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„Es gibt keine Spaltung“
Foto: Alex Tabarelli
Salto.bz: Herr Gutweniger, Ihre Wahl war diesmal – mit Verlaub – arschknapp. Haben Sie sich das erwartet?
Heinz Gutweniger: Nein, das habe ich mir nicht erwartet. Denn die Voraussagen und Erwartungen auf unserer Seite war eigentlich eine ganze andere. Wir haben nicht die Rechnung im Sack von Spagnolli gemacht. Meine Seite und auch ich haben offensichtlich unterschätzt, dass Gigi Spagnolli ein sehr erfahrener Politiker ist und deshalb imstande war, Verbände für diese Wahl aufzutreiben, an die wir überhaupt nicht gedacht haben. Auch weil diese in Südtirol kaum aktiv sind. Das waren die ausschlaggebenden Stimmen, die dann zu diesem knappen Ergebnis geführt haben.
Sie sagen: Diesmal kamen Verbände und ihre Vertreter zur Wahl, die sonst kaum in Erscheinung treten?
Ganz genau. Es kamen mindestens drei oder vier Verbandsvertreter am Samstag zur Wahl, die eigentlich nie bei uns in Erscheinung getreten sind. Diese Verbände haben aber laut Statut des Olympischen Komitees in Südtirol einen Vertreter und damit das Recht mitzustimmen. Auch wenn es keinen Verein in Südtirol gibt und der Verband in den vergangenen 20 Jahren bei keiner CONI-Wahl anwesend war. Wie zum Beispiel der Wasserskisport oder das Tontaubenschießen. Diese Vertreter haben am Samstag gewählt.
Sie haben am Ende zittern müssen?
Und wie. Es war aufregend. Nachdem der erste Wahlgang 20 zu 19 ausgegangen ist, mussten wir nochmal wählen. Ich hätte zur Wahl 21 Stimmen gebraucht, die Hälfte plus einer Stimme. Der zweite Wahlgang musste dann wegen eines Fehlers annulliert werden. Doch die Standhaftigkeit der Wähler war so stark, dass die Wahl am Ende im dritten Wahlgang 20 zu 19 für mich ausging.
„Wir haben offensichtlich unterschätzt, dass Gigi Spagnolli ein sehr erfahrener Politiker ist und deshalb imstande war, Verbände für diese Wahl aufzutreiben, an die wir überhaupt nicht gedacht haben.“
War es ein ethnischer Kampf?
Ich habe in den vergangenen 23 Jahren als CONI-Präsident nie Probleme mit den Verbänden gehabt. Egal ob sie eine deutsche oder italienische Führung haben. Für mich war und ist der Sport maßgeblich. Aus diesem Grund kann ich diese Lesart von meiner Seite absolut ausschließen. Für die Gegenseite kann ich allerdings nicht reden.
Sie führen seit 1994 den Südtiroler CONI an und sind jetzt 73 Jahre alt. Warum tun Sie sich das überhaupt noch einmal an?
In dieser langen Zeit ist es mir gelungen mit meinen Mitarbeitern aus den Verbänden ein wirklich tolles Team aufzubauen und viel zu erreichen. Hätte Spagnolli gewonnen, hätte er das übernehmen müssen und wir sind überzeugt, dass er nie imstande gewesen wäre, alle Vorhaben und Projekte, die längst laufen, weiterzutragen. Der CONI wäre damit ziemlich den Bach hinuntergegangen. Und das wollte ich nicht.
„Der CONI wäre damit ziemlich den Bach hinuntergegangen. Und das wollte ich nicht.“
Böse Zungen behaupten, es geht Ihnen auch ums Geld?
Geld ist überhaupt kein Thema. Mein Amt ist ein Ehrenamt. Das CONI verrechnet alles, was wir ausgeben direkt mit Rom. Alle drei Monate ist ein Rechnungsprüfer da, der die Buchhaltung kontrolliert. Wenn wir einen Bleistift oder Klopapier ankaufen wollen, müssen wir in Rom anfragen, wo es dann genehmigt und auch angekauft wird. Gott sei Dank läuft hier keinerlei Bargeld. Deshalb sind das wirklich böse Zungen, die das behaupten.
Ihr großes Ziel ist Olympia 2026?
Das ist eines der Projekte, die wir weiter bearbeiten. Wir haben dabei längst alles Nötige getan. Deshalb hängt es nicht mehr von uns ab. Entscheidend ist jetzt Innsbruck. Zuerst muss Innsbruck den Zuschlag erhalten und dann muss die geplante Volksbefragung in Nordtirol positiv ausgehen.
Sie halten die olympischen Winterspiele in Nord- und Südtirol für realistisch?
Absolut. Wobei man nicht von einer gemeinsamen Ausrichtung sprechen kann. Südtirol soll Austragungsort werden. Wir bekommen dabei höchstens ein oder zwei Events. Eines könnte in der Bozner Eishalle und das Zweite am Eisschnelllaufring am Ritten stattfinden. Wir wären aber immer nur ein Anhängsel von Innsbruck. Denn laut IOC-Bestimmungen kann sich immer nur eine Stadt für Olympia bewerben. Bisher hat man noch nie länderübergreifende Austragungsorte gehabt. Aber die neue Gangart des IOC ist klar: Wo bereits Anlagen bestehen, soll man in der Zukunft auch länderübergreifend operieren.
