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Brustwarzen-Freiheit & Denksport

Was ich in diesem Sommer richtig genossen habe, war mein verhältnismäßig langer Urlaub: ohne Verpflichtungen in den Tag hineinleben, die Seele und Gedanken baumeln lassen
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Foto: Maria Eklind
Dank eines Meeraufenthaltes auf meinen Lieblingsinseln sogar die BH-Freiheit. Und das ganz ohne die ständige Sorge um vorwitzige Brustwarzen, die sich bei eventueller Temperatur-, Hormon-, Gefühls-Schwankung unter dem leichten Sommershirt abzeichnen. Was hab ich da fast täglich jenen Feministinnen gedankt, die vor 50 Jahren ihre BHs auf öffentlichen Plätzen verbrannt haben!
 
Was hab ich da fast täglich jenen Feministinnen gedankt, die vor 50 Jahren ihre BHs auf öffentlichen Plätzen verbrannt haben!
 
Aber es kommt noch besser: Ich habe in den Urlaubswochen gänzlich auf das klamme Gefühl feuchter Oberteile verzichtet. Zwischen Schnorchelgang und Sommerlektüre habe ich mich gefragt, wieso so eine triviale Qual überhaupt nicht nur geduldet, sondern sogar gefordert wird! Ihr erinnert euch vielleicht an die Episode in einem Berliner Freibad letzten Sommer oder denkt ganz allgemein an die italienischen Badestrände und heimischen Lidos. Ganz egal ob Badeanzug, Push-Up, Dreieck oder neuerdings ein knappes Pflaster: Hauptsache die Brustwarzen sind nicht sichtbar! Oder besser: die weiblichen Brustwarzen, denn Männer dürfen ganz selbstverständlich „oben ohne“ sein.
 
Männer dürfen ganz selbstverständlich „oben ohne“ sein.
 
Liegt es an den anatomischen Unterschieden zwischen männlichen und weiblichen Brustwarzen? Meine empirische Untersuchung der Strandbesucher:innen hat ergeben, dass es tatsächlich eine große Vielfalt an Brustwarzen gibt: helle, dunkle, nach innen gekehrte, abstehende, große, kleine, behaart oder enthaart … Allein, ob sie an einem Mann oder an einer Frau sitzen, das verrät nur eine ganzheitliche Betrachtung der betroffenen Person. Also habe ich meine Recherche auf die Brüste ausgedehnt. Auch hier: Größe, Form, Symmetrie variieren von Mensch zu Mensch, aber, o Schreck, nicht immer ist auf Anhieb die eindeutige Zuweisung nach Geschlecht möglich!
Da frage ich mich, was an meinen Brustwarzen denn so anders ist als an den Brustwarzen der männlichen Strandnachbarn. Sind erstere ästhetisch ansprechender und müssen verhüllt werden, um sie nicht abzunutzen? Damit es den Frauen nicht so geht wie der armen Giuliettastatue in Verona? Oder umgekehrt: Sind sie unzumutbar und sollten versteckt werden, um niemandes Entspannung zu gefährden? Aber wieso dann nur die weiblichen? Bei meiner empirischen Untersuchung männlicher Brustwarzen war ich ja auch nicht immer positiv überrascht und habe den Anblick dann doch problemlos ausgehalten.
 
Da frage ich mich, was an meinen Brustwarzen denn so anders ist als an den Brustwarzen der männlichen Strandnachbarn.
 
Plötzlich überkam mich der Zweifel, womöglich gar auf eine weitere Manifestation von patriarchaler Bevormundung gestoßen zu sein, bei der schlichtweg andere Regeln für Frauenkörper gelten als für Männerkörper. So quasi eine Zweiklassengesellschaft, in der die jeweiligen Machthabenden bestimmen, in welchem Rahmen Frau selbst über ihren Körper entscheiden darf. Mal mehr, mal weniger darf sie dann darüber entscheiden, was mit ihren Haaren, ihren Brustwarzen und ihren Geschlechtsorganen Sache ist. Stellt euch das doch mal umgekehrt vor! Wetten, da wären plötzlich ganz andere Kriterien und Freiräume im Spiel?
Naja, es war heiß, windig und wunderschön, deshalb habe ich es dann auch aufgegeben, über Brustwarzenfreiheit nachzudenken und sie ganz einfach genossen. Und wie ist es euch mit der feministischen Sommeraufgabe ergangen?
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Karl Trojer Tue, 09/06/2022 - 09:34

Weibliche Brustwarzen sind nun mal erotischer als männliche, und sie sind geheimnisvoller. Demokratie heißt auch, dass jede/jeder selbst über ihren/seinen Körper entscheiden kann, und dass sie/er dafür verantwortlich ist....

Tue, 09/06/2022 - 09:34 Permalink
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Christian I Tue, 09/06/2022 - 10:37

Oh nein, es liegt an total dumme kulturelle Einstellungen. Es gibt Völker wo nackt sein etwas ganz natürliches ist, so wie es auch ganz natürlich ist, dass jemand grössere Brüste hat, andere kleinere, manche Männer einen grösseren Penis haben, andere weniger... das nennt man NATUR, etwas was unsere scheinheilige Gesellschaft längst vergessen hat. Eine Brust in der Öffentlichkeit zu sehehn ist ein Skandal, "was passiert wenn mein 8 jähriger Sohn deine Brüste sieht..." haben wir vor kurzer Zeit von einer besorgten Mutter gehört. Dabei spielt ihr Sohn mit Plastikwaffen als wäre es das normalste der Welt zu schiessen und zu töten. So krank ist unsere Welt geworden!

Tue, 09/06/2022 - 10:37 Permalink
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Peter Gasser Tue, 09/06/2022 - 11:55

Da sehen Sie, dass es Ungleichheit in der Welt gibt - ich zitiere: „Meine *empirische Untersuchung* der Strandbesucher:innen hat ergeben, dass es tatsächlich eine große Vielfalt an Brustwarzen gibt: helle, dunkle, nach innen gekehrte, abstehende, große, kleine, behaart oder enthaart …“.

Jetzt stellen Sie sich mal vor, ein MANN würde am Strand eine solche „empirische Untersuchung“ durchführen... all die beobachteten Innen würden diesen Mann unter Beschimpfungen in Zwangsjacke abführen lassen...
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contradictio oder „Bevormundung“?

Tue, 09/06/2022 - 11:55 Permalink
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Christian I Tue, 09/06/2022 - 15:26

und Sie vergessen Syrien, Jemen, Tigray, Libyen, Somalia, und, und, und, und, und ... Die Menschheit ist durchaus im Krieg, das ist was der homo sapiens am besten machen kann! Daher bevorzuge ich die schöne und natürliche Dinge im Leben, unter anderem auch Brüste. Würde man mehr über Brüste sprechen wäre die Welt ein Stück friedlicher...

Tue, 09/06/2022 - 15:26 Permalink