Society | Wobi

Bürokratie als Hemmschuh?

Bis 2033 sollen mindestens rund 600 neue Wobi-Wohnungen gebaut werden. Der Bedarf ist um ein Vielfaches höher, doch die Verfahren bis zum Baubeginn dauern oft Jahre.
Wobi-Wohnungen in Sterzing
Foto: LPA/Greta Stuefer
  • Letzte Woche wurde das Bauprogramm des Landesinstitutes für den sozialen Wohnbau (Wobi) von der Landesregierung genehmigt. In den nächsten Jahren sollen 617 neue Wohnungen für 323,7 Millionen Euro gebaut werden. 

     Es gilt also, den Leerstand zu nutzen und auf bereits ausgewiesenen Bauflächen zu bauen.

    Insgesamt haben die Gemeinden einen Bedarf von 4.805 Wohnungen für die nächsten zehn Jahre gemeldet, vor allem in Bozen und Meran. Allerdings gibt es lediglich in zwölf Gemeinden bereits Flächen, die für den Bau von Wohnungen verfügbar sind, in 52 weiteren Gemeinden sind Bauflächen in den nächsten Jahren beziehungsweise erst nach dem Vorliegen des Gemeindeentwicklungsplanes (GEP) verfügbar. Somit wurden vor allem jene Bauvorhaben ins Wobi-Bauprogramm 2023-33 aufgenommen, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden können.

  • Die Sicht der Gemeinden

    Peter Brunner: „Ich finde es nicht in Ordnung, den Gemeinden den schwarzen Peter zuzuschieben.“ Foto: Facebook Peter Brunner

    Der Präsident des Gemeindeverbandes Andreas Schatzer geht davon aus, dass die meisten Gemeinden das GEP noch in dieser Amtsperiode vor den Gemeindewahlen im Jahr 2025 im Gemeinderat beschließen werden. Sowohl Schatzer als auch SVP-Landtagskandidat und bis vor kurzem Bürgermeister von Brixen, Peter Brunner, schätzen die Situation je nach Gemeinde unterschiedlich ein. Fest steht, dass in 21 Gemeinden offizielle Wohnungsnot gilt, das hatte die Landesregierung im September 2022 beschlossen, dort werden leerstehende Wohnungen höher besteuert.

    „In Villnöß beispielsweise gibt es für einen bereits ausgewiesen Baugrund für das Wobi kaum Bedarf, deshalb soll dieser dem geförderten Wohnbau zur Verfügung gestellt werden. Es muss deshalb punktuell zwischen einzelnen Gemeinden differenziert werden. Die Bereitschaft der Gemeinden, Wohnbauzonen zur Verfügung zu stellen, ist zumindest in den Eisacktaler Gemeinden, wo ich das beurteilen kann, vorhanden. Ich finde es deshalb nicht in Ordnung, ihnen den schwarzen Peter zuzuschieben“, so Brunner. 

  • Was er bereits mehrmals kritisiert habe, sind die langen Verfahren des Wobi selbst: „Der Zeitraum von der Verabschiedung eines Wohnbauprogrammes bis zur Schaffung des Wohnraums kann wahnsinnig lange sein. Nachdem wir in Brixen etwa Baugrund bereitgestellt haben, dauerte es Jahre bis die Bagger aufgefahren sind“, erklärt der SVP-Landtagskandidat. „Hier sehe ich bei dem Thema das große Problem, es müsste an Geschwindigkeit zugelegt werden. Das betrifft im Übrigen auch die Sanierung von Wobi-Wohnungen, wo es einigen Aufholbedarf gibt.“ 

    Eine weitere Herausforderung sei es, wenn die Kinder von Familien ausziehen und ein vergleichsweise kleiner Personenhaushalt in einer großen Wohnung lebt. „Ich verstehe, dass das keine leichte Entscheidung ist. Hier bräuchte es ein Umdenken und ein schlankeres Vorgehen für eine Optimierung.“ 

  • Die Sicht des Wobi

    Francesca Tosolini: „Südtirol ist ein sehr attraktives Land, für Urlaubsgäste, Arbeiter*innen und Studierende aus dem Ausland sowie natürlich für die Einheimischen.“ Foto: Ipes