Es gibt traditionell auch in Südtirol viele Olympia-Gegner. Zahlt es sich aus für zwei Events eine jahrelange öffentliche Polemik in Kauf zu nehmen?
Natürlich muss man die Fakten klar auf den Tisch legen und das Pro und Contra abwägen. Dafür spricht sicher, dass man neun Jahre lang international Südtirol als Austragungsstätte für die olympischen Winterspiele bewerben kann. Das ist eine Riesenwerbung, die kaum bezahlbar ist. Dagegen sprechen vor allem Eingriffe in die Natur und Umwelt. Aber genau hier muss man sagen: Diese braucht es nicht. In Bozen ist alles vorhanden: Die Eiswelle ist da, daneben haben wir die Messehalle, die Logistik stimmt, so gibt es gleich daneben einen Zugbahnhof. Am Ritten hingegen muss man schauen was das IOC in Sachen Tribüne verlangt. Aber auch dort wird es keine Schlägerungen oder Eingriffe geben, die nicht vertretbar sind.
„Dafür spricht sicher, dass man neun Jahre lang international Südtirol als Austragungsstätte für die olympischen Winterspiele bewerben kann. Das ist eine Riesenwerbung, die kaum bezahlbar ist.“
Die Politik steht hinter diesem Plan?
Die Politik steht nicht nur dahinter, sondern Landeshauptmann Arno Kompatscher hat mich beauftragt, diese Verhandlungen aktiv zu führen. Die Innsbrucker Kommission war bereits für einen Lokalaugenschein da und ist durchaus zu einem positiven Ergebnis gekommen. Am Ende muss aber Rom entscheiden, das heißt der Staats- bzw. Ministerpräsident und das italienische Olympische Komitee. Aber auch dort wird bereits jetzt grünes Licht signalisiert.
Sie habe sich mit nur um einer Stimme gegen Luigi Spagnolli durchgesetzt. Wäre es nicht gescheit, Spagnolli jetzt in den Südtiroler CONI-Vorstand zu kooptieren und die Zusammenarbeit zu suchen?
Ich habe ihm genau das angeboten. Ich habe gesagt, ich kandidiere, baue dich dann zwei, drei Jahre lang auf bis du eingeführt bist und dann trete ich zurück und du übernimmst. Aber Spagnolli hat das abgelehnt und das hat mich schon sehr enttäuscht. Deshalb sehe ich auch keine Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit mehr. Wobei ich ihn durchaus schätze. So werden wir sicher in Sachen Fischerei zusammenarbeiten, denn wir müssen ein Abkommen zwischen den Kanuten und den Fischereivereinen machen. Ich werde Spagnolli aber ganz sicher nicht in den Vorstand kooptieren.
Keine Angst, dass Ihre letzte Legislatur besonders hart werden wird und im Vorstand Widerstand aufkommt?
Das hängt sicher von mir ab. Wenn ich das umsetzen kann, was ich mir vorgenommen habe und was ich den Verbandspräsidenten versprochen habe, dann nicht. Also ein Sekretariat aufzubauen, einen engeren Kontakt zu den Verbandspräsidenten und eine Homepage für den Südtiroler CONI. Dann läuft es sicher gut. Denn die Spaltung existiert nicht. Es war nur so, dass durch diese Wahlkampagne etwas Spannung in den CONI gekommen ist. Diese Spannung wird sich jetzt nach der Wahl aber sicher wieder lösen.
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Eine Stellungnahme
Eine Stellungnahme meinerseits ist notwendig. Ich bin kein Politiker (mehr), sicher viel weniger als Präsident Gutweniger: ich habe zwar mir die Liste der Wahlberechtigten (die beim CONI Südtirol nicht su finden war, da bekanntlich keine INTERNET-Seite zur Verfügung steht) gesucht und durchgelesen, die jeweiligen Tel. Nr. gesucht und mit jedem/r ein Gespräch geführt, ausser ein paar, die ich nicht erreichen konnte. Niemand habe ich um seine/ihre Stimme gefragt, sondern vielmehr versucht, die Probleme des Südtiroler Sports aus seiner/ihrer Sicht kennenzulernen. Da viele mit mir einverstanden waren, daß es z.B. mehr Klarheit in den Finanzierungsverfahren für die verschiedenen Initiativen geben sollte, habe ich mich überzeugt, daß ein Sieg möglich war. Am Ende hat aber die politische Schlauheit von Heinz manche Verbände wieder auf seiner Seite geholt, indem er z.B. eine Schwimmbad oder einen Rugbyplatz versprochen hat. Wahlversprechen habe ich nie in meinem Leben gemacht: daß er jetzt sagt, (unter uns zwei) bin ich der Politiker, muss ich also mit Kraft widersprechen! Ich wünsche ihm jedenfalls gute Arbeit!