Politics | Mobilität

„Wenn's dir zu langsam geht …“

Sind die Züge zu lang oder die Vinschger Bahnsteige zu kurz? Die Landtagsabgeordnete Madeleine Rohrer und STA-Direktor Joachim Dejaco liefern sich dazu einen erhellenden Disput in den sozialen Medien.
Madeleine Rohrer
Foto: Seehauserfoto
  • Die Ausübung von Kontrolle über die Tätigkeit der Landesregierung zählt zu den wichtigsten Funktionen der Opposition. Den Angeordneten der verschiedenen Parteien stehen dafür mehrere Mittel zur Verfügung, von denen sie mitunter regen Gebrauch machen, wie beispielsweise in Form von Landtagsanfragen. Ein Abgeordneter richtet zu einem bestimmten Thema Fragen an den dafür zuständigen Landesrat bzw. an die dafür zuständige Landesrätin, die dann entweder schriftlich oder im Rahmen einer Landtagssitzung Stellung dazu bezieht. Für schriftliche Anfragen, die laut Reglement ausführlich beantwortet werden sollten, gilt eine Frist von 30 Tagen. Wird eine Anfrage nicht innerhalb 60 Tagen beantwortet, wird diese bei der ersten darauffolgenden Aktuellen Fragestunde vorrangig behandelt. Offenbar war Madeleine Rohrer, Abgeordnete der Grünen, mit einer Antwort seitens des Mobilitätslandesrates Daniel Alfreider nicht restlos zufrieden, denn vor drei Tagen postete die Abgeordnete einen Beitrag dazu auf ihrer Facebook-Seite. 

  • Kuriose Antworten

    „Fragen an die Mitglieder der Landesregierung zu stellen, damit verbringe ich als Abgeordnete einiges an Zeit. Wissen ist schließlich Macht. Und nur wer versteht, kann gute Politik machen. Die Antworten aber sind manchmal wirklich kurios“, heißt es da. Bei der letzten Fragestunde wollte sie nämlich wissen, ob Bahnsteige verlängert werden müssen, weil die neuen Züge vom Typ Coradia Stream um rund 22 Meter länger sind als die heutigen FLIRT-Züge. 

  • Vinschgerbahn: Das Land hat rund 80 Millionen Euro in die Bahn-Infrastruktur im Vinschgau investiert. Foto: Othmar Seehauser
  • Die Antwort verblüffte die Grüne Abgeordnete, wie sie schreibt, denn im Antwortschreiben stand zu lesen, dass im Vinschgau die Bahnsteige noch einige Meter für ein besseres Zusammenspiel mit der Signalpositionierung verlängert werden und die Arbeiten vor Inbetriebnahme der neuen Züge abgeschlossen sein werden. 

     

    „Warum wurden Bagger und Zementsack nicht schon während der etlichen und für viele Beteiligte mühsamen Monate des Schienenersatzverkehrs herangeschafft?“

     

    „Warum wurden Bagger und Zementsack nicht schon während der etlichen und für viele Beteiligte mühsamen Monate des Schienenersatzverkehrs herangeschafft? Und müssen jetzt weitere Bahnsteige landauf, landab an die neuen Züge angepasst werden?“, fragt sich Rohrer auf ihrer Facebook-Seite und bemängelt, dass es noch ein weiter Weg sei, bis der öffentliche Verkehr in Südtirol endlich die Priorität hat, die er verdient, und die Fahrgäste noch einiges an Geduld brauchen werden. Verständlicherweise stellt sich auch der Leser der betroffenen Zeilen dieselben Fragen bzw. fragt sich, ob hier alles mit rechten Dingen zugegangen ist und ob jemand Pfusch gebaut hat. 

  • Aus der Not eine Tugend gemacht

    Auf diesen Post ist wohl auch der Generaldirektor der STA – Südtiroler Transportstrukturen AG, Joachim Dejaco, aufmerksam geworden, der unter den Kommentaren auch gleich die Antwort liefert – nicht ohne Seitenhieb auf dieses seiner Meinung nach „politische klein-klein-Geplänkel“. 

  • Joachim Dejaco, Generaldirektor der STA – Südtiroler Transportstrukturen AG: „Das Land hat rund 80 Millionen Euro in die Infrastruktur im Vinschgau und weitere rund 180 Millionen Euro für 15 neue Züge für das ganze Land investiert, weil wir an den Zug glauben.“ Foto: LPA/Roman Clara

    Laut Dejaco wurden beim Umbau der Bahnsteige in den Jahren 2018 bis 2019 diese auf die Standardlänge von 125 Meter erweitert, da die damals bestellten Züge des Typs „Talent 3“ von Bombardier ca. 105 Meter lang waren. Aufgrund der Übernahme von Bombardier durch den französischen Konzern Alstom und der gleichzeitigen Kündigung des Liefervertrags von ÖBB für die Talent 3-Züge – die ÖBB hatte 300 Züge bestellt – sei die STA plötzlich vor der Situation gestanden, dass diese Züge schlichtweg nicht mehr geliefert wurden. „Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und bei Alstom andere, 128 Meter lange Züge bestellt, damit noch mehr Menschen noch bequemer in Südtirol mit dem Zug unterwegs sein können“, erklärt der STA-Direktor und fügt hinzu, dass es anfangs so ausgesehen habe, als wären die Bahnsteige gerade noch ausreichend lang, um auch mit diesen Zügen den Fahrgastdienst zu bewältigen. Bei den Testfahrten zum neuen Signalsystem habe sich allerdings herausgestellt – und genau dafür seien Testfahrten ja da –, dass die elektronisch gesteuerten Bremskurven den Zug so früh zum Stehen bringen, dass es sein könnte, dass nicht mehr alle Türen an Bahnsteigen zu liegen kommen. 

     

    „Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und bei Alstom andere, 128 Meter lange Züge bestellt, damit noch mehr Menschen noch bequemer in Südtirol mit dem Zug unterwegs sein können.“

     

    „Deshalb werden wir nun die Bahnsteige ohne weitere Dienstunterbrechungen eben um einige Meter verlängern“, betont Dejaco und erklärt, dass in 15 Monaten die Vinschgerbahn mehr als doppelt so viele Fahrgäste transportieren könne. „Das Land hat rund 80 Millionen Euro in die Infrastruktur im Vinschgau und weitere rund 180 Millionen Euro für 15 neue Züge für das ganze Land investiert, weil wir an den Zug glauben“, so der STA-Direktor, der mit den Worten schließt: „Wenn’s dir und anderen zu langsam geht, dann ist das das beste Kompliment für unsere Entscheidungen – nämlich dass wir genau das umsetzen, was sich die Menschen wünschen und was Südtirol braucht: eine starke Eisenbahn.“