Economy | Pensionierungen

Renzlers Rüge

Der Arbeitnehmerchef kritisiert die Jugendvertreter der SVP: "Lasst euch nicht instrumentalisieren." Er erteilt der Kritik am flexiblen Renteneintritssalter eine Absage.

In der Theorie hört sich der Vorschlag für die Junge Generation (JG) und die Wirtschaft in der SVP gut an. Gemeinsam setzen sich die Südtiroler Gewerkschaften für eine Senkung des Pensionsantrittsalters ein. Dadurch erwarten sie sich mehr Flexibilität und hoffen auf mehr Jobs für die jüngeren Arbeitnehmer. “Leider geht dieser Plan in der Praxis nicht auf!”, warnten JG und Wirtschaft vor kurzem. Sie halten den Vorschlag nur für eine kurzfristige Lösung, die langfristig “extreme Kosten” verursachen werde. Man befürchtet, dass sich die künftige Generation durch die Senkung des Renteneintrittsalters zusehends verschulden werde.

“Aufgrund der jetzigen Situation und der aktuellen demographischen Entwicklung wird es im Jahr 2045 bereits so sein, dass 100 aktive Arbeitnehmer für 146 nicht arbeitende Menschen sorgen müssen. Diese Situation würde durch die geplanten Maßnahmen noch drastischer. Zudem kann man feststellen, dass in all jenen Staaten, in denen das Pensionsalter niedrig ist, große wirtschaftliche Schwierigkeiten und Haushaltsprobleme festzustellen sind. In Staaten mit hohem Pensionsalter ist die Beschäftigungslage zudem wesentlich besser.” Zu diesen Schlüssen ist man zumindest in der JG gekommen, nachdem man sich “intensiv mit verschiedenen Vertretern unserer Partei und Fachleuten” mit dem Thema auseinandergesetzt hat.


“Zuerst ein bisschen nachdenken”

Helmuth Renzler dürfte dabei nicht anwesend gewesen sein. Denn der Vorsitzende der SVP-Arbeitnehmer und Rentenexperte erteilt der Jugendorganisation seiner Partei eine klare Abfuhr: “Die Zukunft der nächsten Generationen wird durch ein flexibles Renteneintrittsalter nicht belastet”, behauptet er. Nachdem bereits die ASGB und ihre Jugendorganisation die Worte der JG als “inhaltslose Kritik” abgetan haben, mahnt nun auch Renzler: “Es wäre mehr als angebracht, wenn sich die Junge Generation in der Südtiroler Volkspartei auf diesem Gebiet nicht von anderen Organisationen instrumentalisieren lassen würde und vor allem zuerst ein wenig nachdenken würde.” Die Position des SVP-Wirtschafsausschusses in diesem Zusammenhang ist für Renzler “unerklärlich”. Gerade die nationalen Wirtschaftsverbände übten bezüglich des flexiblen Rentenantrittsalters enormen Druck auf die Regierung aus, während man sich hierzulande vehement dagegen ausspräche, so der SVP-Arbeitnehmerchef.

Die als Argumentationshilfe für ihre Thesen von der JG herangezogenen Zahlen bezeichnet Renzler als “grenzwertig und spekulativ”. Das Verhältnis zwischen der Bevölkerung mit 65 und mehr Jahren und jener im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) drifte laut offiziellen Zahlen des NISF/INPS keineswegs so eklatant auseinander, sagt Renzler. Ebenso sei die Lebenserwartung der Bevölkerung zu berücksichtigen. Er rechnet vor: “Wenn beispielsweise ein Mann mit 62 Jahren und mehr als 40 eingezahlten Rentenversicherungsjahren in Pension geht, kommt er bei einer Lebenserwartung von 80,8 Jahren durchschnittlich 18 Jahre lang in den Genuss seiner Pension. Wobei er diese als Lohnabhängiger für ungefähr 20 Jahre mit seinen eigenen Gelder bezahlt hat. Somit also durchschnittlich zwei Jahre länger zahlt, als er die Pension effektiv beziehen kann.”


Wirtschaft in der Pflicht

Die Kritik von Renzler endet jedoch nicht an diesem Punkt: “Auch die Mähr von der übermäßigen zukünftigen Belastung der jungen Generation und die äußerst unqualifizierte Behauptung, dass in all den Ländern, in denen das Pensionsalter niedrig ist, große wirtschaftliche Schwierigkeiten und Haushaltsprobleme festzustellen sind, kann leicht widerlegt werden.” Die Ausgaben für die Renten lägen in Italien unter dem europäischen Durchschnitt – auch wenn die wirtschaftliche Situation nicht besonders rosig sei, so Renzler weiter. Darüber hinaus funktioniere ein Rentensystem gut, wenn es eine große Anzahl von Beitragszahlern und ein gutes Wirtschaftswachstum sowie eine gute Produktivität gewährleistet sei – “alles Faktoren, die von der Wirtschaft gelöst werden müssen und sicherlich nicht dadurch, dass man ein flexibles Renteneintrittsalter verhindert”, unterstreicht der SVP-Arbeitnehmerchef.

Er ist überzeugt: “Ein flexibles Renteneintrittsalter wird zwar nicht die gesamte Arbeitslosigkeit beseitigen können, aber unweigerlich wird es dadurch leichter werden, neue Arbeitsplätze für Jugendliche zu schaffen.” In dieselbe Kerbe schlägt man auch beim ASGB: “Wenn die Vorsitzenden von Jugend und Wirtschaft davor warnen, welch hohe Kosten die Senkung des Pensionsalters zukünftig verursachen wird, dann sollen sie das den jungen Italienern Italienern erklären, die keine Arbeit finden. Bei 49 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in Italien kann über die Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme gar nicht diskutiert werden.” Bei SVP-Jugend und -Wirtschaft aber offensichtlich nicht oft genug. Bereits im Mai hatten sich die beiden Parteiorganisationen mit einer beinahe wortwörtlich identischen Kritik gegen die Senkung des Pensionsantrittsalters ausgesprochen.