Ein großes Tier

Die Geschichte einer Maus...
Note: This article is a community contribution and does not necessarily reflect the opinion of the salto.bz editorial team.
Georg Zeller
Foto: Georg Zeller/Souveniers of War

Eigentlich haben wir ja ein schönes Leben auf dem Huberhof im Pustertal. Ja eigentlich. Wenn ich mich nicht gerade in dieser hängenden Situation befinden würde. Hängend im wahrsten Sinne des Wortes, nämlich aus dem Maul der Hauskatze Lilli. Das ist die Katze von meinem Huberbauern aus dem Pustertal. Ein wahrlich stattliches Vieh. Ein großes Tier eben.

Ich hänge deshalb, weil sie mich heute erwischt hat. Aber mit unfairen Mitteln! Aber bring das mit der Gerechtigkeit mal einem so großen Tier wie der Lilli bei! Da hast du keine Change auf Verständnis. Null. Die hört dir gar nicht mal zu! Irgendwann gehe ich mich bei der Oberkatze Luis beschweren. Aber ich denke, alle großen Tiere halten immer zusammen. Da hast du als kleine Maus keine Change. Gar keine.

Aber das ist ja eh hinfällig, weil ich ja gerade aus dem Maul von der Lilli hänge. Die wird mich wohl bald auffressen. Mit Haut und Haaren. So ist das eben. Die großen Tiere können tun und lassen was sie wollen. Die brauchen unsereins gar nicht zu fragen. Da kannst du nix machen.

Aber alles der Reihe nach: ich bin, wie gesagt, eine Maus vom Huberhof im Pustertal. Genau gesagt eine von vielen. Wir sind sogar so viele, dass uns unsere Mutter keine Namen, sondern nur Nummern gegeben hat. Mäuse wie ich haben nämlich sehr viele Junge. Sie werfen 6 Mal pro Jahr und haben dann jedes Mal ungefähr 5 Junge. Und ich bin eines davon. Nummer 23 vom Herbst letzten Jahres.

Bisher habe ich ja recht gut gelebt. Unter dem Schnee im Winter ist es ja gar nicht mal so kalt und sicher vor der Katze bist du dort auch. Man findet immer wieder ein paar Körner Mais, Gräser oder Getreide, gerade so viel, dass man gut leben kann. Das gönnt einem wie mir sogar der Bauer. Und die Hauskatze auch.

Im Mai hatten wir heuer sehr oft Regenwetter. Und kalt war es. Aber das hat uns Mäuse nicht gestört. Wir konnten uns im hohen Gras gut vor den großen Tieren verstecken. Bis heute. Da kam nämlich der Bauer mit seinem Traktor und mäht all das schöne Gras ratzeputz um. Naja, es ist ja schon Anfang Juni. Zeit für den ersten Schnitt eben. Und endlich schönes Wetter. Nix blieb mehr stehen. Kein Hälmchen Gras. Kein bisschen Schutz und Verstecke für uns kleine Mäuse. Das hat die große Katze natürlich ausgenutzt und ich hatte gar keine Change. Und jetzt bin ich im Maul der Katze und warte auf mein Ende… Vielleicht hätte ich das ja auch ausgenutzt, wenn ich eine Katze wäre. So eine „gmahnte Wiesn“ findet man ja nicht alle Tage. Da nutzt man natürlich jede Gelegenheit um leichter zum Erfolg zu kommen. Nur ein großes Tier müsste man halt sein…

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Sebastian Felderer Fri, 06/07/2013 - 06:40

Da kommt der Kurt mit einem Super-Beitag daher. Ich will nachschauen, was er denn noch für einen verfasst hat, weil zwei Beiträge bei ihm aufscheinen, da stoße ich aber nur auf FILMCLUB.
Wie kommt das denn?
Allerdings, dein Beitrag Spitze, in Inhalt und Stil. Ein neuer Stern aus dem Pustertal! Hatten wir das nicht schon mal?

Fri, 06/07/2013 - 06:40 Permalink
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Sebastian Felderer Fri, 06/07/2013 - 06:48

.. nun hat es geklappt, alles paletti. Natürlich, das war die Ahr im Tauferertal. Habe herrliche Erinnerungen an das Natura 2000-Team aus den 90er-Jahren mit netten Kollegen aus Sand in Taufers.
Liebe Grüße von West nach Ost!

Fri, 06/07/2013 - 06:48 Permalink
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Harald Knoflach Fri, 06/07/2013 - 06:51

„Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ – „Du mußt nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und fraß sie.

Franz Kafka

Fri, 06/07/2013 - 06:51 Permalink
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rosanna oliveri Fri, 06/07/2013 - 19:47

Una favola nello stile di Esopo, un po' come la volpe e l'uva. Attraverso gli animali vengono descritti i comportamenti umani e sociali.
Il debole, in questo caso il topo, senza nessuna protezione viene mangiato dal potente di turno. Il meccanismo però è stranamente ironico, perchè spinge le vittime a compiacersi del sistema.

Fri, 06/07/2013 - 19:47 Permalink