Society | Strafvollzug

Kann Helfen die Alternative sein?

Silvio Berlusconi oder Max Rainer erspart sie das Gefängnis. Doch was bedeutet die Haftalternative Sozialdienst für Sozialarbeiter und Betroffene? Die AGO protestiert.

Der soziale Dienst ist gefragt, zumindest von prominenten Angeklagten. Ob Silvio Berlusconi, Maximilian Rainer, Michl Laimer oder demnächst vielleicht auch Alex Schwazer: Wenn es darum geht, eine Haftstrafe zu vermeiden, steht die gemeinnützige Arbeit auf der Beliebtheitsskala ganz oben. Ganz unten rangiert sie dagegen bei der AGO-Gewerkschafterin und langjährigen Sozialbetreuerin Johanna Großberger. „Wir sollten uns als Gesellschaft fragen, ob dies tatsächlich der richtige Weg ist, Strafen abzubüßen“, sagt sie. Gründe dafür gibt es zumindest aus Sicht des professionellen Personals genügend. Mindestens drei Jahre Ausbildung, regelmäßige Weiterbildung, Sozialkompetenz, Empathie – all diese Voraussetzungen sind für das komplexe Berufsfeld Sozialarbeit erforderlich.

Und doch passiert es laut Großberger in den vergangenen Jahren immer häufiger, dass solch qualifziertes Personal seine Dienste gemeinsam mit Verkehrssündern und anderen Verurteilten versieht, die keinerlei Qualifikationen für die Arbeit mitbringen. Das bringt nicht nur zusätzliche Belastungen, sondern vielfach auch eine Verunsicherung der Betreuten mit sich, kritisiert die Gewerkschafterin. „Denn diese Personen kommen wie aus dem Nichts in ein eingespieltes, soziales Gefüge und verschwinden wieder, ohne dass die Betreuten verstehen, was sie in ihrem Alltag zu suchen hatten.“ 

Zielscheibe von Großbergers Kritik sind in dem Zusammenhang auch die Führungskräfte von sozialen Einrichtungen. „Denn sie sind es, die bestimmen, in welchem Bereich ihrer Struktur diese Menschen eingesetzt werden.“ Wo allgemein Transparenz, Personenzentriertheit, Wertschätzung und Qualität mit Gütesiegel propagiert wird, würden Menschen eingesetzt, die von dieser Arbeit keine Ahnung haben. „Doch solche Probleme in den Strukturen selbst anzusprechen ist ein No-Go“, erklärt die Sozialbetreuerin, die aktuell gewerkschaftlich freigestellt ist. In der Funktion will sie das Thema nicht zuletzt aufgrund der jüngsten Reformen im Strafvollzug auf den Verhandlungstisch bringen. „Auch weil wir uns fragen müssen, ob es wirklich eine Strafe sein kann, wenn ich anderen Menschen helfen soll“, sagt Johanna Großberger. 

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Michael Bockhorni Fri, 09/05/2014 - 21:50

viele der Dienste arbeiten ja auch mit Freiwilligen, da wird der fehlende professionelle Background auch durch andere Faktoren wettgemacht. Ich hatte selbst Erfahrungen mit Verkehrssündern in einer meiner früheren Arbeitsstellen gemacht, da waren positive und negative dabei, wie bei anderen Mitarbeiter:innen auch. Es kommt, wie immer bei Personalentscheidungen, auf eine gute Vorarbeit an. Ich denke insgesamt kann diese Regelung ein Gewinn für beide Seiten sein.

Fri, 09/05/2014 - 21:50 Permalink