont, dass er nach der Devise handle: Zuerst die Grundbesitzer informieren, die Themen anschließend im Gemeinderat behandeln und erst dann mit technisch geprüften Projektvorschlägen an die Öffentlichkeit gehen. So will der Bürgermeister auch den Vorwurf eines Grundbesitzers, der auf der Veranstaltung lauthals erklärte, dass mit ihm nicht gesprochen worden sei, so nicht stehen lassen. Er habe ihn sehr wohl in die Gespräche miteinbezogen, ausgenommen ein Treffen, in welchem es um eine Projektvariante ging, die mit den Interessen dieses Eigentümers nicht unmittelbar etwas zu tun hatte.
 
 

Tankstellen an der Einfahrt?

 
Ziel der Gemeindeverwaltung war es, funktionierende Lösungen für die beiden Verkehrsknotenpunkte zu finden, die zudem die Fahrradmobilität, Fußgängerwege und Anbindung zum Bahnhof Olang miteinbeziehen sollten. In Anlehnung an das vorbildliche Mobilitätskonzept für die Biathlonveranstaltung sei es mehr als sinnvoll, auch über nachhaltige Ganzjahreslösungen nachzudenken, ist Schuster überzeugt. In diesem Zusammenhang sei auch die Errichtung von E- und Wasserstofftankstellen eine Option, und zwar in der Zone für öffentliche Einrichtungen, die sich beim Betriebsgelände des Holzhofes befindet. Derzeit steht dort das Verwaltungsgebäude der Firma. Wie der Bürgermeister von Rasen-Antholz erklärt, gab es Überlegungen, auf diesem Gelände ein öffentliches Dienstleistungszentrum zu errichten. Das Potential wäre jedenfalls vorhanden, denn in der Nähe zum Holzhof befindet sich eines der beiden Fernheizwerke der Gemeinde, welches die nötige Energie liefern könnte.
 
 
 
 
 
 
Diese Überlegungen wie auch die Umwandlung des Betriebsgeländes in Gewerbezone – derzeit ist sie als landwirtschaftliches Grün eingetragen – sorgten für Gerüchte und Bedenken vor allem in Bezug auf Grundstücksspekulationen. Wie Schuster bereits auf der Veranstaltung erklärte, sei es aufgrund historischer Entwicklungen nicht ungewöhnlich, dass es einzelne Handwerkbetriebe in Südtirol gibt, welche außerhalb von Gewerbezonen liegen. Im Raumordnungsgesetz gibt es sogar einen eigenen Artikel dazu, in welchem auch eine Erweiterung  bis maximal 50 Prozent vorgesehen ist. Die Annahme, dass Betriebe ihr Gewerbe nicht in landwirtschaftlichem Grün ausüben dürften, ist somit falsch. Im Antholzertal gebe es ein weiteres Beispiel eines Sägewerkes, das ebenfalls nicht als Gewerbezone eingetragen ist.
 
 

Warum eine Neuordnung?

 

