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Politics | Pollo der Woche

Ach Jammer!

Philipp Achammer träumt von der absoluten Mehrheit und distanziert sich plötzlich vom PD. Es ist ein billiges Schauspiel, perfekt getimt zur SVP-Landesversammlung.
Die Regel gilt immer.
Wenn es innen zu ernsthaften Spannungen kommt, greift man am besten irgendwo außen an. Das lenkt ab und hilft fast immer. So machen es Staatsmänner, Wirtschaftsbosse und Parteiführer, wenn sie in Bedrängnis kommen.
Genau das hat Philipp Achammer diese Woche getan. In einem FF-Interview träumt der SVP-Obmann offen von der politischen Vergangenheit. Achammer erklärt der FF-Chefredakteurin Alexandra Aschbacher in einem langen Interview, dass er am kommenden Samstag zur Wahl des SVP-Obmannes wieder antreten werde und auch nach den Landtagswahlen 2018 SVP-Chef bleiben wolle.
Seine Begründung: „Weil ich den Ehrgeiz besitze, möglicherweise wieder die absolute Mehrheit für die SVP zurückzuholen. Diese absolute Mehrheit ist kein Selbstzweck für die SVP, weil man das unbedingt will und braucht. Aber man merkt nun einmal, was es heißt, im Zweifelsfall nicht von einem italienischen Koalitionspartner abhängig sein zu müssen.
Zur Watschen gegen den Südtiroler PD legt Achammer dann mit Verweis auf die Toponomastikfarce um Roberto Bizzo noch eins drauf: „Wenn man eine gemeinsame Linie vereinbart, soll sich auch jeder daran halten. Es ist erstaunlich, dass wir es mit 17 SVP-Exponenten im Landtag schaffen, möglichst immer eine geschlossene Position zu vertreten, der Koalitionspartner mit zwei Vertretern aber nicht“.
Gleichzeitig gräbt der junge SVP-Obmann den Hammer aus: „Was da abgelaufen ist, ist absolut inakzeptabel und muss Folgen haben“.
Philipp Achammers Spiel geht perfekt auf. Am nächsten Tag titelt der „Corriere dell´ Alto Adige“: „Affidabilitá, gelo tra Volkspartei und PD“. Plötzlich wird die Spannung zwischen den beiden Südtiroler Regierungsparteien zum politischen Thema.
„Das Ganze ist in Wirklichkeit ganz schlechtes politisches Schmierentheater.“
 
Dabei ist das Ganze in Wirklichkeit ganz schlechtes politisches Schmierentheater. Angefangen bei Philipp Achammers frommen Wunsch einer Rückkehr der SVP zur absoluten Mehrheit.
Es ist 14 Jahre her, dass das Edelweiß am Südtiroler Politik-Gipfel das letzte mal bei Landtagswahlen in der absoluten Höhenluft schwebte. Mit 55,6 Prozent der Stimmen schaffte die SVP bei den Landtagswahlen 2003 die ominöse absolute Mehrheit. Danach ging es rapide bergab. 2008 waren es 48,1 Prozent und 2013 nur mehr 45,7 Prozent.
Nach den Landtagswahlen kam dann der Rentenskandal. Ein Einschnitt, der seine Langzeitwirkung auch bei den kommenden Landtagswahlen noch entfalten wird. Die Hoffnung Philipp Achammers, dass die SVP 2018 um fast 5 Prozent zulegt, dürfte demnach eine völlige Chimäre sein.
Das weiß auch der SVP-Obmann. Deshalb dürfte er mit seinem Sager nicht die absolute Stimmenmehrheit bei den Wahlen gemeint haben, sondern die Mehrheit an Mandaten. Der SVP hat derzeit 17 Landtagsabgeordnete. Mit einem Mann oder einer Frau mehr kann man – wenn man geschlossen bleibt – im Landtag tun und lassen, was man will.
Diese Mehrheit könnte die SVP 2018 wirklich schaffen. Aber nicht durch den Wähler. Vielmehr ist die SVP dabei, sich die Spielregeln so zurechtzulegen, dass mit weniger Stimmen mehr Mandate herausschauen. Gemeint ist das neue Wahlgesetz, das in den nächsten Wochen in den Landtag kommen wird.
Den ersten Anlauf durch das Ladinergesetz in Rom konnte die vereinte Opposition noch abwenden. Doch man wird es noch einmal versuchen.
„Die SVP zimmert sich die absolute Mandatsmehrheit durch das neue Wahlgesetz zusammen.“
 
