Politics | Resolution

„Raus aus der Pestizid-Falle“

Bioland Resolution: Fulda 25.11.2014. Für unsere Gesundheit, unsere Natur und unsere Unabhängigkeit
von Konzernen braucht es eine neue Pestizidpolitik! Warum?
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Pestizide machen krank: Täglich nehmen wir chemisch-synthetische Pestizide auf - hauptsächlich über behandelte Lebensmittel. Viele der erlaubten Pestizide sind nachweislich krebserregend, fruchtschädigend oder hormonell wirksam. Sie können die Gesundheit auf unterschiedliche Weise gefährden und viele Erkrankungen auslösen oder zu deren Entstehung beitragen, etwa Krebs, Diabetes, Herzkreislauferkrankungen, Nierenschäden, Erkrankungen der Atemwege und andere chronischen Krankheiten. Kinder sind besonders gefährdet. Zusätzlich treten Pestizide untereinander und mit anderen Chemikalien unseres täglichen Lebens in Wechselwirkung. Über diesen Giftcocktail und dessen Wirkung ist wenig
bekannt.

Pestizide gefährden unsere Lebensgrundlage: Keine andere ökologische Grenze auf der Erde ist quantitativ so weit überschritten wie der Verlust von Arten, warnen Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature. An diesem dramatischen Artenverlust hat der massive Pestizideinsatz einen wesentlichen Anteil. Denn Pestizide schädigen auch jene Lebewesen, die nicht Ziel ihrer Anwendung sind. Viele Ackerbegleitpflanzen und -tiere sind heute in ihrem Bestand bedroht, und die biologische Vielfalt in Agrarlandschaften in Deutschland und Südtirol hat stark abgenommen. Wichtige Funktionen wie beispielsweise das Bestäuben von Obstbäume und Wildpflanzen finden nur noch eingeschränkt statt.

Pestizide machen abhängig: Trotz funktionierender Alternativen wie dem Biolandbau steigt der Pestizideinsatz in der deutschen Landwirtschaft immer weiter an. 2012 wurden in Deutschland 45.527 Tonnen Pestizide verkauft, das sind 30 Prozent mehr als vor zehn
Jahren. Die Ertragsfähigkeit der konventionellen Landwirtschaft hängt am Tropf der Chemie. Die starke Abhängigkeit von Pestiziden gefährdet langfristig unsere Versorgungssicherheit. Denn Pestizide schädigen die natürliche Widerstandskraft von landwirtschaftlichen
Ökosystemen und führen zu einem erhöhten Krankheits- und Schädlingsdruck sowie zur Resistenzbildung.

Pestizide betreffen nicht nur jene Personen, die sie anwenden, sondern gehen uns alle an. Erstmalig sprachen sich in Europa die Bürger der Südtiroler Gemeinde Mals im Rahmen eines Referendums gegen den Pestizideinsatz in ihrer Region aus. So stimmten 75 Prozent dafür, dass gefährliche Pestizide verboten werden. Damit schreibt diese Gemeinde Geschichte.

Forderungen an die Politik auf Bundes- und EU-Ebene

Bioland fordert von der Politik ein Maßnahmenpaket, welches besonders gesundheits- und umweltgefährdende Pestizide verbietet und den Biolandbau als alternative Pflanzenschutzmethode vorantreibt.

1. Verbot von giftigen Neonicotinoiden
Für Bienen und viele andere Insekten sind Pestizide der Wirkstoffgruppe Neonicotinoide tödliche Gifte. 2008 verendeten in Deutschland über 11.000 Bienenvölker an dem Pestizid- Wirkstoff Clothianidin. Auch für den Rückgang der Feldvogelarten werden Neonicotinoide mitverantwortlich gemacht. Bienen und weitere Bestäuber spielen eine zentrale Rolle in Ökosystemen und müssen geschützt werden. Bioland fordert, dass die Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid in einem ersten Schritt umgehend dauerhaft
verboten werden. Dazu kommen weitere bienengefährliche Pestizide, die zum Schutz der Bestäuber EU-weit nicht mehr angewandt werden sollten.

2. Verbot von Totalherbiziden – Glyphosat und Co.
Breitbandherbizide werden auch Totalherbizide genannt, weil sie alle Pflanzen töten. Glyphosat - besser bekannt unter dem Markennamen Roundup - ist dabei das Herbizid mit dem breitesten Wirkungsspektrum und mit der zugleich stärksten Wirkung (Mortalitätsrate).
Es wird in Deutschland auf rund 40 Prozent der Ackerfläche ausgebracht. Damit trägt Glyphosat erheblich zum Biodiversitätsverlust bei. Der Einsatz von Breitbandherbiziden schadet langfristig der Landwirtschaft, weil Ökosystemfunktionen geschwächt werden. Die
Resistenzbildung fördert Problemunkräuter.

3. Verursacherprinzip anwenden: Pestizidabgabe einführen Während die Pestizidhersteller immer größere Gewinne machen, müssen
Anwendungskontrollen und Rückstandsanalysen aus Steuergeldern bezahlt werden. Auch der Biobranche entstehen jährlich hohe Folgekosten durch Rückstandsanalysen und Trennungskosten. Die Kosten, die Artenverluste, Gewässerkontamination und pestizidbedingte Krankheiten nach sich ziehen, schlagen sich weder in den Lebensmittelpreisen noch in den Pestizidpreisen nieder. Das Verursacherprinzip wird grob
missachtet. Deshalb fordert Bioland die Einführung einer Pestizidabgabe.

4. Förderung des Biolandbaus als moderne Alternative
Die Anhebung des Flächenanteils der ökologischen Landwirtschaft auf 20 Prozent ist Bestandteil der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Der ökologische Landbau leistet mit seinem Verzicht auf mineralische Stickstoffdünger und die Verwendung natürlicher und
naturgemäßer Pflanzenschutzmittel einen erheblichen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz. Eine hohe Biodiversität auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche ist Teil des Gesamtkonzepts.

5. Neudefinition der „Guten fachlichen Praxis“ im Pflanzenschutz
Durch die Neudefinition und Konkretisierung der „Guten fachlichen Praxis“ müssen in der Pflanzenschutzgesetzgebung nicht-chemischer Elemente von Pflanzenschutz- und Pflanzenanbauverfahren für die gesamte Landwirtschaft verbindlich werden. Dazu gehören
zum Beispiel die Einhaltung einer Mindest-Fruchtfolge, die Verwendung resistenter Sorten und die Schaderregerüberwachung. Extreme Verstöße gegen den Naturhaushalt wie Maismonokultur oder Rapsanteile über 25 Prozent müssen künftig ausgeschlossen werden.

6. Gesetzlicher Schutz von Ökoflächen vor Pestizid-Abdrift
Für ökologisch wirtschaftende Betriebe können Schäden durch Abdrift von Pestiziden konventioneller Berufskollegen folgenschwere Konsequenzen haben, wie die Aberkennung des Öko-Status, Sanktionen bei der Agrarförderung oder Imageschäden gegenüber ihren
Kunden. Bioland fordert vom Gesetzgeber einen effizienten Schutz vor der Abdrift von Pestiziden.

Ein Hintergrundpapier zum Pestizideinsatz in Deutschland findet sich auf der Bioland Homepage.