Gemeinde wie auch Land sehen eine raumordnerische Neuordnung von Vorteil. Bereits vor den Planungen für eine neue Einfahrt hat es Gespräche mit dem Ressorts für Raumordnung und Landschaftsschutz gegeben, um eine „Bereinigung“ herbeizuführen. Die Überlegungen gingen dahin, das Betriebsgelände ausschließlich auf eine Seite der Hauptstraße zu verlegen, allerdings konnte man zu keinem Einvernehmen kommen. Mit den geplanten Straßenbaumaßnahmen wurde allerdings dieses Thema wieder aufgeworfen. Dies bestätigte auch Florian Knollseisen, stellvertretender Direktor des Amtes für Straßenbau Nord-Ost, der Salto.bz gegenüber vor Kurzem erklärte, dass man beim Projekt in Rasen-Antholz vor einem raumordnerischen Problem stehe. Die derzeitige Straße Richtung Antholz teilt den sich direkt an der Einfahrt befindlichen Holzhof in zwei Hälften. Die eigentliche Industriezone befindet sich südlich der Hauptachse Bruneck – Innichen und rund 20 Meter tiefer als die Straße gelegen. An der T-Einfahrt liegt der Holzhof, weiter Richtung Tal befinden sich landwirtschaftliche Flächen und die Niederrasner Möser. Wie Knollseisen erklärte, befinde sich der Betrieb einfach ausgedrückt auf der falschen Seite der Hauptstraße. Eine „saubere Lösung“ wäre es deshalb, das gesamte Gewerbegebiet südlich der Hauptachse zu verlegen bzw. das Betriebsgelände des Holzhofes in Gewerbezone umzuwandeln. Diese Möglichkeit wurde auch bei der Veranstaltung in Oberrasen angeschnitten. Zur Sprache kamen dabei in erster Linie Sorgen und Befürchtungen, dass der Bereich an der Einfahrt mit Betrieben verbaut werden und somit den Blick auf das schöne Antholzertal verschandeln könnte. Recht bald stand auch der Vorwurf von Grundstücksspekulationen im Raum.
 
 
 
 
 
Weder Land noch Gemeinde sind mit der Situation an der Einfahrt nach Antholz glücklich, Bürgermeister Schuster betont jedoch ausdrücklich, dass man gegen zusätzliche massive Verbauungen sei. Nicht ohne Grund habe die Gemeinde mit der Neugenehmigung des Landschaftsplans im Jahr 2013 die Bannzone über das Betriebsgelände wiederbestätigt und einen Antrag zur Errichtung einer Betriebshalle abgelehnt, wogegen der Betriebsinhaber Rekurs einreichte. Die Rechtsstreitigkeiten wurden bis vor den Staatsrat ausgefochten, welcher der Gemeinde jedoch schließlich Recht gab. Der Eigentümer darf sein Gelände im Sinne der Holzstapelnutzung erweitern, aber bauliche Erweiterung wie Hallen oder Überdachungen sind nicht erlaubt. Aufgrund der Bannzone sind somit keine baulichen Tätigkeiten möglich.
 
 
Ich habe den Eindruck, dass man der Gemeindeverwaltung in dieser Frage keine große Kompetenz zugesteht.
 
 
Dass eine Umwidmung in eine Gewerbezone auch im Interesse des Eigentümers des Holzhofes liegt und eine Gewerbenutzung angedacht wird, will dabei niemand abstreiten, allerdings haben sowohl das Amt für Landschaftsschutz ein gewichtiges Wort mitzureden wie auch die Bannzone eine Entwicklung in Richtung einer klassischen Industriezone verhindert. „Ich habe den Eindruck, dass man der Gemeindeverwaltung in dieser Frage keine große Kompetenz zugesteht“, so Schuster, der die Ängste des Heimatpflegeverbandes und mancher Bürger und Bürgerinnen zwar nachvollziehen kann, die Diskussionen seien jedoch wenig sachlich und mit Emotionen aufgeladen. „Bei manchen stehen das Negative und die Ängste im Vordergrund“, erklärt der Bürgermeister, der wie die zuständigen Landesämter eine räumliche Neuordnung befürwortet. Denn dies sei die Basis für die weiteren Schritte. „Ich halte es für notwendig, über die Zukunft des Einfahrtsbereiches nachzudenken wie auch über die  raumplanerische Entwicklung“, so Schuster, der erklärt, dass entgegen mancher Kritiker eine Neunutzung der Einfahrt keine Entwicklung zum Schlechteren hin sein müsse. „Ausgangspunkt der gesamten Polemik war wohl, dass nur über Varianten gesprochen wurde und die Ergebnisse der Studie nicht abgewartet wurden“, erklärt der Bürgermeister. Diese sollen jedoch in einigen Wochen vorliegen, „dann möchten wir auch die Bevölkerung umfassend dazu informieren“.