Vor allem aber ist Philipp Achammers plötzliche PD-Schelte völlig unglaubwürdig und seine Ankündigung, dass Bizzos Verhalten Folgen haben werde, geradezu lächerlich.
Roberto Bizzo ist Präsident des Landtages. Gewählt und gehalten einzig und allein durch die SVP. Nach dem Eiertanz Bizzos in der Sechser- und Zwölferkommission in Sachen Toponomastik hätte die SVP den Landtagspräsidenten innerhalb weniger Tage als Landtagspräsident abservieren können. Mit Hilfe der deutschsprachigen Oppositionsparteien wäre für die Strafaktion im Landtag fast schon eine plebiszitäre Mehrheit möglich gewesen.
Kennt man die Zustände im Südtiroler PD, weiß man, dass für einen Teil der Partei die Bizzo-Abwahl wie Weihnachten und Ostern zusammen gewesen wäre. Weder hätte der SVP-Koalitionspartner deshalb eine Regierungskrise heraufbeschworen, noch hätte Christian Tommasini einen Austritt aus der Regierung jemals ins Auge gefasst.
Zudem gäbe es mit Elena Artioli oder Riccardo Dello Sbarba zwei Alternativen für die Präsidentschaft im Landtag, die der SVP im letzten Jahr vor den Landtagswahlen nicht sonderlich weh tun würden.
Dass man eine mögliche Abwahl Bizzos in der SVP nicht ernsthaft in Betracht gezogen hat und in der Parteileitung nie darüber diskutiert wurde, zeigt, wie scheinheilig die Ausführungen des SVP-Obmannes sind.
„Dass man eine mögliche Abwahl Bizzos in der SVP nie ernsthaft in Betracht gezogen hat, zeigt, wie scheinheilig die Ausführungen des SVP-Obmannes sind.“
 
Hinter dem publikumswirksamen Angriff Achammers auf den PD steckt in Wirklichkeit etwas ganz anderes.
Denn in der SVP spitzt sich ein Richtungskampf zu. Auf der eine Seite jene Fraktion, die für eine Zusammenarbeit mit der italienischen Regierungspartei steht. Nach Auffassung dieser Gruppe, die von Landeshauptmann Arno Kompatscher und Karl Zeller angeführt wird, kann die Volkspartei nur so auf nationaler Ebene wirklich ihre Forderungen durchsetzen.
Und auf der anderen Seite eine Gruppe, die plötzlich wieder die Blockfreiheit einfordert und quer durch die SVP geht. Angeführt vom Pustererer Bezirksobmann Meinrad Durnwalder über die Gadertaler SVP bis hin zum EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann, der sich offiziell zurückhält, in Brüssel aber längst die Weichen für diese Entwicklung gestellt hat. Denn offiziell predigt man zwar Blockfreiheit, in Wirklichkeit aber will man einen Schwenk der SVP zu Mitte-Rechts.
Ein Jahr vor den Landtagswahlen soll so die Partei auf einen neuen Kurs gebracht werden. Gleichzeitig soll damit Landeshauptmann Arno Kompatscher bewusst deutlich geschwächt werden. Dieser Plan vereint derzeit verschiedenste einflussreiche Gruppierungen unterm Edelweiß.
 
Am kommenden Samstag wird die SVP auf ihrer Landesversammlung die Parteispitze neu wählen. Es wird auch eine Art Generalprobe für diesen geplanten Schwenk sein.
Bei der Wahl von Achammers Stellvertreter soll in diesem Richtungskampf eine erste Vorentscheidung fallen. Mit Karl Zeller und Michael Oberrauch treten zwei Personen gegeneinander an, die eindeutig für die beiden Lager stehen. Es wird sich zeigen, ob beide durchkommen oder einer auf der Strecke bleibt.
Philipp Achammer hat auf der Landesversammlung keinen Gegenkandidaten. Wenn der junge SVP-Obmann aber eines kann, dann ist das reden. Achammer hat jetzt diese Gabe ganz bewusst eingesetzt.
Mit seinem FF-Interview und dem Ausfall gegen den PD wirbt er um die Stimmen der PD-Gegner unterm Edelweiß. Gleichzeitig setzt sich Philipp Achammer mit diesem Sager von Arno Kompatscher ab.
Ganz gleich wie der Richtungskampf unterm Edelweiß ausgeht, der SVP-Obmann wird damit am Ende immer auf die Seite der Sieger stehen.
Genau das ist kein Zufall. Sondern eine Konstante in der Politik von Philipp Achammer.
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Marcus A. Sat, 05/06/2017 - 18:16

Persönlich fällt mir es immer wieder schwer, Herrn Achhammer ernst zu nehmen. Wenn jemand in diesem jungen Alter fast nur die Brennerstraße gesehen und nur das Edelweiß geatmet hat, dann gibt das wohl arg zu denken.
Als Landesrat dann von Weltoffenheit und Toleranz schwafeln....... Glaubwürdigkeit sieht anders aus, ist wohl offensichtlich aber auch wieder nicht so wichtig, wenn die politische Zielgruppe fleißig ein Kreuzchen macht und sich am Liebesleben des Südtiroler Traumpaares erfreuen kann. Eine medial wunderschön inszenierte Traumhochzeit vor den Wahlen würde dann wohl noch ein paar Stimmen von weiblichen Wählern, 50 Jahre aufwärts, Hang zur Romantik und Freizeit Revue auf dem Nachtkästchen bringen.
Achammer ist für mich immer mehr die Südtiroler Version der Frau Merkel. Politisch lange Zeit unterschätzt mit untrüglichem Instinkt zur Macht. Viel reden und doch nichts sagen, niemals anecken und ja nicht polarisieren.

Sat, 05/06/2017 - 18:16 Permalink