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Macht‘s Südtirol besser?

Die Luegbrücke in Österreich und die Viadukte der Brennerautobahn in Südtirol sind in etwa gleich alt. Drohen uns in den nächsten Jahren also dieselben Herausforderungen.
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Foto: Autostrade del Brennero
  • Die Luegbrücke jenseits des Brenners in Tirol wird nach 55 Jahren komplett erneuert. Auf der italienischen Seite des Alpenübergangs scheint es hingegen keine dahin gehenden Probleme zu geben, obwohl auch hier die Viadukte bereits über 50 Jahre alt sind. Stellt sich also die Frage: Steht uns in Südtirol auch eine Sanierung der Autobahn im Ausmaß der Luegbrücke mit all ihren negativen Folgen bevor? Genau diese Frage stellte sich Anfang Januar dieses Jahres auch der Landtagsabgeordnete des Team K, Paul Köllensperger, und richtete deshalb eine Anfrage an Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider. Nach etwa einem Monat kam vorgestern (03.02.2025) die Replik, beantwortet von der Brennerautobahn AG selbst.

  • Kein Grund zur Sorge

    In seiner Anfrage hält Köllensperger fest, dass alle Viadukte der Brennerautobahn in Südtirol zwischen 1968 und 1972 errichtet und seinerzeit unter Berücksichtigung aller damals üblichen bautechnischen Kriterien auf eine Mindestlebensdauer von 50 Jahren ausgelegt und gebaut wurden. Nachdem dieses halbe Jahrhundert nun vergangen ist und im neuen Investitionsplan des PPP-Projekts zahlreiche außerordentliche Instandhaltungsarbeiten, aber keine vollständige Erneuerung der Bauwerke vorgesehen sind, wollte der Gelbe wissen, ob das Risiko eines Neubaus - also nicht nur außerordentliche Instandhaltungen - von Teilen der Viadukte besteht und ob dies bewertet wurde. Zudem interessierte ihn, ob es einen Plan im Falle einer Schließung oder länger andauernder Einspurigkeit durch Arbeiten an den Viadukten gibt. Vonseiten der Autobahn AG wird diese Frage wie folgt beantwortet: „Aktuell besteht kein Risiko, dass ein Wiederaufbau von Infrastrukturen der A22 erforderlich wird, da die laufenden ordentlichen und außerordentlichen Instandhaltungsarbeiten als ausreichend erscheinen.“ Somit sehe man in den kommenden Jahren keine Notwendigkeit für eine Reduzierung des Dienstes, die mit jenen der Luegbrücke vergleichbar wären.

  • Die Luegbrücke: Laut Brennerautobahn AG besteht in Südtirol kein Risiko, dass ein ähnliches Szenario wie bei der Luegbrücke eintritt. Foto: Wikimedia
  • Zur Thematik des Alter von 50 Jahren ergänzt die AG, dass die Nutzungsdauer eines „Kunstwerks“ aus Beton durchschnittlich auf 50 Jahre geschätzt wird. Dies bedeute aber nicht, dass das Bauobjekt nach Ablauf dieser Zeit unbedingt abgerissen und neu aufgebaut werden muss. Wie es allgemein im Bauwesen der Fall ist, liege auch für Straßeninfrastrukturen das entscheidende Element zur Verlängerung der Nutzungsdauer in der Regelmäßigkeit der Wartungsmaßnahmen und deren Qualität. Die Brennerautobahn führe die Instandhaltungsarbeiten deshalb mit großer Sorgfalt durch: Jährlich werden im Durchschnitt 200.000 Euro pro Streckenkilometer für Wartungsarbeiten ausgegeben. Die Gesellschaft kontrolliere die Infrastrukturen laufend und führe regelmäßige Inspektionen, auch durch instrumentelle Überwachung, durch. 
    Des Weiteren erklärt die A22, dass die Mitarbeiter in sechs Autobahnmeistereien stationiert und somit für einen bestimmten Autobahnbereich verantwortlich sind, dessen Besonderheiten und Merkmale sie somit genau kennen. Die während der Inspektionen gesammelten Daten - wie jene von Überwachungssensoren - werden in einem digitalen Archiv mit einer speziellen Software gespeichert, die vor allem die Prioritäten für notwendige Eingriffe errechnet. 
    Zum Thema Sicherheit hält die Aktiengesellschaft auch fest, dass sie, im Gegensatz zur gängigen Praxis anderer italienischer Konzessionäre, über eine interne technische Abteilung verfügt, welche die Ausarbeitung jeglicher Projekte überwacht. So würden sich mehr als hundert Ingenieure mit der Projektierung und Leitung von Instandhaltungsarbeiten entlang der 314 Autobahnkilometer beschäftigen, um eine perfekte Kenntnis jedes einzelnen Aspekts und jeder Entwicklung der Infrastruktur zu ermöglichen. Um eine konkrete Vorstellung der Wartungsarbeiten zu vermitteln, erläutert die Gesellschaft, dass allein im ersten Halbjahr 2024 insgesamt 1.245 Baustellen eingerichtet worden sind. 897 davon hatten keine Auswirkungen auf den Verkehr, da die Arbeiten beispielsweise während der Nachtstunden durchgeführt wurden.

