Culture | Nachbestellung

Rätsel im Museum

Ein “erstaunliches” Ergebnis bei der Neubesetzung des Direktorenpostens im Naturmuseum und die möglichen Folgen werfen Fragen auf. Was wiederum für Verärgerung sorgt.
Naturmuseum in der Bozner Bindergasse
Foto: commons.wikimedia.org

Noch ist es nicht soweit. Doch Hans Heiss sendet dem künftigen Direktor des Südtiroler Naturmuseum schon heute Glückwünsche. Seit Anfang Mai steht fest: David Gruber, bislang Leiter des Planetariums in Gummer, hat den Wettbewerb um die Stelle gewonnen.
“Das Naturmuseum ist ein bedeutendes Haus, mit wichtigen Forschungsaufgaben und nahenden Umbauten von großer Reichweite. Wir wünschen dem jungen Direktor eine gute Hand”, meint Hans Heiss.
Seine Führungsqualitäten müsse Gruber als Nachfolger von Vito Zingerle allerdings erst noch beweisen, schickt Heiss nach. Der Grüne Landtagsabgeordnete beobachtet die Museumswelt seit jeher mit wachem Auge. Ihm ist nicht verborgen geblieben, dass es bei der Nachbesetzung von Zingerles Stelle Gründe gibt, um beim zuständigen Landesrat nachzuhaken. Was anderswo für Verwunderung – und Verärgerung sorgt.


Ein Sieger und zwei Gewinner?

Vergangenes Jahr wechselt Zingerle nach 12 Jahren an der Spitze des Naturmuseums als Direktor in die Abteilung Innovation.
Ende Jänner wird die Stelle neu ausgeschrieben.

Neben David Gruber bewerben sich zwölf weitere Kandidaten für die Stelle und absolvieren am 24. April die schriftliche Prüfung. Fünf schaffen es in die zweite Runde. Am 3. Mai findet die mündliche Prüfung statt. Am Ende des Tages geht der 33-jährige David Gruber als Sieger hervor. “Es stimmt, Gruber wird am 1. August seinen Dienst im Naturmuseum aufnehmen”, bestätigt Museumslandesrat Florian Mussner Mitte vergangener Woche.

Doch die Prüfungskommission erklärt zwei weitere Kandidaten als für die Stelle geeignet. Die Kommissionsvorsitzende Karin Dalla Torre (Direktorin Abteilung Museen und des Betriebs Landesmuseen) und die beiden Mitglieder Marisa Giurdanella (Direktorin des italiensichen Amtes für Kultur) und Michael Oberhuber (Direktor des Versuchszentrums Laimburg) befinden: Auch Leo Andergassen und Christoph von Ach wären als Direktor des Naturmuseums geeignet.

Ein Urteil, das Hans Heiss stutzig macht.

Leo Andergassen leitet das Landesmuseum Schloss Tirol und nach dem Abgang von Paul Rösch auch das Touriseum. Christoph von Ach ist geschäftsführender Direktor bzw. Generalsekretär der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino. Beide nehmen derzeit Führungsaufträge wahr, ohne einen entsprechenden Wettbewerb dafür absolviert zu haben.

Was aber qualifiziert von Ach und Andergassen für die Stelle des Direktors des Naturmuseums? Das will Hans Heiss in einer Landtagsanfrage von Landesrat Mussner wissen, die er gemeinsam mit seinen Grünen Landtagskollegen eingereicht hat. Denn er hat Zweifel ob der tatsächlichen Eignung – und vermutet hinter der “befremdlichen Reihung der Sieger” eine ganz andere Absicht.


Heisser Verdacht

Als “geeignete” Bewerber für die Direktion des Naturmuseums müssten auch der Zweit- und Drittgereihte “fachlich imstande sein, das Naturmuseum Südtirol zu führen, wie dies der bisherige Amtsdirektor Vito Zingerle bewiesen hat”, findet der Grüne Landtagsabgeordnete. Dass dies bei von Ach und Andergassen – zwei Bewerber “aus dem nicht-naturwissenschaftlichen Bereich”, wie Heiss betont – der Fall sein soll, verstört Heiss. Zumal sich mit Peter Kasal ein wahrer Fachmann für die Stelle beworben habe – allerdings nicht als geeignet befunden worden sei, wie der Landtagsabgeordnete weiß. Es sei “erstaunlich”, dass es der Direktor des Amtes für Landschaftsökologie “nicht auf das ‘Stockerl’ der ersten drei Kandidaten” geschafft habe, so Heiss, “obwohl er ein komplexes Landesamt führt und entsprechende Qualifikationen aufbringt”.

