Politics | Schützen sind nach vorne orientiert

"Wir-sind-wir-Mentalität" ist passè

An die 6.000 Schützen, Marketenderinnen und Jungschützen sollen es gewesen sein, die am 23. Alpenregionsfest in Niederdorf teilgenommen haben. Gerechnet hatte man mit rund 5.000.


Ein unerwartet großer Erfolg also für die Schützenkompanie Johann Jaeger (Niederdorf), welche sich dieser Herausforderung gestellt hatte. Hauptmann Richard Stoll und sein Generalmanager Hubert Trenker, die Kompanie insgesamt und die vielen freiwilligen Helfer wurden ob des geordneten und reibungslosen Ablaufs mit Lob überhäuft. Bürgermeister Kurt Ploner und Vizelandeshauptfrau Martha Stocker hießen die Gäste namens der Gemeinde bzw. der Autonomen Provinz Bozen willkommen. Die Festrede hielt der EVTZ-Präsident Günther Platter, während die Feldmesse Bischof Ivo Muser zelebrierte. Sowohl die Rede des Tiroler Landeshauptmannes als auch die Ansprache des Bischofs wurden von den Festteilnehmern mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Wesentliche Aspekte davon nachfolgend in einer knappen Zusammenfassung.  Fritz Tiefenthaler, der Generalkommandeur der Tiroler Schützen bedauerte beim Alpenregionstreffen in Niederdorf zutiefst, dass es in Sachen Waffen noch immer keinen Durchbruch gegeben habe, obschon sowohl das Außenministerium als auch das Amt des Bundespräsidenten sich bei höchsten Stellen in Rom dafür eingesetzt hätten - leider ergebnislos. Ergo sei den Schützen aus Tirol und Bayern das Mitführen und Tragen der Waffen bei Ausrückungen in Südtirol nach wie vor untersagt. Tradition und Brauchtum würden dadurch eingeschränkt, die Kulturträger erniedrigt und verletzt.

Das war einer von mehreren politischen Aspekten, die in Niederdorf sprachlich ausgeformt wurden. Etwas vom Interessantesten ist vielleicht, die Gegenüberstellung der Aussagen Bischof Ivo Musers und des EVTZ-Präsidenten (Europäischer Verbund Territorialer Zusammenarbeit), Landeshauptmann Günther Platter. Während nun Platter sich kein Blatt vor den Mund nahm, und die Spaltung Tirols im politischen Versagen damaliger Herrscher ausmachte, packte der Bischof seine Botschaft 'zur Lage der Nation' in wesentlich versöhnlichere Töne.

"Das, was zerrissen wurde, das muss wieder zusammengeführt werden!" Das die kompromisslose Forderung Günther Platters. Die begehbaren Wege hierfür seien verschiedene. "Manche davon sind wir bereits gegangen, Schritt für Schritt. Der Erfolg blieb nicht aus: die Grenzen sind mit Schengen gefallen. Tirol, die Provinzen Bozen und Trient leben und arbeiten im Verbund (EVTZ), der auropaweit anerkannt ist. Wenn wir diesen Weg weiterhin gemeinsam konsequent befolgen, uns um die Wiedervereinigung ernsthaft bemühen, dann werden die geteilten Wege irgendwann und irgendwo zusammenfließen und in einen aufgehen", gab sich Platter selbstbewusst und sicher. Er versäumte es in diesem Zusammenhang nicht, eine Parallele zur Wiedervereinigung Deutschlands vor nunmehr 25 Jahren zu ziehen, "an die", wie Platter meinte,  "niemand jemals ernsthaft geblaubt hatte". Für Platter ist und bleibt Tirol lai oans!

Bischof Ivo Musers Betrachtungsweise erfolgte nicht vom Felherrnhügel aus. Er machte nicht den geografischen Aspekt zum Thema, sondern rückte den gesellschaftlichen in den Mittelpunkt. Er sprach die mulitikulturelle Zusammensetzung der Bevölkerung hier zu Lande an und machte dies auch deutlich: "Liebe zur eigenen Heimat darf nichts mit Geringschätzung anderer Kulturen, Sprachen und Traditionen zu tun haben. Liebe zur Heimat zeigt sich nicht in einer 'Wir-sind-wir-Mentalität'. Heimat ist mehr als ein geografischer Begriff. Es ist mehr als ein Stück Land".

Heimat, so der Bischof weiter, habe mit Herkunft, mit Verwurzelung, mit Lebensraum, mit Sprache und Kultur, mit Gefühlen, Erinnerungen und Erfahrungen zu tun. Heimat verbinde der Mensch mit der Sehnsucht daheim zu sein, gewollt und angenommen zu sein. Es gehöre zu den prägendsten und leidvollsten Erfahrungen der Menschen, wenn ihnen Heimat verweigert wird, wenn sie die Heimat - aus welchen Gründen auch immer - verlassen müssen oder gar aus ihr vertrieben werden; wenn ihnen die Heimat mutwillig zerstört wird. Schließlich warnte der Bischof davor, Eigenes zu absolutieren und gegen andere zu richten. Derartiges Verhalten biete reichlich Nährboden für Nazionalismen und Fundamentalismen. Die Geschichte des 20. Jahhunderts sei uns bleibende Mahnung.  Seien wir dankbar für das Geschenk des Friedens, das nie aufs Spiel gesetzt werden dürfe.