Economy | Kleinkindbetreuung
Frauen fehlen am Arbeitsmarkt
Foto: Charlie Firth on Unsplash
„Es besteht die absolute Notwendigkeit von Seiten der Landesregierung einen Paradigmenwechsel anzustreben“, sagt Claudio Alessandrini von der Gewerkschaft SGB-CISL. Das Gießkannenprinzip für die Finanzierung in sozialen Bereichen habe sich, wie in allen anderen Bereichen, als Fehlentscheidung erwiesen. Im Bereich der Kleinkindbetreuung zeigt sich das an fehlenden Betreuungsplätzen und wenig attraktiven Arbeitsbedingungen.
Ende September haben sich alleine auf den Wartelisten der Sozialgenossenschaften Kinderfreunde, Coccinella und Casa Bimbo rund 300 Kinder befunden. Die drei Genossenschaften führen in Südtirol insgesamt 56 Kitas. „Natürlich gibt es einige Gemeinden mit Wartelisten, aber auch welche, wo es genügend Plätze gibt“, erklärt der Präsident vom Rat der Gemeinden, Andreas Schatzer. Die Situation sei von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich.
Denn es hilft nichts, wenn Frauen jetzt zuhause bleiben und wir gleichzeitig am Arbeitsmarkt dringend Fachkräfte brauchen - Andreas Schatzer
Zurzeit müssen Gemeinden die Führung einer Kindertagesstätte jährlich oder jedes zweite Jahr öffentlich ausschreiben. Das Prozedere und der zeitlich befristete Auftrag sind sowohl für die Gemeinden als auch für die Kindertagesstätten nicht ideal. Daher sieht Schatzer in der Reform des Dritten Sektors eine Möglichkeit, die auch für die Kitas Erleichterung bringen könnte. Die SGB-CISL sieht hier ebenfalls großen Bedarf, da Bereiche wie die Kleinkindbetreuung im Genossenschaftswesen für die Zukunft des Landes strategisch wichtig seien.
Schwachstellen abdecken
„Das Genossenschaftswesen ist konkret der Bereich, der die Schwachstellen der öffentlichen Dienste in Südtirol abdeckt. Am 23. September 2022 haben die Sozialpartner der zuständigen Landesrätin einen offenen Brief zukommen lassen, der Maßnahmen enthält, die notwendig sind, um auch die Kleinkindbetreuung mittel- und langfristig entsprechend der Bedürfnisse der Bevölkerung zu stärken“, so der Gewerkschaftsvertreter Alessandrini.
Die Maßnahmen reichen von klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen über die Anpassung der überholten ministerialen Personalkosten-Tabellen durch das Landesarbeitsinspektorat bis zur Standardisierung der Kosten, die Genossenschaften in den verschiedenen Gemeinden etwa für Mieten oder die Verpflegung der Kinder tragen müssen.
Diese Maßnahmen seien notwendig, um den Arbeitnehmer:innen einen gerechten Lohn bezahlen zu können. „Denn wenn die Würde der Arbeit nicht gegeben ist, wird es immer schwieriger werden, Fachpersonal im privaten Sektor zu finden. Die Aufwertung der Berufsbilder bringt Stabilität und Sicherheit für eine zukünftige sinnvolle politische Planung im sozialen Bereich“, erklärt Alessandrini von der SGB-CISL.
Gespräche angekündigt
„Wir sind dabei mit dem Dachverband für Soziales eine Arbeitsgruppe zu gründen, um grundsätzlich auszuloten, wie die Verwaltung mit Genossenschaften und Sozialvereinen besser zusammenarbeiten kann“, erklärt Schatzer, der als Vorsitzender des Gemeindeverbandes ein wichtiger Ansprechpartner für Verhandlungen ist.
Was die zu niedrige Bezahlung der Kleinkindbetreuer:innen betrifft, wird sich Schatzer nächste Woche mit der zuständigen Landesrätin Waltraud Deeg treffen. „An den Gemeinden wird es nicht scheitern, wenn es darum geht, den Kleinkindbetreuer:innen ein ordentliches Gehalt zu zahlen. Es ist uns ein Anliegen, dass ihr Gehalt an den von Kindergärten und Schulen angeglichen wird. Denn wenn man sie schlechter bezahlt, wandern sie in einen anderen Bereich ab“, so Schatzer.
Daher soll es in dem Treffen darum gehen, die Kollektivverträge an die Verträge von öffentlich Angestellten anzupassen, damit der Arbeitsplatz in einer Kita – auch was Arbeitszeiten und Urlaub betrifft – attraktiver wird.
Der Stundentarif in Kindertagesstätten setzt sich aus einem Beitrag der Eltern zusammen und wird von Gemeinden und Land aufgestockt. „Der Betrag der Eltern soll nicht angerührt werden, deshalb werden wir öffentliche Gelder brauchen. Denn es hilft nichts, wenn Frauen jetzt zuhause bleiben und wir gleichzeitig am Arbeitsmarkt dringend Fachkräfte brauchen“, erklärt der Präsident des Gemeindeverbandes.
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Das hat was.
Das hat was.
Aber faktisch sind wir auch Mütter und Väter.
ZUERST Mütter und Väter, dann Arbeiter und Angestellte - auch wenn dies heute gern anders priorisiert wird.
Anders priorisiert wird von denen, die - selbst gefordert - dann in Anspruch nehmen, zuerst auch selbst Mütter und Väter sein zu müssen und zu dürfen.