Heiss’ Vermutung: Vielmehr als die Qualität sei bei der Auslese der Kandidaten “eher die Pragmatisierung geschäftsführender Direktoren im Vordergrund gestanden zu sein, die nun mit dem ihnen zuerkannten Prädikat ‘geeignet’ problemlos vonstatten gehen kann”.


Nachfrage zu “Stockerl nach Maß”

Jene Kandidaten, die bei einem Wettbewerb für die Besetzung eines Führungspostens in der Landesverwaltung als “geeignet” befunden werden, werden in das Verzeichnis der Führungskräfte und Führungskräfteanwärter/innen eingetragen. Im Falle des Wettbewerbs für die Landesmuseums-Direktion in den Abschnitt B. Laut Art. 15 des Landesgesetzes Nr.10/92 werden dort “höchstens 250 Bedienstete eingetragen (…), welche die Eignung für die Ernennung zum Amtsdirektor erlangt haben”. Und Art. 17 desselben Gesetzes besagt: “Werden diese Personen nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintragung in das Verzeichnis zum Amtsdirektor/zur Amtsdirektorin ernannt (…), so erfolgt von Amts wegen die Löschung aus dem Verzeichnis”.

Konkret bedeutet das im Falle des Wettbewerbs für die Direktoren-Stelle im Naturmuseum: Nach dem Auswahlverfahren für die Direktion des Naturmuseums werden Leo Andergassen und Christoph von Ach in das Führungskräfte-Verzeichnis eingetragen – und können innerhalb von zwei Jahren ohne weiteren Wettbewerb zum Amtsdirektor ernannt werden.

“Beide Herren können nun Ihre bisher unpragmatisiert und ohne Wettbewerb geführten Direktionen definitiv besetzen”, stellt Hans Heiss fest. “Kein Wunder der Natur, sondern gute, ein wenig erstaunliche Wettbewerbsplatzierung.” Von Landesrat Mussner will er nun über das “Stockerl nach Maß”, wie Heiss es formuliert Auskunft haben. Und wissen, welche Punkte David Gruber, Leo Andergassen, Christoph von Ach und Peter Kasal jeweils bei der schriftlichen und mündlichen Prüfung erzielt haben – und wann “die für geeignet erklärten Kandidaten, die bisher Führungsaufträge ohne Prüfung wahrgenommen haben, pragmatisiert” werden.


Kein Kommentar bis kein Verständnis

“Landtagsanfragen werden im Landtag von den zuständigen Stellen beantwortet, so dass sich eine Stellungnahme meinerseits erübrigt.” Kurz und schriftlich fällt der Kommentar von Leo Andergassen auf Nachfrage aus.

“Die Anfrage ist mir ein Rätsel”, reagiert Christoph von Ach erstaunt und hörbar verärgert als salto.bz bei ihm nachfragt. “Ich kann Herrn Heiss versichern, dass es ein Wettbewerb war, bei dem allen Bewerbern nichts geschenkt wurde.”

Auf die Frage, warum er sich für die Direktorenstelle am Naturmuseum beworben hat, meint von Ach: “Der Kulturbereich war immer schon mein Steckenpferd – auch wenn ich von meiner Ausbildung her promovierter Jurist und Politikwissenschaftler bin.” Gewissenhaft und intensiv habe er sich daher auf die Prüfungen vorbereitet, “was neben meiner derzeitigen Tätigkeit sehr schwer und aufwändig war”, gesteht von Ach. Dass er von der Kommission als für den Direktorenposten geeignet eingestuft worden sei, wertet er als “persönlichen Erfolg”.
Seit zehn Jahren sei er in der Landesverwaltung bereits tätig, “Karriere machen geht nur über einen Wettbewerb.” Wie jenem für die Direktion des Naturmuseums.