  • Konkretes Beispiel

    Um die Bedeutung der Instandhaltungsmaßnahmen zu verdeutlichen, führt die AG folgendes Beispiel an: Die Autobahnbrücke von Gossensaß - das Hauptbauwerk der A22 - sei aktuell nicht nur voll funktionsfähig, sondern weise nach den zwischen 2014 und 2015 durchgeführten Sanierungsarbeiten bei ununterbrochenem Verkehr höhere Leistungs- und Sicherheitsstandards auf als bei der Errichtung und Planung. Das Viadukt von Gossensaß wurde zum Zeitpunkt des Baus (1969) auf die Bemessungslasten im Rundschreiben Nr. 384 ausgelegt. Mit den Sanierungs- und Verstärkungsarbeiten in den Jahren 2014/2015 ist das Viadukt an die Verkehrslasten angepasst worden, die in den neuen technischen Normen für das Bauwesen vom 14101/2008 vorgesehen und im Zuge der Aktualisierung der Normen 2018 bestätigt worden sind. Im Anschluss an die strukturellen Konsolidierungsarbeiten, bei denen eine zusätzliche Vorspannung in die Haupttragwerke eingeführt wurde, sind auf den Fahrbahnen folgende Prüflasten aufgebracht worden:

    • Prüflast vom 04.12.2015 (Richtung Süden): 18 LKWs mit einem Gewicht von 380 Doppelzentnern, mit   einem Gesamtgewicht von 684 Tonnen
    • Prüflast vom 15.10.2015 (Richtung Norden): 18 LKWs mit einem Gewicht von 380 Doppelzentnern, mit einem Gesamtgewicht von 686 Tonnen.
  • Abschließend wollte Köllensperger noch wissen, welche Konzessionsdauer im eingereichten PPP-Projekt vorgesehen ist, wer für eventuelle Neubauten oder außerordentliche Instandhaltungen der Viadukte verantwortlich ist und wer diese Arbeiten im ersten und im zweiten Fall bezahlt? Aus der Antwort geht hervor, dass die Dauer der neuen Konzession voraussichtlich 50 Jahre beträgt und dass die Verantwortung und Instandhaltung der Infrastrukturen dem Autobahnkonzessionär obliegt.

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Hartmuth Staffler Wed, 02/05/2025 - 13:57

Tatsache ist, dass die laufenden Arbeiten zwischen Klausen und Bozen mit ihren Gegenverkehrsbereichen derzeit wesentlich mehr Verkehrsprobleme verursachen als die Einspurigkeit auf der Luegbrücke. Aber für Panikmache-Artikel im Sinne des Hausblattes der Südtiroler Handelskammer eignet sich die Luegbrücke natürlich mehr.

Wed, 02/05/2025 - 13:57 Permalink