Bekommt Brixen eine echte Bürgerbeteiligung?
Kurz vor der Gemeinderatswahl findet in der Cusanus Akademie eine Podiumsdiskussion über die zukünftige Bürgerbeteiligung in Brixen statt.
Es gibt sicher eine Menge Fragen an die Kandidaten zum Thema Bürgerbeteiligung (BB), welche neben der BB selbst auch deren Voraussetzungen betreffen, etwa:
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Sind Sie für mehr Bürgerbeteiligung?
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Sind Sie für mehr Transparenz?
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Sind Sie für einfacheren Zugang zu Informationen?
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Sind Sie für verständlichere Formulierungen in den Beschlüssen und Verwaltungsakten?
Abgesehen von den in Vorwahlzeiten üblichen Versprechungen, geht es hier nicht nur um die Meinung der Kandidaten, sondern um deren Durchsetzungsfähigkeit in der eigenen Partei oder Liste.
Die Regeln für die BB werden in der Satzung (Statuten) festgelegt, welche mit 2/3 Mehrheit beschlossen werden muss. Das ist kein Problem, wenn Konsens besteht, aber wie die Vergangenheit zeigte, fehlte in Brixen dieser Konsens.
Da werden in Hinterzimmern Gespräche geführt und dann mit den Methoden Fraktionszwang, Zuckerbrot und Peitsche ein Ergebnis erzielt, welches keine guten (gut wäre: eindeutig, verständlich, vollständig, widerspruchsfrei) Statuten bringt, sondern allenfalls mehrheitsfähige. Mehrheitsfähig, obwohl sie nur von einem halben Dutzend Gemeinderäten (und Strippenziehern im Hintergrund) vorbereitet und vom Rest der Gemeinderäte aus Überzeugung, Desinteresse oder mit zusammengebissenen Zähnen bestätigt werden. Das wird der Wichtigkeit nicht gerecht, es geht nicht um einen beliebigen Beschluss, sondern um die Verfassung der eigenen Gemeinde.
So war es 2011 bei der Verabschiedung der letzten Satzung. Wer wie ich erst 2013 die Kapitel der Satzung zur BB und deren Verordnung studiert hat, wird nicht verstehen, wie diese 2/3 Mehrheit zustande gekommen ist.
Als sich im Juli 2014 wieder so eine Entscheidung abzeichnete, sprach ich vorher mit Gemeinderäten unterschiedlicher Parteien und begriff erst als Zuschauer am 17.07.2014 - als 20 von 30 Gemeinderäte sich für eine Volksabstimmung mit der bekannten unseriösen Fragstellung aussprachen - die Macht des Systems und gleichzeitig dessen Schwachstelle.
Die Schwachstelle sind wir Bürger und Wähler selbst, wenn wir ein solches Zustandekommen von Mehrheiten bei so fundamentalen Entscheidungen wie jener über eine Satzung oder eine Volksabstimmung tolerieren. Was wir brauchen sind KandidatInnen, die sich dafür stark machen, dass in der nächsten Satzung zumindest die Kapitel zur BB in einem Gremium entstehen, das auch interessierten Bürgern offen steht. Dadurch kann die gesamte Bürgerschaft informiert und beteiligt sowie auf ein bestätigendes Referendum der Satzung vorbereitet werden.
Auf der Suche nach Wählerstimmen abgegebene Beteuerungen vor der Wahl helfen nicht wirklich weiter. Um besser einschätzen zu können, ob in den Parteien eine gewisse Einsicht in Fehler der Vergangenheit besteht, wäre es hilfreich, wenn die Kandidaten öffentlich zu den folgenden Fragen Stellung beziehen würden:
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Haben Sie eingesehen, dass in Brixen ein Instrument der Direkten Demokratie (DD) missbraucht wurde, mit dem Ziel das Volk wählen zu lassen, um die Verantwortung abzuwälzen, und dass zugleich die Auswahl eingeschränkt wurde, um den Ausgang in die gewünschte Richtung zu lenken?
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Würden die Gemeinden nach ihren Statuten und Reglement zur DD beurteilt und gereiht, wäre Brixen sicher das Schlusslicht (Zustimmungsquorum von 25%, zu viele Hindernisse für Komitees, zu großer Einfluss von Kommission und Gemeinderat, keine präzise Festlegung der Konsequenzen der Ergebnisfälle, …). Sehen sie das als Erfolg an oder versuchen sie in die vordersten Reihen zu kommen mit Statuten wie in Mals oder Kurtatsch, beide mit SVP-Mehrheit regiert?
Ich hoffe am Mittwoch Antworten zu bekommen, die uns Wähler eine fundierte Wahlentscheidung ermöglichen. Nach der Wahl dürfen wir die Gemeindepolitik nicht für die nächsten 5 Jahre ausblenden, sondern im Gegenteil uns informieren und beteiligen.
Zur Einstimmung für die Diskussion rate ich den Blogeintrag von Ingo Dejaco nachzulesen, der kurz nach der oben zitierten Gemeinderatssitzung entstanden ist, mit den Kommentaren, in welchen mit Zitaten der Statuten argumentiert wird. Da versteht man den Wunsch nach Verständlichkeit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit von Statuten; nicht jedoch warum die Gemeinderäte solche Formulierungen akzeptiert haben.
Wer tiefer einsteigen möchte, kann auf proALTvor meinen Fragebogen (aus welchen Ergebnissen folgen welche Konsequenzen) und eine Übersicht der 3 unterschiedlichen Interpretationen der Satzung zur Direkten Demokratie finden (einschließlich des Widerspruchs der Aussagen von Bürgermeister und Generalsekretär zur Satzung).