Culture | Salto Afternoon

Bachmann-Mix für Maxi

Mit Maxi Obexer liest zum 6. Mal ein/e Autor/in aus Südtirol beim Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt. Ein Rückblick.
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Foto: Bachmann Digital Archiv

Der Ingeborg-Bachmann-Preis wurde 1976 von der Stadt Klagenfurt in Gedenken an die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann gestiftet und wird seit 1977 jährlich während der mehrtägigen Veranstaltung Tage der deutschsprachigen Literatur verliehen.
Der Journalist Gerhard Mumelter erinnert sich, wie er den Schriftsteller Joseph Zoderer zur vierten Ausgabe im Jahr 1981 begleitete:Joseph Zoderer hatte das Manuskript seines Romans Die Walsche mitgebracht und war sehr aufgeregt. Er war der einzige und überhaupt erste Autor aus Südtirol und startete als Außenseiter. Als Favoriten galten die Schweizer, die mit neun Autoren anwesend waren, darunter Urs Jaeggi und Thomas Hürlimann. In der Jury saßen damals neben Marcel Reich Ranicki auch  Klara Obermüller, Walter Muschg, der Wiener Ulrich Weinzierl, Walter Jens und der Kärtner ORF-Mann Ernst Willner, nach dem später einer der Preise benannt wurde.

Zoderer war noch immer aufgeregt, las leise und langsam.

Die Gerüchteküche brodelte, die Informationen waren freilich kaum überprüfbar. Es wurden Namen von angeblichen Favoriten genannt, überprüfbar war nichts davon. Joseph Zoderer war so aufgeregt, dass er Beruhigungstabletten nehmen und sich ins Bett legen musste. Diese Zeit nutzte ich für den Versuch, sein Manuskript bei einem Verlag unterzubringen. Ich kannte Christoph Buchwald, der damals Lektor beim Münchner Hanser-Verlag war und steckte ihm das Manuskript zu. Er war davon durchaus angetan und zeigte sich an der Veröffentlichung interessiert.

So kam es, dass bei Zoderers Lesung sein Roman schon fast einen sicheren Verleger gefunden hatte. Zoderer war noch immer aufgeregt, las leise und langsam. Marcel Reich Ranicki schien das Buch zunächst zu zerreißen und meinte: Ich verabscheue die ländliche Welt, ich bin durch und durch Städter. Ich habe mir gedacht: Oh je, es ist aus… Dann aber fuhr Ranicki fort: Und doch haben mich viele Bilder berührt wie diese Preiselbeerstaude im Weihwassergefäss....
Joseph Zoderer stand als Sieger nicht zur Diskussion, aber Die Walsche erschien wenige Monate später im Hanser-Verlag und wurde zum Erfolg.“

Den Wettbewerb empfand Anita Pichler eher als Zugeständnis an den Literaturbetrieb. Sie liebte solche Auftritte nicht besonders.

Die Kulturvermittlerin Renate Mumelter war hingegen 1986 in Klagenfurt. Sie begleitete ihre gute Freundin, die Schriftstellerin Anita Pichler: „Eingeladen wurde sie von Marcel Reich Ranicki, dem Jurychef selbst. Normalerweise  förderte das einladende Jurymitglied die vorgeschlagene Autorin, bei Anita und Ranicki war pikanterweise das Gegenteil der Fall. Er kanzelte sie ab. Dazu ist zu sagen, dass Anitas Art des Erzählers den Ranicki'schen Vorlieben in keiner Weise entgegenkam. Er liebte das Epische, das Realistische, das Deftigere. Poetische Prosa – ein Hilfsbegriff – war nie seins. Ich erinnere mich, dass Anita und ich gemeinsam überlegten, was sie am besten anziehen sollte. Ich erinnere mich auch an Armin Gatterer, der auch als Autor im Wettbewerb  war und an die Siegerin der Katja Lange Müller, an viel Wein und viele Zigaretten, auch an Alfred Gruber, der immer dabei war.

Den Wettbewerb empfand Anita Pichler eher als Zugeständnis an den Literaturbetrieb. Sie liebte solche Auftritte nicht besonders. Ihr Schreiben hat sie aufgrund der Wettbewerbsfeedbacks nicht verändert.

Das war unglaublich anregend.

Armin Gatterer, heute im Amt für Kultur tätig, war neben Anita Pichler der zweite Südtiroler Autor der 1986 in Klagenfurt lesen durfte und heute noch sehr positive Erinnerungen an die Veranstaltungstage hat: „Ich habe es genossen einige Tage in diesem Ambiente zu verbringen, in welchem sich alles um Literatur gedreht hat, inmitten anderer Autoren, Kritiker, Verleger, Journalisten, Organisatoren, Leser, und den interessiert mitdiskutierenden Besuchern. Das war unglaublich anregend. Die Teilnahme am Wettbewerb  hat mich auch animiert, weiter zu schreiben, weiter zu veröffentlichen – auch wenn mich dann die beruflichen Wege bald anderswohin geführt haben.“

Am Vorabend meiner Lesung fand eine Party statt, bei der einige Juroren nicht wenig getrunken hatten.

1993 fuhr Sabine Gruber zum Wettlesen nach Klagenfurt und zieht in ihrem Statement für Salto unter anderem einen Bogen in die Gegenwart: „Ich wurde von Prof. Klaus Amann eingeladen. Am Vorabend meiner Lesung fand eine Party statt, bei der einige Juroren nicht wenig getrunken hatten. Ich kam am nächsten Morgen um 9 Uhr an die Reihe und las einen Text, der auf dem venezianischen Fischmarkt spielte. Einer der Juroren, der mit Sicherheit an den Folgen des Alkoholkonsums litt, meinte Es stinkt mir hier zuviel nach Fisch.

Ich hatte damals auch ein Angebot vom Verlag dtv bekommen und war nach dem Wettbewerb als Stadtschreiberin nach Klagenfurt eingeladen worden. Der Wettbewerb hat sich sehr verändert, ich verfolge ihn kaum noch. Er. Es sind nur mehr halb so viele Autoren da und alle Juroren kennen vorab den Text, sind also vorbereitet. Damals war vieles dem Zufall überlassen.“

Mit Bettina Galvagni war im Jahr 1997 die bislang letzte Südtiroler Autorin zum bekanntesten Wettlesen für deutschsprachige Literaten und Literatinnen geladen. 20 Jahre später gibt nun Maxi Obexer ihr Bestes.
Die Szene blickt gespannt nach Kärnten.