    Wobi-Präsidentin Francesca Tosolini kennt die Kritik. Sie stimmt zu, dass dringender Handlungsbedarf besteht, gerade auch bei den leerstehenden Wobi-Wohnungen. „Es stimmt, dass es rund 600 leerstehende Wohnungen von insgesamt 13.468 Wohnungen beim Wobi gibt. Dazu ist aber zu sagen, dass in 250 von diesen zurzeit Arbeiten stattfinden. Die restlichen 350 wurden erst in letzter Zeit frei und müssen noch saniert werden. Weitere 170 Wohnungen sind bereits saniert worden und stehen für den Einzug bereit“, so Tosolini. Nachdem eine Wohnung 20, 30 oder 40 Jahre von demselben Haushalt bewohnt wurde, seien oft wichtige Instandhaltungsarbeiten notwendig. 

    „Der Wohnungsbedarf von 4.805 zusätzlichen Wohnungen in Südtirol ist als Prognose für die nächsten zehn Jahre zu verstehen, von dem die Gemeinden auch in Bezug auf den demografischen Wandel ausgehen“, erklärt Tosolini. „Die Gemeinden sind hierfür mit uns in ständigem Austausch. Als Grundlage für die Ausweisung von Bauflächen für das Wobi dient das Gemeindeentwicklungsprogramm, das derzeit von ihnen ausgearbeitet wird“, bestätigt sie. Das kürzlich beschlossene zehnjährige Wohnbauprogramm des Wobi werde deshalb alle drei Jahre an die neuen Gegebenheiten angepasst. 

  • Wobi-Wohnungen in Sterzing: In dem Kondominium wurden 17 Wohnungen sowie die Garagen und der Außenbereichsaniert, um neben der Energieeffizienz auch die Wohnqualität zu steigern. Foto: LPA/Greta Stuefer
  • Die langen Verfahren beim Wobi seien auch laut Wobi-Präsidentin ein Problem, das anzugehen sei. „Der öffentliche Wohnbau muss im Vergleich zu der Privatwirtschaft viel mehr Richtlinien einhalten, etwa ist er dazu verpflichtet, Bauaufträge über einen öffentlich ausgeschriebenen Wettbewerb zu vergeben. Das trägt natürlich nicht dazu bei, die Verfahren zu beschleunigen. Die Sorgfalt, mit der Ausschreibungen beim Wobi durchgeführt werden, garantiert uns allerdings, dass wir keine Rekurse fürchten müssen“, sagt Tosolini. 

    „Auch wenn transparente Verfahren viel Bürokratie mit sich bringen, ist die damit gewährleistete Nachvollziehbarkeit bei öffentlichen Bauprojekten fundamental. Trotzdem erkennen auch wir das Problem und versuchen die Verfahren zu beschleunigen. Es braucht dabei aber nicht nur das Wobi, sondern alle Beteiligten“, erklärt die Präsidentin des sozialen Wohnbauinstituts. 

    Um die allgemeine Wohnungsnot im Land zu lindern, stehe die Politik vor der Herausforderung, auf viele verschiedene Bedürfnisse eingehen zu müssen: „Das betrifft auch die Arbeit des Wobi. Früher arbeiteten wir vor allem mit sozial schwächeren Familien, heute kommen auch Menschen zu uns, die auf dem freien Markt im niederen Preissegment nicht mehr fündig werden. Das liegt daran, dass Südtirol ein sehr attraktives Land ist, für Urlaubsgäste, Arbeiter*innen und Studierende aus dem Ausland sowie natürlich für die Einheimischen. Es gilt also, den Leerstand zu nutzen und auf bereits ausgewiesenen Bauflächen zu bauen.“ 

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Josef Fulterer Fri, 10/06/2023 - 08:19

Warum räumt das Wohnbau-Institut nach dem Auszug der Mieter, jede Wohnung auf den Rohbauzustand aus, um dann sehr kostspielig zu rennovieren?
Private Wohnungsvermieter reparieren das Notwendige und vermieten, wenn möglich im nächsten Monat.

Fri, 10/06/2023 - 08:19 Permalink