In sechs Jahren zur Matura
Nach ihrem Mittelschulabschluss sollen Jugendliche bei der Entscheidung Lehre oder Matura künftig nicht mehr vor ein Entweder-oder gestellt werden, sondern ein Sowohl-als-auch. Möglich macht das eine der Sonderbestimmungen für Südtirol, die 2015 in die staatliche Arbeitsmarktreform (“Jobs Act”) eingeführt wurden. Über einen zweijährigen Lehrvertrag, der berufsbegleitend nach vier Jahren Lehre abgeschlossen werden kann, können Lehrlinge demnach in Zukunft zur Matura gelangen. Bisher war es so, dass nach dem Abschluss des 4. Lehrjahres an einer Berufsschule ein fünftes Jahr in Vollzeit besucht werden musste, um die staatliche Abschlussprüfung abzulegen. Mit der neuen Regelung “kann die Matura nun nach insgesamt sechs Jahren gemacht werden, ohne aus dem Berufsleben aussteigen zu müssen”, erklärte Philipp Achammer am Montag Vormittag.
Im Rahmen einer Pressekonferenz präsentierte der Bildungslandesrat das Pilotprojekt, das ab dem Schuljahr 2017/2018 für folgende Berufe starten soll: Elektrotechniker, Kommunikationstechniker, Maschinenbaumechaniker, Maurer, Mechatroniker, Mediengestalter, Schlosser, Schmied, Steinbildhauer, Tischler, Werkzeugmacher und Zimmerer. Der zweijährige berufsbegleitende Lehrgang umfasst insgesamt 1.232 Unterrichtsstunden, die in den ersten drei Semestern freitags und samstags stattfinden, im 4. Semester zusätzlich donnerstags. Zudem gibt es ein Aufnahmeverfahren für die interessierten Lehrlinge, die einen gültigen Lehrvertrag vorweisen müssen. Als “Meilenstein in der Gleichwertigkeit und Durchlässigkeit der Ausbildung” bezeichnete Achammer die neue Chance für Lehrlinge, die auch vom ASGB als “richtiger Akzent” begrüßt wird.
“Allem Lob zum Trotz muss ich aber auf einen Schwachpunkt aufmerksam machen”, meint ASGB-Vorsitzender Tony Tschenett in einer ersten Reaktion. Da die neue Berufsmatura (vorerst) nicht für alle Berufskategorien vorgesehen sei und für Absolventen der dreijährigen Lehre gar nicht in Frage käme, bestehe die Befürchtung “Berufskategorien erster und zweiter Klasse zu schaffen”, so Tschenett. Er fordert: “Im Sinne der Gleichbehandlung aller Berufszweige muss hierfür schleunigst eine Lösung gefunden werden. Ansonsten riskiert man die hausgemachte Abwertung von Lehrberufen aufgrund nicht vorhandener Weiterbildungschancen.”
So tickt Südtirol. Tschenett
So tickt Südtirol. Tschenett echauffiert sich über die fehlerhaft Umsetztung (vielleicht ein Missverständnis laut Achammer) und sagt nicht, bzw. weiss nichts, über das fehlende Recht der italienischsprachigen Studenten in der italienischen Berufschule. Wir leben immer noch in Parallelwelten.