Politics | Mafia capitale

Matteo Renzis schwieriger Hürdenlauf

Der ungünstige Wahlausgang und eine neue Verhaftungswelle im römischen Mafiaskandal lassen Renzis Reformkurs zum Hürdenlauf werden

Italicum. La buona scuola. Abschaffung des Senats. Eine ganze Reihe wichtiger Reformvorhaben wollte Matteo Renzi noch vor Sommerbeginn durchziehen. Doch der Ausgang der jüngsten Regionalwahlen, der die parteiinterne Opposition gestärkt hat, macht ihm ebenso einen Strich durch die Rechnung wie 44 neue Verhaftungen im römischen Mafiaskandal. Sie beweisen, dass der Partito Democratico sich keineswegs als moralische Instanz preisen kann. Roms Bürgermeister Ignazio Marino wankt, die Forderungen nach seinem Rücktritt häufen sich. Eine von ihm einberufene Dringlichkeitssitzung des Gemeinderats scheiterte an der geringen Anzahl von Anwesenden.


Bei Neuwahlen in der Haupstadt droht dem  Partito Democratico eine folgenschwere Niederlage gegen die Fünfsterne-Bewegung, die lautstark Marinos sofortigen Abgang fordert. Zwar steht der aus Genua stammende Chirurg dem römischen Intrigenkarussel fern und bekämpft Illegalität, so gut er kann. Und soweit das in einer korruptionsverseuchten Metropole möglich ist.  Doch der oft unglücklich agierende Bürgermeister ist keineswegs der politische Bulldozer, den die Haupstadt benötigen würde.


Renzi ist darauf bedacht,  sich nicht in den römischen Sumpf ziehen zu lassen: "Wer stiehlt, muss die Partei verlassen,"verkündet er lakonisch.  Der Regierungschef blickt freilich schwierigen Zeiten entgegen. Noch ist seine Strategie nicht erkennbar, um in Kampanien die Suspendierung des soeben gewählten Präsidenten Vincenzo De Luca zu verhindern. Im Senat hat der Abgang zweier Christdemokraten die Mehrheit seiner Koalition auf karge sieben Stimmen schmelzen lassen. In der Partei des Bündnispartners Angelino Alfano brodelt es, gegen einen Staatssekretär laufen Ermittlungen.
Besonders schmerzlich für den Premier: er kann sein Reformtempo nicht halten,  muss der linken Minderheite Zugeständnisse machen. Bei der Schulreform, der Abschaffung des Senats und wohl auch beim Wahlrecht. Wird die Schulreform nicht innerhalb Juni genehmigt, scheitert auch der Plan, noch im Herbst 100.000 neue Lehrer einzustellen. "Abbiamo perduto un sacco di occasioni, quanti rigori abbiamo sbagliato, ma ora si volta pagina”, verspricht Renzi vollmundig. Das kann bezweifelt werden. Denn die Parteilinke nutzt die Gunst der Stunde und fordert nun "una verifica su tutto il campo" - ein Uralt-Ritual römischer Politik.  Auch bei der geplanten Reform der eigenen Partei droht dem Premier Widerstand aus den Reihen seiner zahlreichen Gegner - vor allem seiner Absicht, Loyalität im Statut festzuschreiben.

Der römische Skandal, der allein am Freitag im Corriere 10 Seiten füllte, wird das ohnedies matte Image des Partito Democratico weiter beschädigen. An Widrigkeiten wird es in den kommenden Wochen nicht fehlen. Und am 23. Juni tritt der Verfassungshof zu einer brisanten Verhandlung zusammen. Er entscheidet über zwei Einsprüche der Gewerkschaften gegen die Einfrierung der Gehaltserhöhungen im öffentlichen  Dienst seit 2010. Gibt er den Rekursen statt, würde der Staatshaushalt mit zusätzlichen 35 Milliarden Euro belastet. Für die Regierung Renzi würde das wohl das Ende einläuten.